Umwelt-Ämter müssen klare Kante zeigen
Von PETER KNECHTLI
Die Privatwirtschaft ist dazu da, Profite zu machen. Die öffentliche Verwaltung ist dazu da, die Einhaltung der Regeln, welche die Politik gesetzlich vorbestimmt hat, im Interesse der Bevölkerung durchzusetzen. Das gilt für die steuerlichen Belange genauso wie für den Gewässerschutz. Genau darum geht es hier.
Als einem, der seit bald einem halben Jahrhundert mit Verlautbarungen der Umweltschutzbehörden konfrontiert ist, fällt mir eine Konstante auf: Wenn es darum geht, Umweltsünden zu kommunizieren, dann ziehen die staatlichen Informations-Verantwortlichen die Samthandschuhe an, bevor sie das Communiqué schreiben: Und genau so kommen die Texte an auch daher.
Da werden umständlich andeutungsweise Phrasen gedroschen, die Wundertüten-Formulierungen dreimal mit dem Dampfbügeleisen geglättet und schliesslich mit Watte-Wörtern entschärft, bis die Brisanz nur noch mit Fantasie und Deutungsvermögen zu ergründen ist.
Einen kleinen Fortschritt gibt es: Neuerdings werden Firmen, die sich gravierende Umweltsünden geleistet haben, wenigstens beim Namen genannt. Aber ansonsten nutzen die staatlichen Sprachrohre immer noch lieber die Grundsätze der Diplomatie, die den wunden Punkt nicht klar benennt, sondern ihn nur spüren lässt.
"Die staatliche Verlautbarung enthält
viele Andeutungen, aber kaum Klarheit."
Den Informations-Beamten ist zuzugestehen: Sie sind nicht vogelfrei, Umweltvergehen nach eigenem Gusto zu kommunizieren. Sie haben es immer auch mit Partnern aus Industrie und Gewerbe zu tun, welche Tonart und Diktion einer solchen Medienmitteilung mitbestimmen wollen. Und so wird vor der Veröffentlichung getuschelt, gemauschelt, verhandelt und verwedelt.
Im Baselbiet sind in jüngster Zeit zwei Fälle aus dem Baselbiet zu nennen, in denen die amtliche Kommunikation wichtige Tatbestände unterschlug und auf relevante Fragen keine Antworten gab. Am 13. November kommunizierte die Bau- und Umweltschutzdirektion, dass die in Schweizerhalle tätige Chemiefirma Bayer das in der Fungizid-Produktion verwendete Nebenprodukt Ethyldimethylcarbamat in einer Konzentration nahe am Grenzwert in den Rhein leiten liess. Zu einer Strafanzeige kam es nicht, weil "zu keinem Zeitpunkt relevante Höchstwerte im Rhein- oder im Trinkwasser überschritten" wurden.
Die offizielle Kommunikation verschwieg aber die Tatsache, dass die hohen Giftkonzentrationen nicht eine neue Erkenntnis, sondern schon vor einem Jahr amtlich belegt war, wie Zusatzrecherchen von OnlineReports ergaben. Immerhin geht es um Wasser des Rheins, das abgepumpt und durch die IWB in der Filter-Anlage in den Langen Erlen zu edlem Trinkwasser aufbereitet wird. Das "Regionaljournal" hat zusätzlich herausgefunden, dass die potenziell krebserregende Substanz seit 2004 in einer Konzentration nahe am Grenzwert in den Rhein floss.
Heute folgte nun eine Mitteilung zum Prattler Umweltsünder Rohner AG, aus dem 20'000 Kubikmeter Industrieabwasser ins kommunale Grundwasser versickerten. Die Verlautbarung enthält viele Andeutungen, aber kaum Klarheit.
Denn wenn eine Chemiefirma bar jeder Verantwortung Grundwasser und Böden kontaminiert und dann pleite geht, interessiert die Steuerzahlenden in erster Linie eines: Wer zahlt die Beseitigung der toxischen Hinterlassenschaften? Auf welche Art und mit welcher staatlichen Entschlossenheit kann verhindert werden, dass am Schluss die Allgemeinheit für sträfliche Unterlassungen des Unternehmers aufkommen muss?
Einfach ist die Aufgabe der Informations-Beauftragten nicht. Sie sitzen zwischen Stuhl und Bank. Darum verdienen sie und ihre politisch vorgesetzten Regierungsräte Mut zur Zivilcourage, eine selbstbewusste Kommunikationspolitik zu betreiben, die diesen Namen verdient. Dies ist der einzig mögliche Weg, Glaubwürdigkeit und Vertrauen in die staatlichen Akteure nicht aufs Spiel zu setzen. Eine ungeschminkte Information erhöht auch den Handlungsdruck auf die Unternehmen, weil Umweltsünden zu einem steigenden Reputationsschaden werden.
3. Dezember 2019
"S'isch nüt passiert"
Es ist weiss Gott nicht das erste (und vermutlich auch nicht das letzte) Mal, dass ich Franz Hohlers so treffende Liedlein in Erinnerung rufen muss: "S'isch nüt passiert, s’isch nüt passiert - gefolgt vom Cellospiel ’didelidudelidum".
Wenn dann der Hinterletzte in unserem wohlstandsverwahrlosten Ländlein erwacht ist – ja dann ist es wohl zu spät!
Ueli Pfister, Gelterkinden
"Vielleicht ist es der fatale Zynismus"
Vielleicht ist es die Summe der Umweltverschmutzungen, die abstumpft. Vielleicht ist es der fatale Zynismus der Verantwortlichen der Wirtschaft und des Staates, die auf Grund der Abgestumpftheit und einer ignoranten Haltung die Gesundheit von uns Menschen gefährden. Jedenfalls ist es nicht die engagierte Presse.
Walter Buess, Ormalingen