... Peking: "Sie Sauhund!"
Zur Abwechslung wieder mal ein handgeschriebener Brief aus der chinesischen Hauptstadt. In Peking werden ja ab 8.8.08 die Olympischen Sommerspiele über die Sportbühne gehen. Doch nicht wegen Olympia ist derzeit China in den Schlagzeilen, vielmehr ist China seit dem 14. März im Gerede - wegen Tibet natürlich. Die Empörung weltweit ist gross. In der Schweiz aber sind die Emotionen besonders stark, weil hier die grösste Exiltibeter-Gemeinschaft ausserhalb Indiens lebt.
Wer Briefe schreibt - sei es mit Füller auf weissem Papier, sei es mit Computer -, dem wird bekanntlich geschrieben. Das ist gut so, und so war es auch, als ich in einem Kommentar der "SonntagsZeitung" versucht habe, die Lage in Tibet etwas zu differenzieren. Die Kommentar-Kernaussagen könnte man etwa so kurz zusammenfassen: 1.) Nicht alles, was die Chinesen sagen ist falsch, und nicht alles was die Exil-Tibeter sagen ist richtig. 2.) China versteht nicht, wie wichtig Religion und wie entscheidend der Dalai Lama für Tibet und die Tibeter sind, und die Exil-Tibeter verstehen nicht, wie wichtig wirtschaftliche Entwicklung ist, und 3.) der Begriff des "kulturellen Völkermordes" ist falsch und gefährlich. All diese Aussagen wurden natürlich begründet.
Aber ohalätz! Nur schon der Versuch, einen etwas anderen Blickwinkel in der Tibet-Frage anzulegen, stösst auf blanke Intoleranz. Diejenigen, die doch auf dem Dach der Welt mit glänzenden Augen ihre Wahrheit suchen und finden, sind in den Niederungen der Schweiz plötzlich ganz anders. In der erwähnten Zeitung wurden vier negative Leserbriefe abgedruckt. Im Zeitalter von Cyberspace erhielt ich aber auch noch 72 Emails, 70 davon negativ. Als kritischer Intellektueller kann ich durchaus mit Kritik umgehen. Es gab zum Beispiel einige gute, interessante Mails, in denen Argumente vorgebracht wurden, die ich mir zu Herzen nehme. Doch die meisten Mails waren niveau-mässig unter aller Kritik.
"Sie Sauhund, Sie", schrieb etwa Herr L. aus B., Frau S. aus M. ging noch ein Schrittchen weiter: "Ich wünsche Ihnen, dass Sie einmal ein chinesisches Gefängnis von innen sehen; das haben Sie mit ihrem schlimmen Kommentar verdient." Herr F. aus S. würde sogar noch weitergehen: "So wie gefangene Tibeter von den Chinesen gefoltert werden, so müssten auch Sie behandelt werden." Und Frau B. aus G. ist überzeugt, dass "Sie von der chinesischen Regierung als getarnter Propaganda-Schreiberling bezahlt sind". Über 50 der 70 negativen Mails bewegten sich auf diesem Niveau.
Wie kann nur soviel Hass von Menschen kommen, die doch das tibetische Volk lieben und den Dalai Lama verehren? Nun, bei aller Wut sollten sich die Email-Schreiber vielleicht daran erinnern, was sie in ihrem Paradies auf dem Dach der Welt doch so bewundern: Toleranz, Liebe, Respekt und Friede.
7. April 2008
"Ich hoffe auf eine robuste Brücke der Völker"
Ich bin so froh, dass man mindestens eine objektive Stimme hören kann. Man sollte nicht China auf einmal schwarz malen. Was Wahrheit ist, bleibt wahr.
Das Problem ist, dass viele "Meschenrechtler" die Geschichte nicht kennen oder ignorieren. Wie viele Leute in Europa wissen noch etwas vom Opiumkrieg, den die Engländer angestachelt haben? China hat noch nie so viele Freiheiten und Chancen gehabt wie jetzt, und trotzdem wird es jetzt am meisten kritisiert. Es hat sicher auch mit Angst und Eifersucht über den schnellen Aufstieg zu tun.
Ich hoffe von Herzen, dass durch die Peking-Olympiade, eine robuste Brücke im Sinne von Frieden, direkter Kommunikation und Respekt zwischen Europa und China, zwischen allen Völkern der Welt entstehen kann.
, Illnau
"Ich hoffe auf weitere spannende Texte"
Sehr geehrter Herr Achten, ich lese Ihre Artikel immer wieder mit höchstem Interesse. Nicht viele Journalisten verfügen über den journalistischen
Hintergrund, so differenziert über ein so schwieriges und komplexes Thema zu schreiben. Ich gratuliere Ihnen und hoffe auf weitere spannende Texte aus Ihrer Feder.
Ernst Feurer, Biel-Benken