![]() Die Pannen-Politik der Baselbieter Grünen
Wenn es sich die Baselbieter Grünen zu Beginn dieser Amtsperiode auf die Fahnen geschrieben haben, in regelmässiger Kadenz Patzer, Pannen und Blamagen zu produzieren, dann haben sie tüchtig gearbeitet. Jüngstes Beispiel ist die Kapitulation vor dem eigenen Anspruch: Letzten Oktober trumpften sie in einem Anflug von Selbstüberschätzung mit der Ankündigung auf, mit zwei Kandidaturen in die Regierungsrats-Wahlen vom Februar 2023 zu ziehen – ohne sich mit ihrem Allianz-Partner SP auch nur im Geringsten auszutauschen.
Gestern nun mussten die Grünen, als befänden sie sich in ihrem politischen Spätherbst, zum Rückzug blasen und den Verzicht auf dieses forsche Expansionsvorhaben bekanntgeben – ein mittlerer GAU. Heute drängt sich die Frage auf, wer nur mit so viel strategischer Verblendung ausgerüstet war, einen Doppelanspruch selbstherrlich in die Öffentlichkeit zu posaunen, um ihn hinterher nach einer gewissen Klärung des Kandidatenfeldes zu revozieren.
Eine Erklärung könnte sein, dass sich die Grünen vom Siegesrausch ihres Grosserfolgs von 2019, als sie die Fraktionsstärke von acht auf 14 Landrats-Sitze fast verdoppelten, bis heute, neun Monate vor den Wahlen, nicht erholt haben. Doch diese Erklärung greift zu kurz. Haben die Grünen etwa noch immer nicht verwunden, dass sie jahrzehntelang die Juniorpartner der SP waren, und nun meinen, mit dem Mega-Thema "Klima" auftrumpfen zu müssen? "Der Präsident lässt keine Strategie erkennen, Die Kaskade der Fehleinschätzungen begann mit dem durchaus innovativen Projekt einer Velohochbahn, das führende Parteigrössen um die Landräte und Firmenpartner Klaus Kirchmayr und Bálint Csontos zusammen mit Regierungsrat Isaac Reber als Amigo-Geschäft inszenierten und so in den sicheren Absturz führten. Auch verschwiegen die beiden Velobahn-Unternehmer ihre Firmen-Interessenbindung im Landrats-Register, bis die Medien darüber berichteten.
Ende März scheiterten die Grünen mit ihrem Postulat zu einer Kosten-Halbierung des Umwelt-Abos, auch die Motion "Gratis U-Abo fürs Baselbiet" scheiterte. Im Monat zuvor schaffte die grüne Klima-Initiative auf Kantonsebene nur gerade 36 Prozent Zustimmung. Themenführerschaft in Klimafragen sieht anders aus.
Doch ausgerechnet mit der "Bekämpfung der Klimakrise" als "absolute Priorität" begründeten die Grünen, weshalb es "dringend mehr Grün" in der Regierung braucht, um aber gleichzeitig den Zweier-Anspruch zu begraben. So handelt keine führungsstarke, selbstbewusste Partei.
Die hilflose Begründung des Rückzugs von der Zweierkandidatur ("die Situation hat sich nicht wie gewünscht entwickelt") vermag nicht zu kaschieren, wo das Kernproblem der Grünen liegt: Ihr fehlt Kaderpersonal in der nötigen Breite und Tiefe. Seit Jahren lechzt der frühere Partei- und Landratspräsident Philipp Schoch nach einem Regierungs-Mandat. Erst stand ihm der amtierende Bau- und Umweltschutzdirektor Isaac Reber vor der Sonne – jetzt die Aussichtslosigkeit seiner Kandidatur.
Auch das Interesse, ein Mandat zu erben, hält sich offensichtlich in Grenzen: Der frühere Kantonalpräsident Bálint Csontos (27), eine Zeitlang als "Senkrechtstarter" ("Regionaljournal") gehandelt, verlässt den Landrat nach gerade mal drei Jahren. Keiner der Nachrückenden wollte in seine Fussstapfen treten. Seine Partei musste peinlicherweise auf Ersatz-Suche – fündig wurde sie in Csontos’ ehemaligem Musiklehrer.
Die Führung unter dem neuen Präsidenten Michael Durrer erfüllt die Erwartungen noch nicht. Er hat das Problem, dass er dem Landrat nicht angehört und damit mit dem Stand der Geschäfte und den politischen Akteuren ausserhalb seiner Fraktion nicht hinreichend vertraut ist. Die Art, wie er das Desinteresse dreier Parteimitglieder an einer Regierungswahl kommunizierte, lässt keine Strategie erkennen, eher schon Verzweiflung. Sicher ist nur, dass die Grünen mit ihrem Verzicht auf eine zweite Kandidatur der SP einen Gefallen tun und und gleichzeitig die Grünliberalen erst recht zu einer Kandidatur ermuntern.
Die Bilanz der Baselbieter Grünen in dieser Amtsperiode ist derart bescheiden, dass sie dem Stimmvolk bis nächsten Februar noch einiges bieten müssen, wenn sie ihre Fraktionsstärke verteidigen wollen. Von einem Aufschwung, wie landesweit bei dieser Partei gerade üblich, ist bei dieser Kantonalsektion so gut wie nichts zu spüren. 17. Mai 2022
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