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Peter Achten: Brief aus ...

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... Niao Cao: Grosser Maskenball

Niao Cao liegt in China. Genauer in Peking. Noch genauer auf dem Gelände der Olympischen Spiele. Und um ganz präzis zu sein: im olympischen Mittelpunkt. Sozusagen. Von nichts anderem nämlich ist die Rede als vom "Vogelnest" – auf Chinesisch eben Niao Cao –, dem mittlerweile weltberühmten Oeuvre der Basler Architekten Herzog & de Meuron.

Niao Cao ist fast fertig. Bereits jetzt ist das Basler "Vogelnest" zu einem Symbol der Pekinger Spiele 2008 geworden. Nicht nur Architektur-Zeitschriften und die Feuilletons loben das Stadion als genialen Wurf. Das Nest hat es in die Schlagzeilen seriöser Qualitätsblätter gebracht genauso gut wie in die boulvardeske Massenpresse. Vom Bildmedium des digitalen Farbfernsehens ganz zu schweigen. Herzog & de Meuron haben das Kunstwerk, die Mega-Skulptur zusammen mit dem unterdessen auch weltberühmten chinesischen Künstler Ai Wei Wei geschaffen unter tätiger Mithilfe des ehemaligen Schweizer Botschafters in China, Ueli Sigg, der – als ehemaliger Wirtschaftsjournalist, ehemaliger Unternehmer in China – sich neben seiner Tätigkeit  als Profi-Verwaltungsrat international als Sammler moderner chinesischer Kunst profiliert hat.

Neulich ist das "Vogelnest" zum Ärger der Pekinger Olympia-Veranstalter in ein schiefes Licht geraten. Die seriöse "Sunday Times" aus London hat nach einer gründlichen, sechs Monate dauernden Recherche herausgefunden, dass bislang mindestens zehn Arbeiter beim Bau der komplizierten Stahlkonstruktion tödlich verunfall sind. "Alles Lügen", "frei erfunden", "keine Fakten" – so hiess es von offizieller Seite. Lediglich zwei Wanderarbeiter seien seit Baubeginn 2003 ums Leben gekommen. Im Januar freilich mussten dann auch die Informationsverantwortlichen – in diesem Falle vielleicht besser: die Pekinger Olympia-Propagandisten – einräumen, dass in Tat und Wahrheit sechs Menschen tödlich verunfallt sind. Ja die Ruhe bewahren, wenn nötig alles unter den Tisch wischen: das scheint die Losung der Olympia-Propaganda zu sein. Schliesslich sollen die Spiele ja offiziell nicht nur "grün" und "sauber", sondern auch "harmonisch" sein.

Der Londoner Journalist hat in seinem Artikel minutiös nachgezeichnet, warum es zu diesem für China keineswegs ungewöhnlichen Unfallserie kommen konnte. Die für den Bau verantwortliche staatliche Firma "Städtische Baugruppe Peking" habe – durchaus normal – Aufträge an andere Baufirmen vergeben, und die wiederum haben dasselbe gemacht. Unter Zeitdruck ist dann vieles schief gelaufen. Todesfälle sind jeweils zur Chefsache geworden und mit grosszügigen Geldabfindungen erledigt und vertuscht worden.

Die vom Land kommenden Wanderarbeiter sind zudem nur oberflächlich ausgebildet. Für die Olympia-Wanderarbeiter sind die langen Arbeitsstunden aber attraktiv, weil meist mit über tausend Yuan pro Monat (an die 200 Schweizer Franken) sehr gut bezahlt.

Dass nicht alles am "Vogelnest", andern Olympiabauten und ganz generell in der städtischen Bauindustrie Chinas Gold ist, was da propagandamassig glänzen soll, ist mit einer einfachen Recherchier-Methode herauszufinden. Für den Londoner Journalisten, für viele andere Kollegen und für mich gehört das zum beruflichen Alltag. Man redet ganz einfach mit den Leuten. In diesem Fall geht man irgendwo in eine Strassenkneipe und trinkt Bier mit den Wanderarbeitern. Sie sind freundlicher als die mittlerweile hochnäsigen Städter, gescheit und erzählen ganz unpathetisch von ihrem Leben. Vom guten Lohn – wenn er denn überhaupt und rechtzeitig bezahlt wird. Von den langen Arbeitsstunden. Vom Heimweh nach Frau und Kindern. Vom "allchinesischen Gewerkschaftsbund", der – mangels freier Gewerkschaften – die Werktätigen schlecht, die Wanderarbeiter praktisch überhaupt nicht vertritt.

All das darf natürlich nicht sein, schliesslich haben die Behörden "grüne", "rauchfreie", "saubere" Spiele versprochen. Und selbstverständlich kann – nach der Olympia-Propaganda – fast jeder Taxichauffeur und Polizist English, die Pekinger fluchen und spucken nicht mehr, drängeln sich nicht mehr in die öffentlichen Verkehrsmittel undsoweiterundsofort. Den über 15'000 Fallschirm-Journalisten, die im Sommer in Peking erwartet werden, kann da nur viel Propaganda-Vergnügen gewünscht werden.

Von den "Niao Cao"-Entwerfern kann natürlich nicht erwartet werden, dass sie sich um die Arbeitsbedingungen der Bauarbeiter kümmern. Oder? Schliesslich muss man auf dieser Stufe allenfalls mit "Entscheidungsträgern" dinieren und nicht – Igitt! Igitt!! – mit ungebildeten Wanderarbeiter Bier trinken. Wäre ja noch schöner (und gewiss aufschlussreicher)!

Nicht alle aber sind so abgehoben naiv. Ai Wei Wei, künstlerischer Mitarbeiter beim "Vogelnest" und berühmt in China wie im Ausland, kommentiert auf dem Internet (www.sina.com.cn) und in ausländischen Zeitschriften das Olympische Mega-Ereignis. Im deutschen Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" etwa liess sich Ai Wei Wei unter anderem mit den folgenden Worten zitieren: "Keine Autokratie kann Harmonie und Glück vorgaukeln. Die Spiele sind eine Propaganda-Show, ein grosser Maskenball. Das Ergebnis werden unendlicher Unsinn und Langeweile sein".
 
Spätestens nach dem grossen Maskenball – wenn die Wanderarbeiter längst  wieder zu Hause sind – wird das genialische "Vogelnest" wieder ins Feuilleton verbannt. Dann endlich wäre die Zeit reif für einen mutigen Kommentar der Schweizer Baukünstler und des Schweizer Ex-Diplomaten. Aber trotzdem bitte, ja nicht zu mutig und nicht zu laut! Könnte nämlich geschäftsschädigend sein ...

25. Februar 2008
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Peter Achten, geboren 1939 in Basel, lebt und arbeitet in Peking (Beijing). Er ist seit 1967 journalistisch tätig. Seine Karriere begann er bei "National-Zeitung" und "Basler Nachrichten" als Lokalredaktor, arbeitete später als Radio-Korrespondent aus Madrid. 1974 wechselte er zum Schweizer Fernsehen, wo er Produzent / Moderator der "Tagesschau" und Mitglied der Chefredaktion wurde. Mit Sitz in Beijing, Hanoi und Hongkong arbeitete Achten ab 1986 als Fernost-Korrespondent für Schweizer Radio DRS sowie verschiedene Schweizer Tageszeitungen. Zwischen 1990 und 1994 war er in Washington USA-Korrespondent für SF DRS. Von 1997 bis 1999 war er Chief Representative für Ringier in Vietnam. Von 1999 bis 2008 war Peter Achten Asienkorrespondent für Schweizer Radio DRS sowie für Ringier-Titel und Chefredaktor des Wirtschaftsmagazins "China International Business". Spektakulär waren seine Radio-Reportagen über den blutig niedergeschlagenen Volksaufstand im Frühjahr 1989 auf dem Tiananmen-Platz in Beijing, den Tsunami in Banda Acah 2004 und den Zyklon in Burma 2008. Heute arbeitet PA als freier Asien-Korrespondent mit Sitz in Peking. © Foto by OnlineReports.ch

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"Laufener Musikvereine sind bereit für den grossen Auftritt in Rom."

Kanton Baselland
am 29. April 2024
in einem Post auf X
über den Sacco di Roma
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Laufner, Prattler, Basler ...

RückSpiegel

 

In ihrem Bericht über die Wahl des neuen Baelbieter SVP-Präsidenten zitiert die Basler Zeitung aus einem OnlineReports-Kommentar.

 

Das Regionaljournal Basel veweist in einem Beitrag über die Probleme der Kitas im Baselbiet auf OnlineReports.

Der Klein Report nimmt die Recherche von OnlineReports über Roger Blums Buch über die Basellandschaftliche Zeitung auf.

Die BaZ bezieht sich in einem Artikel über die Zerwürfnisse in der Baselbieter SVP auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Kita-Krise im Baselbiet auf OnlineReports.

BaZ, Baseljetzt und Happy Radio nehmen die OnlineReports-News über das geplante Ministertreffen in Basel auf.

Der Sonntagsblick zitiert OnlineReports in einer grossen Recherche über die Baselbieter SVP-Politikerin Sarah Regez.

Baseljetzt verweist im Bericht über Basler Schiffsunfälle auf ein OnlineReports-Video.

Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.
 

Weitere RückSpiegel

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In einem Satz


Die Baselbieter Regierung hat Kathrin Choffat und Roger Müller als neue Mitglieder des Bankrats der BLKB für die laufende Amtsperiode bis Mitte 2027 gewählt. 

Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
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Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

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Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

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