Pferdewürfel auf Nudeln
Meine Französisch-Kenntnisse sind eigentlich recht gut, und doch stehe hin und wieder wie der Esel am Berg, dann nämlich wenn ich in Frankreich unterwegs bin und in einem Restaurant die Speisekarte studiere: Was sind "Cassolettes", was ist unter einem "Chaudfroid" zu verstehen? Was sind "Fleurons", was versteckt sich hinter einer "Crème Vichyssoise"?
Da hat man die Wahl, entweder sich als Gourmet-Banause zu outen und jemanden vom Bedienungspersonal zu fragen, oder aber den Taschencomputer zu Rate zu ziehen.
Cassolettes, erfährt man dort, sind kleine Porzellanformen mit feinen, pikanten, von Gelée überzogenen Kleinigkeiten gefüllt. Beim Begriff Chaudfroid lernt man, dass dies Französisch ist und heiss und kalt bedeutet, worauf man auch ohne elektronische Hilfe gekommen wäre. Und dass es sich beim Inhalt dieser kleinen Porzellanformen um verschiedene, mit Sauce oder Gelée überzogene Vorspeisen aus Fleisch und Geflügel handelt. Und die Fleurons, die dazu gereicht werden, sind kleine Blätterteigplätzchen in verschieden Formen, ähnlich wie unsere Weihnachtsgutsi, nur salzig statt süss.
Darauf muss man erst mal kommen. Dem Taschencomputer sei Dank! Aber zugegeben: Die blumigen Bezeichnungen der Gerichte lassen dem Gast schon beim Lesen der Karte das Wasser im Mund zusammenlaufen. Hand aufs Herz, oder besser auf den Magen: Eine Bavette de Boeuf klingt doch um einiges appetitlicher als ein Bauchlappen vom Rind.
Und ein tablier de sapeur zerläuft schon beim Lesen auf der Zunge, während man bei der deutschen Übersetzung zunächst wohl leer schlucken müsste. Oder lassen Ihnen Rinderkutteln mit Schneckenbutter das Wasser im Mund zusammenlaufen?
An der Strasse, die das Oberbaselbieter Städtchen Waldenburg durchquert, gibt es ein Restaurant, wo das jeweilige Tagesmenu – von beiden Fahrrichtungen her unübersehbar – auf einem Plakatreiter angeschlagen wird. Pferdewürfel auf Nudeln stand kürzlich drauf.
Na ja, dachte ich ... und hatte plötzlich ein gewisses Verständnis für die blumigen Umschreibungen in der Sprache der Gourmands.
Aber immerhin weiss da jede und jeder klipp und klar, was sie und ihn auf dem Teller erwartet. Ganz ohne Wörterbuch und Taschencomputer.
3. Februar 2014
