Bewaffnete Garagen
Garagen. Die einen sind die, in die man in Basel heimlich und nachts sein Auto bringt und dann in der Folgenacht in schützender Dunkelheit repariert wieder abholt – damit ja keiner sieht, dass man einen (wenn auch defekten) Wagen besitzt. Die anderen Garagen sind die, in denen Autos versteckt werden. Aber nicht nur.
Denn viele Boxen haben ein Geheimleben. Unzählige Rockbands haben in der Garage angefangen, O-Ton Eltern: Diesen Saulärm wollen wir nicht im Haus. Im Neubad hatten wir einmal eine Garage, in der ein Flächenmaler seine Türen strich, Umnutzung hiess das, die Behörde stand auf der Matte.
In einer anderen Garage wurde, zwanzig Jahre ist das nun her, mit Waffen gehandelt, in nächster Nähe der Schulhäuser. Ich ging eher nicht davon aus, dass meine Kinder dort eine Kalaschnikow kaufen würden, auch wenn sie einiges an Unsinn im Kopf hatten. Andere Eltern sahen das anders, die Bürgerwehr mobilisierte sich, und so wurde die Garage wieder zur Grümpelhalde.
Und da steht sie wie seit Jahrzehnten noch immer, Ecke Laupenring-Neubadstrasse, zusammen mit drei weiteren, irgendwie hingepflaumt, ein Unort, schmutzig, hässlich, besprayt, abbruchfällig.
Ein Gewinn für alle, wenn diese Garagen-Halbwelt endlich Vergangenheit ist.
Aber: Hoffnung naht. Ein Neubau mit sechzehn Wohnungen soll dort nun hinkommen. An dieser Lage ein Projekt zu realisieren, ist ein Abenteuer: Die Ringstrasse ist lärmig und stark befahren, ebenso die Ausfallstrasse. Dazu kommt Glockengeläut gleich über der Strasse und Fluglärm über dem Dach. Eine architektonische Herausforderung, hier Wohn- und Lebensqualität hinzubringen.
Aber die Eigentümerschaft wagt es. Ein Architekt hat ein Bauvorhaben ausgearbeitet, hält alle Zonen-, Klima-, Energie-, Mieterschutz und sonstigen Vorschriften ein, die in Basel Bibliotheken füllen. Einen roten Teppich müsste man ihm auslegen, alle Probleme aus dem Weg räumen, bewilligen, was bewilligt werden muss, ohne Wenn und Aber, lieber gestern als heute. Ein Gewinn für alle, wenn diese Garagen-Halbwelt endlich Vergangenheit ist.
Doch wir wären nicht in Basel, würde dies tatsächlich so passieren. Wir haben die Stadtbildkommission. Diesmal kritisiert sie, die Blockrandbebauung beeinträchtige das Stadtbild. Wenn Sie nun in Gelächter ausbrechen, dann geht es Ihnen gleich wie mir. Leider ist dies aber eher zum Heulen, denn dieser Geist regiert die Stadt.
Bei der Geschmackspolizei sind derzeit Blockrandbebauungen, Gebäude also, die bis zur Baulinie gehen, nicht mehr en vogue. Sie will auflockern, damit der Wind bei der hierzulande permanent herrschenden Tropenhitze Frische zwischen die Häuser bringt. Was an diesem Ort garantiert, dass die zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohner auch in den Zimmern auf der Hinterseite der Gebäude sowohl den Strassenlärm als auch das Glockengedröhne hören können. Immerhin in Frische, falls es denn windet.
Eine Behörde hat nicht kreativ, sondern exekutiv zu sein.
Damit aber nicht genug. Ein Wettbewerb für ein anderes Projekt mit einer qualifizierten Jury müsse ausgeschrieben werden. Nicht wahr: Es handelt sich hier um Privateigentum, um ein privates Bauvorhaben, um private finanzielle Mittel und um ein Grundstück an der Kreuzung zweier stark befahrener Strassen. Die Eigentümerschaft hat bereits einen Architekten beauftragt, und dieser hat bereits ein vollständig gesetzes- und verordnungskonformes Bauprojekt im Sinne der Bauherrschaft erarbeitet. Es braucht weder Wettbewerb noch Jury.
Hier spürt sich eine Verwaltungseinheit nicht mehr, sieht ihre Grenzen nicht, verkennt ihre Rolle. Unsere Gesellschaft lebt von der Kreativität und Initiative der Privaten, nicht derjenigen des Staates. Eine Behörde hat nicht kreativ, sondern exekutiv zu sein.
Der Staat ist Kontrollorgan, nicht mehr und nicht weniger. Sonst passiert das, was inzwischen in Basel an so manchem Ort passiert: gar nichts mehr.
Immerhin: Meines Wissens suchen sie noch nach einem Ort für ein Olympia-Schwimmbecken. Einfach nicht in Blockrandbebauung.
26. Februar 2024
"Schlicht anmassend"
Die Kolumnistin echauffiert sich ganz mächtig über die Stadtbildkommission, die sich erlaubt hat, ein Bauvorhaben am Laupenring/Neubadstrasse nicht zu genehmigen, weil es städtebaulich nicht genügt. Nun, die sehr einseitige Parteinahme und der Rundumschlag gegen die Verwaltung, den die Kolumnistin da auf OnlineReports liefert, zeugen leider nicht gerade von einer sorgfältigen Recherche. Es durftet eher nach einer einseitigen Parteinahme für einen nicht ganz unbekannten Investor, der sich hinter einem Architekten-Titel verstecken kann und auch mit anderen Projekten im Neubad-Quartier Furore macht. Er (notabene italienischer Staatsbürger) schreckt nicht davor zurück, sich mit allen möglichen und unmöglichen, auch politischen Mitteln als "Bau-Wohltäter" in Szene zu setzen, obwohl die rein spekulativen Motive sehr schnell sichtbar sind.
Der in der Kolumne erhobene Vorwurf, "die Verwaltungseinheit spüre ihre Grenzen nicht mehr", ist schlicht anmassend. Wettbewerbe sind in der Architektur-Szene nun einmal ein anerkannter und wesentlicher Massstab für die Qualitätssicherung, Frau Strahm. An dieser exponierten städtebaulichen Stelle muss die Lösung auch diesen Qualitäten genügen, nicht nur dem rein spekulativen Streben eines bunten Investors.
Hans-Peter Thür, Basel