Basler Regierung bleibt eine SVP-freie Zone
Von PETER KNECHTLI
Nach langen Wochen des Zögerns und Zauderns steht es jetzt fest: Die traditionellen bürgerlichen Parteien LDP, FDP und CVP ziehen ohne die SVP in den Regierungs-Wahlkampf. Dem Vernehmen nach waren es vor allem die Freisinnigen, die lange auf eine Allianz mit der Blocher-Partei spekuliert hatten in der Meinung, mit einem Vierer-Ticket antreten zu können, in dem jede der vier Parteien eine Kandidatur stellt.
Dieses Konzept hätte nach aussen den Anschein erweckt, die rot-grüne Mehrheit angreifen zu wollen. In Tat und Wahrheit wäre dies nichts Anderes gewesen als eine Neuauflage des heutigen Zustands – mit der Bestätigung der Amtierenden Conradin Cramer (Liberale LDP), Baschi Dürr (FDP) und Lukas Engelberger (CVP).
Denn auch die Begabten unter den FDP-Strategen durften realistischerweise annehmen, dass eine SVP-Kandidatur vor dem Volk bei der bestehenden Personen-Auswahl nicht den Hauch einer Chance hätte. Umso höher wäre in dieser Konstellation die Wahrscheinlichkeit, dass der nicht unumstrittene Sicherheitsdirektor Dürr die Wiederwahl schafft, wenn wiederum auch erst im zweiten Wahlgang.
Doch es kam anders: Die Liberalen LDP als klar führende bürgerliche Kraft setzte sich durch mit ihrem Schachzug, ihre Dominanz auch mit einer Zweier-Kandidatur zu untermauern. Und dies erst noch mit einer Frau, zudem mit einer Kandidatin, die in der Politik noch keine grossen Stricke zerrissen hat, aber eine Ausbildung zur promovierten Juristin und eine berufliche Erfahrung als Staatsanwältin und Chefin der Baselbieter Verkehrspolizei vorzuweisen hat, die sie für das Amt einer Regierungsrätin vorbehaltlos befähigt.
"Die SVP quittiert ihren Frust über den
Ausschluss mit verbalen Kraftmeiereien."
Die Kleinbaslerin Stephanie Eymann hat zwar zwei Jahrzehnte im Oberbaselbieter Bergdorf Eptingen gelebt, blieb aber auch vor ihrer Rückkehr nach Basel eng mit der Rheinstadt verbunden.
Dort lebt ihre Grossfamilie, die durch und durch politisch getaktet ist: Ihr Vater und ex-Grossrat Felix Eymann, ihr Onkel und LDP-Nationalrat Christoph Eymann sowie dessen Gattin und LDP-Bürgergemeinderätin Corinne Eymann-Baier. Dort lebt aber auch Patricia von Falkenstein, deren beide Kinder den früheren Erziehungsdirektor Christoph Eymann zum Vater haben und beide auch schon mit dem liberalen Stallgeruch infiziert sind.
Es war abzusehen, dass die SVP ihren Frust über den Ausschluss aus der Wahl-Allianz mit verbalen Kraftmeiereien quittiert und nun die Kandidatur von Stephanie Eymann mit dem billigen Vorwurf bekämpft, hier sei ein "Familien-Clan" am Werk, der "eigene, familieninterne Interessen über die gemeinsame Sache" stelle.
Der SVP ist jäh bewusst geworden, dass es diese übergeordnete "gemeinsame Sache" mit den drei traditionellen bürgerlichen Parteien gar nicht gibt, solange sie mit Ideen wie der "Begrenzungs-Initiative" und der Aufhebung der Personenfreizügigkeit fundamentalen Interessen der exportorientierten Basler Wirtschaft diametral entgegen hält. Mit ihren systematischen internen Intrigen hat sich die SVP als ernst zu nehmende Referenz abgemeldet.
Im Parlament ist die rechtsbürgerliche Partei durchaus willkommen und auch als Kooperationspartnerin des bürgerlichen Lagers geschätzt. Aber angesichts der starken rot-grünen Gegenkraft bleibt Basel auf Ebene der Kantonsregierung auch auf unabsehbare Zeit "SVP-freie Zone", so ein immer wieder gern zitiertes Bonmot aus dem Munde des damaligen Erziehungsdirektors Christoph Eymann.
Vollends ins Leere zielt der Vorwurf der Clan-Wirtschaft. Es ist das Volk, das demokratisch entscheidet und immer wieder Eymanns in öffentliche Ämter gewählt hat – vermutlich, weil sie das Versprechen einlösen, einen guten Job zu machen. Dass im Übrigen gerade die wenig transparente SVP, deren Basis gern unter Ausschluss der Medien tagt, verschwörerisch die Familien-Seilschaft in die Debatte wirft, ist absurd.
Es ist gerade ihre Partei, deren Führungs-Ideologie auf dem "Blocher-Prinzip" beruht. Wenn Magdalena Martullo-Blocher im Nationalrat die Politik ihres Vaters und seiner Verbündeten fortsetzt, so geht deswegen kein Geschrei los. In der Schweiz steht es jeder Bürgerin und jedem Bürger völlig frei, sich für das Gemeinwesen zu engagieren. Seien wir froh, dass es solche Persönlichkeiten noch gibt. Dass man das ausgerechnet der Basler SVP noch erklären muss!
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29. Mai 2020
"Voll ins Ziel getroffen"
Da kann man nur eines sagen, voll ins Ziel getroffen. Sehr gut analysiert und geschrieben.
Peter Isler, Basel
"Kreuzfalsch gerechnet"
Ich habe noch selten einen unausgewogeneren Kommentar gelesen. Vielleicht geblendet von eigenen Präferenzen blendet man hier die Realität vollkommen aus. Mit der Kandidatur von Stephanie Eymann wird hauptsächlich der Sitz von FDP-Regierungsrat Baschi Dürr gefährdet. Schliesslich kandidiert sie eben nicht, wie jetzt gerne behauptet wird, für das Regierungspräsidium, sondern für den Regierungsrat. Oder nimmt sie die Wahl nur an, wenn sie Regierungspräsidentin wird? Ansonsten verzichtet sie zugunsten von Baschi Dürr? Wohl kaum. Deshalb ist das Argument, dass diese drei Parteien mit vier Kandidaten ohne die SVP grössere Chancen wie mit der SVP haben, kreuzfalsch. Jeder vernünftig Rechnende, wird das einsehen müssen.
Man kann sich natürlich dafür entscheiden, ohne die SVP anzutreten. Das ist legitim. Zu behaupten, dass damit aber die Chancen grösser werden, ist definitiv ein Märchen im Stile der Gebrüder Grimm. Es ist zu bedauern, dass Peter Knechtli dies bewusst ausblenden will und in seinen Kommentar allerlei SVP-Bashing einbaut und gar die Blocher-Story aus der Mottenkiste hervorholen muss.
Joël Thüring, Grossrat SVP, Basel