Knie Heil! Ein Winter mit Krücken statt Skistöcken
Ich hatte mich schon lange auf die paar Tage gefreut, die ich zusammen mir meinen Freunden in deren Chalet im Oberwallis verbringen durfte. Meine Skiausrüstung hatte ich zu Hause lassen können, jene der Tochter meiner Freunde war im Haus und passte mir wie angegossen, wie ich aus vergangenen Jahren wusste.
Die Skischuhe waren allerdings neu. Knallrot und sehr, sehr hoch. Sie passten an meinen Fuss, reichten mir aber – ich bin um fast einen Kopf kleiner als die Besitzerin – weit hinauf, bis knapp unters Knie. Kurz streifte mich der Gedanke, dass dies möglicherweise nicht ganz Suva-konform war, aber ich wollte meine Freunde, die sich bereits in die Skilift-Schlange eingereiht hatten, nicht solange warten lassen, bis ich ein anderes Paar gemietet und auf die Skis angepasst hatte.
Es geschah bei der ersten Abfahrt. Ich musste drei am Pistenrand stehenden Skifahrern ausweichen, und zwar an einer Stelle wo sich die Piste verengte, aber hangseitig genug Schnee lag, dass ich ausweichen konnte.
"Der Sturz war gewaltig, und ich fühlte
nach der Landung: Da ist etwas kaputt."
Ob es ein Stein war oder eine Wurzel, woran ich mit meinem linken Ski hängen geblieben war, weiss ich nicht. Wie auch immer, der Sturz war gewaltig, und ich fühlte sofort nach der Landung: Da ist etwas kaputt. Zum Glück war der nächste Rettungsschlitten nicht weit weg. Der Fahrer schloss aus meinem unüberhörbaren Gestöhne, dass ich grosse Schmerzen hatte, und flösste mir als erstes aus seiner blechernen Feldflasche etwas ein, das sofort wirken würde, wie er mir versicherte. Es war etwas sehr Hochkarätiges und wirkte tatsächlich sofort.
Ich liess mich, zwar immer noch unter Gestöhne, aber widerstandslos, wie ein schlaffer Sack auf den Schlitten schnallen.
Die Talfahrt war – wohl dank dem Hochkarätigen – erträglich. Ich fand es, beduselt wie ich war, sogar irgendwie schön, wie die Baumkronen über mich hinweg huschten, als die Fahrt durch den Wald ging. Auf der Strasse am Ende der Piste wartete der Krankenwagen mit offener Heckklappe. Wie ich vom Schlitten auf die Bahre im Wageninneren gehievt wurde, habe ich – dem Hochprozentigen sei eine weiteres Mal gedankt – so wenig mitbekommen wie von der kurvenreichen Fahrt ins Spital. Einzig an das Sirenengeheul erinnere ich mich vage.
Das Röntgenbild zeigte eine mehrfache Fraktur des Schienbeinkopfs, direkt unter dem Knie. Es handelt sich um eine "Bikondyläre Tibiakopf-Fraktur", die, wie ich dem Operationsbericht entnehmen kann, mit Schrauben, Platten und Kirschnerdrähten – was immer das ist – zusammengeflickt wurde, dann wurde das Bein mit einer "Subkutannaht" und einer "Hautnaht" in "Rückstichtechnik" wieder zugenäht.
Und jetzt bin ich, nach drei Wochen Spitalaufenthalt in Visp, in der Reha auf der Chrischona gelandet. Mit Krücken statt Skistöcken ausgerüstet erlerne ich das Gehen und Treppensteigen auf einem Fuss und denke mit Wehmut an die bevorstehende Fasnacht.
Immerhin, der Dienstag ist gerettet: Da holt mich meine Clique ab und gässlet mit mir auf dem Rollstuhl in der Innenstadt herum. Das Sujet wurde kurzerhand abgeändert, von "Schi Heil" in "Knie heil!"
PS der Redaktion: Wir wünschen Corina Christen gute Besserung.
3. März 2014
"Das nennt man Künstlerpech"
Katzenjammer! Knie heil liebe Corina, das nennt man Künstlerpech. Lass Dich gut pflegen und verwöhnen und geniesse die Zwangsferien im Rehab wie den Bummelzug mit der Clique. Alles Gute wünscht Dir ohne Zaubertrank, welchen Du ja nach dem Sturz wohl bitter nötig hattest.
Yvonne Rueff-Bloch, Basel
"Irgendeine Lösung lässt sich finden"
Danke für diese Kolumne. Mein 12-jähriges Mädchen hat sich im Skilager auch das Bein gebrochen – der Gips kommt am Fasnachts-Donnerstag weg (wie wir aber auch erst seit letzter Woche wissen…) – und eigentlich wäre sie eine passionierte Pfeiferin. In einen Rollstuhl zu sitzen, lehnt sie total ab, aber in ihrem Alter kann man sie auch nicht einfach in einen Kinderwagen setzen… Aber auch wir sind zuversichtlich, dass wir noch irgendeine gute Lösung bis dahin finden werden. Die Fasnacht lassen auch wir uns nicht nehmen!
Barbara Hauser, Reinach