Werbung

Claude Bühler – Premiere am Theater Basel

<< [ 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | (...) | 180 ] >>

Theater Basel, Schauspielhaus

Uraufführung

 

"Das Narrenschiff"

Von Marthe Meinhold, Marius Schötz und Ensemble nach Sebastian Brant

 

Inszenierung: Marthe Meinhold und Marius Schötz

Bühne und Kostüm: Florian Kehl

Komposition: Marius Schötz

Licht: Cornelius Hunziker

Dramaturgie: Anja Dirks

 

Mit Andrea Bettini, Barbara Colceriu, Jia Lim, Annika Meier, Julian Anatol Schneider

 

Live-Musik: Jia Lim
 


Kindertheater für Erwachsene

Das Publikum des 15. Jahrhunderts war hart im Nehmen. Anders lässt sich nicht erklären, dass die Satire "Das Narrenschiff" 1494 von Basel aus zu einem europäischen Erfolg, zum ersten literarischen Bestseller wurde. Spitz und derb geisselt der humanistische Rechtsgelehrte Sebastian Brant in über 100 Narren-Typologien die Sünden und Laster seiner Mitmenschen – weniger humorvoll, aber nicht unähnlich den Schnitzelbänggen.

Er prangert nicht nur Wollust, Geldgier, Geltungssucht an, sondern auch die Schwäche, sich über andere zu stellen, in blödsinnigen Haltungen zu verharren, sich zu isolieren oder Fake-News zu verbreiten. Der Narr ist bei ihm nicht nur närrisch, sondern zuweilen auch bösartig und schädlich. "Es lebt die Welt in finsterer Nacht", konstatiert er entmutigt. Wer wollte da – gerade auch heute – widersprechen?

 

Aber weit mehr Milde lassen Marthe Meinhold und Marius Schötz bei ihrer Bühnenversion walten, die den Stoff in die Jetzt-Zeit trägt. Mit dem Ensemble entwickelten sie bei ihrem Basler Debut eine Story, die Brant nur kurz als Bild anklingen liess: Eine Gruppe "Närrinnen, süss aber verrückt" fährt begeistert auf hohe See, "wo man Abgründe erfährt und überwindet, um schlussendlich wieder gesellschaftsfähig zu werden".

Da erhalten alle mal Gelegenheit, zu Live-Klavierbegleitung in pathetisch aufgemachten Popsongs das persönliche Leid zu klagen. Es sind eher lässliche Sünden ("Krankheiten", wie es hier heisst): Verliebtheit in die eigene Schönheit, ein sprunghaftes Beziehungsleben, Sammelwut oder der eitle Ehrgeiz des Autoren Brant, der auch mit Narrenkappe mitfährt und aus dessen Perspektive sich das Abenteuer entspinnt.

 

Das puppenkistenhafte Bühnenbild gibt viel her für Auge und Sinne: Eine romantisch hingemalte, leidenschaftlich wogende See im Hintergrund, vorne rollende Wellen mit bei Sturm aufleuchtenden LED-Konturen, dazwischen das hölzerne Schiff mit hohem Rumpf, wie man seit Jahrhunderten die Arche Noah malt – dies alles schafft die passende Szenerie für dieses Kindertheater für Erwachsene. Die Narren spielen betont "Gruppe", die ausser kurzen Zänkereien nichts auseinanderbringt. In ihren hautengen, karogemusterten Kostümen und grellbunten Narrenkappen wirken sie zumeist kindlich, gleichzeitig alterslos. Die Bedeutung der Geschlechter wird mit Querbesetzungen zurückgedimmt.

 

Sie erschrecken zur Gespensterstunde über die Dunkelheit, jammern über die "30 Jahre lange" Flaute, fischen besorgt Plastikmüll im Meer, und Barbara Colceriu singt hoch oben auf einer Schaukel gefühlig: "Wir, wir träumen allein, warum nicht gemeinsam? Bist Du nicht einsam?" Szenenapplaus. Die Übergänge in der Story holpern, so dass die Orientierung manchmal schwerfällt. Wie im Traum oder im Märchen wechseln abrupt die Begebenheiten. Ziellos gondeln wir mit der Arche durch den Abend, bis sie aufläuft.

Aber, Happy End: Brant kommt zur Einsicht, nicht mehr besser als die andern, sondern Narr sein zu wollen. Die Botschaft der Aufführung enthüllt der Schlusschor: Die Welt ist nicht in Ordnung, sie ändert sich, wenn wir närrisch sind und uns nicht anpassen. "Hauptsache, du lässt dich nicht vereinzeln."

 

So einfach ist das? Den harten Weg zu befreiten kreativen Narren-Potentialen, der auch über Zeiten der Einsamkeit führen kann, schildert das Stück nicht. Der Aufruf im Stück "Erkenne Dich selbst" ist gutgemeint. Und er entspricht auch Brants Ideal, der trotz der Drohung mit Höllenstrafen kein unmündiges Frömmlertum verficht, sondern auf dem beharrlichen Weg von Vernunft und Überwindung zur Freiheit gelangen will. Seine Weltauffassung ist da strenger, herber und wohl auch realistischer. Sein Anliegen beinhaltet auch Verzweiflung.

 

Es wäre aber unfair, die Aufführung an diesem Vergleich aufzuhängen. Sie bietet mit Ausnahme des etwas zäh geratenen Schlusses und des zuweilen geschwätzig geratenen Textes zwei witzige, vergnügliche Theaterstunden. Das Ensemble bewältigt mit Leichtigkeit komplexe Song-Arrangements und spielt mit Enthusiasmus und Präzision seine Stärken aus. Gerade die Ziellosigkeit der Fahrt ohne Längen zu füllen und doch fühlbar werden zu lassen, ist wohl das grosse Kunststück der Inszenierung. Sie besticht mit Liebe zum Detail. Und mit völliger Transparenz: Sie ist nie Illusions-Show, sondern zeigt alles von A bis Z als offenes Spiel, indem etwa auch Bühnenarbeiter auftreten, um das Schiff zu wenden.

 

Und Brant würde vielleicht heute auch milder und humorvoller schreiben, notiert er doch selbst, dass trotz aller "guter Ratgeber Lehr" und Bücher wie den seinigen "niemand bessert sich davon".

15. Oktober 2022
 Ihre Meinung zu dieser Kolumne
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)
Claude Bühler, ist Journalist und Schauspieler in Basel. Er arbeitete erst als Freier Journalist bei Printmedien sowie als Medienverantwortlicher von act entertainment. Lange Jahre war er Redaktor und Produzent bei Telebasel. Heute arbeitet er als Redaktor bei "Prime News". Als Schauspieler war er in verschiedenen Regie-Arbeiten der Basler Schauspielerin und Regisseurin Ingeborg Brun sehen, beispielsweise als Jean in "Fräulein Julie" (A. Strindberg), aber auch als Professor Siebegscheit im Märli "Froschkönig" des Theater Fauteuil oder als Lucky in "Warten auf Godot" (S. Beckett) des Theater Marat Sade. © Foto by OnlineReports.ch

Claude.Buehler@gmx.net

(Die Kolumnisten sind in ihrer Meinung frei;
sie braucht sich nicht mit jener der Redaktion zu decken.)

www.onlinereports.ch
© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigenen Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.

 

https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"Wie Kamala Harris in ihrem ersten TV-Interview die Kritik von Donald Trump an sich abprallen läs"

bz
Newletter-Schlagzeile
vom 30. August 2024
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Kamala ist halt schon läs.

RückSpiegel

 

persoenlich.com nimmt die Meldung von OnlineReports über den Wechsel des BaZ-Journalisten Sebastian Briellmann zur NZZ auf.

persoenlich.com bezieht sich auf die OnlineReports-Meldung über den Stellenantritt von Martin Regenass bei Prime News.

Die bz zitiert OnlineReports bei einer Meldung zur Wahl des neuen SVP-Fraktionschefs im Baselbieter Landrat.

20 Minuten, Baseljetzt und Happy Radio nehmen Bezug auf die OnlineReports-Recherche zur tanzenden Wagenführerin der BVB.

Das SRF-Regionaljournal Basel, die BaZ, die bz, Happy Radio und Baseljetzt zitieren die Recherche von OnlineReports zum Interimschef der Kantonspolizei Basel-Stadt.

Das SRF-Regionaljournal Basel verweist auf die OnlineReports-Recherche zu den finanziellen Problemen bei der Aids-Hilfe beider Basel.

20 Minuten und zentralplus zitieren die OnlineReports-Recherche über die Baselbieter Obstbauern, die ihre Kirschen nicht verkaufen können.

Die BaZ und 20 Minuten beziehen sich in einem Artikel über den tödlichen Unfall im St. Johann auf einen Bericht aus dem OnlineReports-Archiv.

Die bz nimmt die OnlineReports-Recherche über den Kunst-Coup der Stiftung Im Obersteg auf.

Die bz vermeldet den Tod von Aurel Schmidt und bezieht sich dabei auf OnlineReports.

Baseljetzt, bz, Volksstimme, SDA und Happy Radio nehmen die Recherche von OnlineReports über den geschassten CEO Marcel Allemann auf.

Die bz berichtet, dass Landrat Hannes Hänggi das Mitte-Präsidium übernehmen will, und verweist dabei auf OnlineReports.

Das Portal kath.ch nimmt die OnlineReports-Recherche über die Pläne der Basler Hicret-Moschee in Reinach im Medienspiegel auf.

Baseljetzt nimmt die Recherche von OnlineReports über den "Fuck SVP"-Schriftzug am Nebiker-Turm in Sissach auf.

In ihrem Bericht über die Wahl des neuen Baelbieter SVP-Präsidenten zitiert die Basler Zeitung aus einem OnlineReports-Kommentar.
 

Weitere RückSpiegel







In einem Satz


Grünen-Politikerin Natalie Oberholzer aus Liestal rückt für Erika Eichenberger in den Landrat nach.

Beatrice Stirnimann, CEO der Baloise Session, wird zur "Ehrespalebärglemere 2024" ernannt.

Eventmanager Beat Läuchli wird Projektleiter des Eurovision Song Contest (ESC) 2025 in Basel.

Michael N. Hall vom Biozentrum der Universität Basel erhält den Balzan-Preis 2024 für seine Forschung zu den biologischen Mechanismen des Alterns.

Der 27-jährige Journalist Maximilian Fankhauser übernimmt im Oktober die Leitung von Baseljetzt, der Online-Newsplattform von Telebasel; die jetzige Stelleninhaberin Lea Meister wechselt zu Prime News.

Manuela Witzig, bisherige Leiterin der deutschsprachigen Unternehmenskommunikation, übernimmt per 9. September 2024 von Direktor Matthias Suhr die Leitung der Kommunikation und Public Affairs beim EuroAirport.

Evelyn Borer,
Synodenpräsidentin der Evangelischen Kirche Schweiz, ist neue Präsidentin des Vorstands von Mission 21.

Markus Habegger übernimmt am 2. August die Leitung des Tageshauses für Obdachlose in Basel als Nachfolger von
Paul Rubin.

Der Basler Rechtsanwalt und Baurechtsexperte Daniel Gebhardt wird neuer Verwaltungsratspräsident der Rhystadt AG, der grössten Eigentümerin auf dem Klybeck-Areal. 

Die Baselbieter Grünen-Landrätin Erika Eichenberger tritt im September zurück, Natalie Oberholzer rückt nach.

Ass. Prof. Dr. Prisca Liberali wird für ihre Forschung auf dem Gebiet der Gewebebildung mit dem Wissenschaftspreis der Stadt Basel ausgezeichnet.

Sarah Mehler folgt am
1. Oktober als neue Geschäftsführerin der Kaserne Basel auf Eva Heller.

Markus Jordi,
langjähriges Mitglied der SBB-Konzernleitung, übernimmt am 1. Januar 2025 den Vorsitz des Fachhochschulrats der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Karoline Sutter und Urs Berger treten nach über zehn Jahren per 31. März 2025 aus dem Bankrat der Basler Kantonalbank zurück, die Vakanzen werden demnächst ausgeschrieben.

Jacqueline Herrmann und Alexander Bieger lösen Brigitte Jäggi ab, die als Rektorin des Gymnasiums Muttenz in Pension geht.

Bettina Zeugin folgt als Präsidentin von insieme Baselland auf Röbi Ziegler.

Der frühere Baselbieter SP-Regierungsrat Peter Schmid gibt das Präsidium des Freundevereins Zoo Basel an seine Parteikollegin und Landrätin Miriam Locher ab.

Eine Findungskommission sucht eine Nachfolge für Anna Schmid, Direktorin des Museums der Kulturen Basel, die 2025 in Pension geht.

Grünen-Politikerin Flavia Müller aus Allschwil rückt für Biljana Grasarevic in den Baselbieter Landrat nach.

Doppel-Pensionierung am Euro-Airport: Direktor Matthias Suhr geht Ende März 2025, sein Stellvertreter Marc Steuer Ende Dezember 2025 in den Ruhestand.

Jo Krebs
übergibt nach über 23 Jahren seine Stelle als Leiter Unternehmenskommunikation von Primeo Energie an Nachfolger Fabian Hildbrand.

Die Israelitische Gemeinde Basel wählt mit Steffi Bollag als Nachfolgerin von Emmanuel Ullmann erstmals eine Frau zur Präsidentin.

Sabina Brocal wird am
1. August Förderchefin der Abteilung Kultur im Präsidialdepartement Basel-Stadt.

Die Stadtreinigung des Basler Tiefbauamts wird ab 12. August neu von Markus Müller geleitet, sein Vorgänger Dominik Egli geht in Pension.

Christoph Jorns wird am 1. Juli Finanzchef der Basler Lebensversichererin Pax als Nachfolger von Alex Flückiger.