Zoff-Zeugen auf den Loge-Plätzen
"Schau da naa, da klepperts." Diese Aufforderung meiner aus dem Badensischen stammenden Grossmutter kam mir in den Sinn, als ich mit Freunden in zwei Autos in der Provence unterwegs war.
In einem malerischen Dorf hatte ich – wegen einer Katze, die über die Strasse rannte – brüsk bremsen müssen. Etwas zu brüsk für meinen Freund im nachfolgenden Auto: Er fuhr mir ins Heck. Und dies genau vor einem Boulevard-Kaffee, wo drei Einheimische vor ihrem Pastis sassen und warteten, dass etwas passiere. Und jetzt das – genau vor ihrer Nase: Das Warten hatte sich gelohnt!
Die drei drehten gleichzeitig, wie auf Kommando, ihre Stühle zur Strasse hin, setzten sich wieder und rieben sich die Hände. "Il va y avoir du grabuge!" rief einer aus – "Jetzt gibt's Zoff!" Sie malten sich wohl schon in den buntesten Farben aus, wie die Fetzen fliegen würden.
Dann trat ein uniformierter Polizist aus dem Inneren des Lokals, mit gezücktem Notizblock. Und hinter ihm, in einer langen, nicht mehr ganz so weissen Schürze, der Wirt, oder der Koch des Lokals, oder beides in einem. Das Spektakel konnte losgehen.
"Unsere Zuschauer verstanden die Welt nicht
mehr. Sie blickten sich kopfschüttelnd an."
Vor dieser Publikumskulisse stiegen wir aus und schauten uns den Schaden an: ein kaputtes Katzenauge, ein leicht eingedrücktes, aber durchaus noch funktionstüchtiges Glas am Hecklicht des einen, sowie der abgesprungene Rahmen des Nummernschilds des anderen Wagens waren die ganze Ausbeute.
Wir sahen uns über die Ränder unserer Sonnenbrillen an, und es war ohne Worte klar, dass wir deswegen kein "Büro" aufmachen würden. Jedenfalls nicht hier, sondern allenfalls am Abend im Hotelgarten, bei einem Glas Wein. Ich steckte den Rahmen des Schildes ein – die Halterung war noch intakt und gut verankert, und das Schild war lesbar – dann schoben wir anstandshalber die Spuren unseres Missgeschicks in Form einiger roter Kunststoffscherben mit den Schuhen in den Strassengraben und verabschiedeten uns mit einem zugegebenermassen leicht schadenfrohen Lächeln von unserem Bistrot-Publikum.
Unsere Zuschauer verstanden die Welt nicht mehr. Sie blickten sich kopfschüttelnd an, standen auf und drehten ihre Stühle wieder in die ursprüngliche Position zurück. Wahrscheinlich bestellten sie einen weiteren Pastis, um die Enttäuschung über das verpasste Spektakel hinunter zu spülen – so hätte wenigstens der Wirt etwas davon –, und wir fuhren los, Richtung Camargue.
Wo uns – übrigens – das nächste Abenteuer erwartete. Mehr darüber im nächsten "Und übrigens ...".
12. August 2013
"Spannend wie ein Krimi"
Wenn man eine Kolumne von Corina Christen beginnt zu lesen, kann man nicht anders als den Beitrag bis zum Schluss weiter zu lesen. Die Autorin versteht es, ihre eigenen Erlebnisse so schonungslos und humorvoll zu erzählen, dass sie spannend sind wie ein Krimi. Ich möchte deshalb ihre interessanten Geschichten nicht vermissen und kann sie allen bestens empfehlen!
Heinz Jäggi, Allschwil