Bachgraben-Waterloo wäre verheerend
Von PETER KNECHTLI
In der Landratsdebatte um den kantonsübergreifenden Strassentunnel-Zubringer aus dem Raum St. Johanns-Tunnel bis ins Allschwiler Hightech-Industriezentrum Bachgraben wiederholten sich Begriffe wie "Gift", "nicht gemachte Hausaufgaben" und "keine verbindlichen Zusagen". Das Kernproblem: In der an den Kanton Basel-Stadt angrenzenden Baselbieter Gemeinde entstand erst ein Forschungs-Cluster mit heute 4'000 Arbeitsplätzen, ohne mindestens gleichzeitig die Verkehrs-Erschliessung zu lösen.
Ob es sich nur um "nicht gemachte Hausaufgaben" oder nicht vielmehr um kaltes Kalkül handelte, ist unklar. Vermutlich wollte sich Allschwil die Chance einer Standortentwicklung für Edelfirmen mit höchster Wertschöpfung nicht entgehen lassen nach dem Motto: Die Verkehrs-Erschliessung kommt dann schon – wenn auch später, weil komplex.
Die Folge ist heute schon ein weiträumiges Chaos auf den Strassen um den Hegenheimermattweg, das den begabtesten staatlichen Staubeauftragten zur Verzweiflung bringt. Der jetzt vorgesehene zweispurig geführte Tunnel würde den "Bachgraben" direkt mit den Autobahnen in die Schweiz und nach Frankreich verbinden.
"Wer nur grün und nicht auch sozial denkt,
handelt verantwortungslos."
Wer die fast dreistündige Diskussion über den Projektierungskredit verfolgt hat, erlebte indes alles andere als eine parlamentarische Sternstunde.
Einige bürgerliche Landräte hielten es für angebracht, wenige Tage vor dem Entscheid über den Projektierungs-Kredit noch rasch einen vierspurigen Ausbau mit zwei Tunnelröhren zu fordern. Grüne Votanten stellten anderseits das Projekt fundamental in Frage, weil keine verbindlichen Zusagen über die Erschliessung auch mit Tram und Velovorzugs-Route vorliegen und somit das Risiko bestehe, dass letztlich nur die Strasse in Betrieb geht. Und weil ausgerechnet in diesem Projekt eine Klimafolgen-Abschätzung fehle, was allein ein Grund sei, es abzulehnen.
Den Vogel schossen postwendend die Basler Grünen ab mit ihrer Forderung, die städtische Regierung müsse das "Monsterprojekt stoppen" – obschon sich die beiden Regierungen in Vereinbarungen über das bikantonale Projekt verständigt hatten. Ein Basler "Basta"-Grossrat meinte in einem OnlineReports-Leserbrief, die "Hochleistungsstrasse" werde "wirksam zu verhindern sein". Das ist fundamentalistische Sponti-Opposition.
Auch wenn noch nicht klar ist, auf welche Weise der Stadt-Kanton seinem Partner-Kanton in einer Volksabstimmung ein vitales Verkehrsprojekt vermiesen könnte – eins ist sicher: Aktivitäten in diese Richtung führten zu einer schweren Belastung der Beziehung zwischen beiden Basel, wie wir sie lange nicht mehr gesehen haben. Die Folgen könnten partnerschaftliche Retorsions-Massnahmen sein, an denen die städtische Politik noch zu kauen haben könnte.
Damit soll nicht gerechtfertigt werden, dass die Bachgraben-Planung in fahrlässiger Unterlassung einzig auf wirtschaftliche Perspektiven ausgerichtet war und eine nachhaltige Erschliessung dem Prinzip "Nach mir die Sintflut" überliess. Aber die jetzt sichtbar gewordene "Alles oder nichts"-Strategie der Grünen lässt sich jetzt, da weitere 6'000 Arbeitsplätze in Aussicht stehen, genauso wenig rechtfertigen.
Wer nur grün und nicht mit einem Auge auch sozial denkt, handelt wirtschafts- und fiskalpolitisch verantwortungslos und verkennt die Bedeutung der zweistelligen Millionenbeträge, die Allschwil dank seines hochwertigen Industrie- und Forschungsviertels in den Finanzausgleich zuhanden ärmerer Gemeinde jährlich abliefert. Die Verhinderung wäre ein fatales Signal – vor allem und nicht zuletzt an ansiedlungswillige wertschöpfungsintensive Firmen.
Die Gefahr, dass die Tram- und Veloerschliessung des Bachgrabens leere Worte bleiben, kann angesichts der nun protokollarisch belegten Zusicherungen verschiedener Couleur ausgeschlossen werden. Damit wäre für die Grünen die Grundlage dafür gelegt, die Tunnel-Kröte als Zeichen der Kompromissfähigkeit zu schlucken.
Bericht über die Landratsdebatte
Mehr über den Autor erfahren
12. Februar 2022
"Verlernt, in Kompromissen zu denken"
In der Politik haben wir verlernt, in Kompromissen zu denken und konsensfähig zu sein. Ideologien mit Scheuklappen haben Hochkonjunktur. Wo führt das hin?
Beatrice Isler, Basel
"Preussischer Gleichschritt"
Die Basler Grünen und die unsägliche "Basta" trötzeln im preussischen Gleichschritt. Einfach aus Prinzip.
Andreas Egger, Basel
"Man kann sich grün und blau ärgern"
Gratuliere und applaudiere für diesen Klartext-Kommentar! Über solche Reaktionen und Drohungen von Basta-Grün kann man sich grün und blau ärgern.
Conrad Engler, Binningen
"Beschränkter Horizont"
Wären pragmatische und ideologische Aspekte in den Parteien im Gleichgewicht, würden solche Situationen nicht entstehen. Dass dem nicht so ist, zeigt einzig deren sehr beschränkter Horizont.
Franz Vettiger, Basel