Werbung

Claude Bühler – Premiere am Theater Basel

<< [ 1 | (...) | 61 | 62 | 63 | 64 | 65 | 66 | 67 | 68 | 69 | 70 | (...) | 180 ] >>

Theater Basel, Kleine Bühne
Premiere

"Konstellationen"

Autor: Nick Payne
Übersetzung: Corinna Brocher
Inszenierung und Ausstattung: Ramin Gray
Dramaturgie: Brigitte Auer
Licht: Oliver Mathias Kratochwill

Übernahme vom Schauspielhaus Wien
Mit Nicola Kirsch, Thiemo Strutzenberger


Love-Story im Multiversum

Kann man zu Silvester mit der Premiere eines Stückes Erfolg haben, in dem Sterbehilfe, Gehirntumor, theoretische Kosmologie und Eheprobleme vorkommen?

Nach dem langen, begeisterten Schlussapplaus für das hervorragend aufspielende Ensemble drängte sich das Publikum in froher Stimmung ins Foyer, um dort auf Einladung des Hauses Champagner zu trinken. Denn das Stück "Konstellationen" des Briten Nick Payne ist eine abstrakte Spekulation, die zwar auch ernste Lebenslagen durchaus ernstgemeint behandelt, einen aber nicht weiter irritiert.

Der preisgekrönte Autor beschäftigte sich vor der Niederschrift mit Quantenphysik und stellte 2012 die Liebesgeschichte der Quantenphysikerin Marianne und des Imkers Roland wie in einem Multiversum vor. Nach dieser umstrittenen physikalischen Theorie leben wir nicht bloss an einem Ort, sondern in verschiedensten Universen, in deren Gesamtheit sich alles durchspielen soll, was überhaupt passieren könnte.

So lässt Payne uns durch Universen zappen, in denen Szenen sich zu deren Beginn auch wiederholen, die aber jeweils anders enden. Bei der ersten Begegnung an einer Party passiert gar nichts, weil Roland bereits in einer Beziehung steckt. Die zweite misslingt auch. Er wimmelt Marianne mit einer Trennungsgeschichte ab. Endlich klappt es dann doch. Auch vom ersten gemeinsamen Abend gibt es mehrere Versionen. Sie heiraten, sie betrügen sich, trennen sich, sie begegnen sich wieder ohne Fortsetzung, mit Fortsetzung, Marianne ist sterbenskrank, gleich darauf ist ihr Tumor dann doch gutmütig, später will sie zur Sterbehilfe wegreisen.

Das Stück folgt für den Betrachter in etwa der Strukturidee des experimentellen Filmes "L'année dernière à Marienbad" (1961), der inhaltlich widersprechende Szenen chronologisch durcheinander wirft. Man kann sich als Handlung zusammenreimen, was man sich wünscht, oder das Ganze als Tableau der verschiedenen Varianten auf sich wirken lassen. Alles kann, nichts muss; das Drama wirkt mehr als ob und temporär statt zwingend.

Die meist mit sehr kurzen Repliken vorangetriebenen Dialoge, die scharfen Cuts, die kurzen Szenen, das alles sorgt für viel Zug. Payne zeigt boulevardeskes Talent, wie er etwa Ehestreitigkeiten tragikomisch aufbereitet, als hätte er dem Alltag Pointen abgelauscht. Dass wir aber atemlos 70 Minuten lang dem Reigen der Szenensplitter folgen, liegt am konzentrierten Spiel und der gestalterischen Kraft von Nicola Kirsch und Thiemo Strutzenberger.

Die Inszenierung von Ramin Gray wäre eine hervorragende Übung an den Schauspielschulen, wie man auf leerer Bühne, nur unterstützt von Lichtwechseln, in eine komplett neue Begebenheit eintaucht und den eigenen Charakter blitzschnell neu frisiert. Kirsch und Strutzenberger beherrschen nicht nur diese Wechsel virtuos, ihre durchaus alltäglichen Figuren rühren einen an, auch wenn ihnen das Stück nur geringen Raum zur Ausbreitung lässt. Die teilweise spröde oder zu Starrheit verführende, minimalistische Sprache Paynes wird bei ihnen natürlich.

Die fast gelassene Selbstverständlichkeit, mit denen die Beiden agierten, wird wohl auch damit zusammenhängen, dass sie schon vor zwei Jahren am Schauspielhaus Wien in gleicher Regie das Stück aufführten, sich der Stoff also setzen konnte. "Konstellationen" ist dank Kirsch und Strutzenberger ein für die jetzigen Schweizer Verhältnisse eher seltenes Schauspiel-Ereignis.

Gerne würde man erfahren ob Mariannes Wiederbegegnung mit Roland nur ein angehängtes, hoffnungsvolles Ende ist, um das Stück nicht ihrem Tod beschliessen zu müssen. Payne liefert keine weiteren Antworten. Er tippt vieles an, dringt aber auch nicht tiefer in seiner kosmologischen Betrachtung vor, wie es sich genau mit unserer Wahlmöglichkeit angesichts der Möglichkeit eines Multiversums verhält.

Die Erläuterungen der Quantenphysikerin Marianne dazu hätten das Thema des Stückes sein können, bleiben aber dramaturgisch Papier. Die unterschiedlichen Szenenausgänge bieten keine erweiterte Erkenntnis. Man könnte "Konstellationen" aber auch als ernüchternden Kommentar dazu lesen, was aus unserer romantischen Liebe und unserer seelischen Wahrnehmung geworden ist: ein Splitterhaufen aus typischen Kernszenen.

Auch in Wien setzte Andreas Beck die Premiere von "Konstellationen" auf Silvester, wohl um unsere Neigung zu Vorsätzen mit den Möglichkeiten des Multiversums thematisch zum Aufprall zu bringen. Der Silvester-Abend zeigte wie gut der neue Theaterdirektor bereits in Basel angekommen ist: Nicht nur "Konstellationen" auf der Kleinen Bühne war ausverkauft sondern auch das stark kritisierte "Sparschwein" im Schauspielhaus und ebenso "Die Zauberflöte", deren eigenwilliger Ansatz und deren Bühnenbild zu Diskussionen Anlass gab. Glückwunsch!

1. Januar 2016
 Ihre Meinung zu dieser Kolumne
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)
Claude Bühler, ist Journalist und Schauspieler in Basel. Er arbeitete erst als Freier Journalist bei Printmedien sowie als Medienverantwortlicher von act entertainment. Lange Jahre war er Redaktor und Produzent bei Telebasel. Heute arbeitet er als Redaktor bei "Prime News". Als Schauspieler war er in verschiedenen Regie-Arbeiten der Basler Schauspielerin und Regisseurin Ingeborg Brun sehen, beispielsweise als Jean in "Fräulein Julie" (A. Strindberg), aber auch als Professor Siebegscheit im Märli "Froschkönig" des Theater Fauteuil oder als Lucky in "Warten auf Godot" (S. Beckett) des Theater Marat Sade. © Foto by OnlineReports.ch

Claude.Buehler@gmx.net

(Die Kolumnisten sind in ihrer Meinung frei;
sie braucht sich nicht mit jener der Redaktion zu decken.)

www.onlinereports.ch
© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigenen Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.

 

https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"Das Gebiet Rütschete ist tatsächlich ein bekannter Rutsch- oder Kriechhang."

Stellungnahme in der Volksstimme
vom 26. September 2023
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Überraschung!

RückSpiegel


In einem Artikel über die polarisierende Jungpolitikerin Sarah Regez (SVP BL) bezieht sich die Basler Zeitung auf OnlineReports.

persoenlich.com vermeldet mit Verweis auf OnlineReports den Wechsel der Basler Journalistin Andrea Fopp von Bajour zur NZZ.

Happy Radio greift den Bericht von OnlineReports über die Deponie Höli Liestal AG auf.

Die Volksstimme bezieht sich in einem Porträt über den freiwilligen Verkehrsregler in Rickenbach, Robert Bussinger, auf einen früheren Artikel von OnlineReports.

Die bz greift den Bericht von OnlineReports über den Eklat am Baselbieter Kantonsgericht mit dem sofortigem Rücktritt eines Vizepräsidenten auf.

Die bz zitiert in ihrem Nachruf auf Hans Rudolf Gysin aus dem OnlineReports-Porträt "Die Hans Rudolf Gysin-Story: Auf der Spur eines Phänomens".

Zahlreiche Medien haben die Nachricht über den Tod von Hans Rudolf Gysin aufgenommen: Basler Zeitung, bz und weitere Titel von CH Media, Prime News, Volksstimme, Bajour, Baseljetzt, SRF-Regionaljournal Basel, Happy Radio, nau.ch.

Weitere RückSpiegel

Werbung






In einem Satz


Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).

Am 1. Juni 2024 übernimmt Veronika Röthlisberger die Leitung der Gebäudeversicherung Basel-Stadt von Peter Blumer, der danach pensioniert wird.

Hanspeter Wäspi (57, Rheinfelden) ist neuer Geschäftsleiter von Procap Nordwestschweiz.

Die Leitung der Abteilung Finanzen und Controlling im Erziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt obliegt ab 1. Dezember Thomas Schneider, der die Nachfolge des Bald-Pensionierten Daniel Hardmeier antritt.

Stefan Binkert wird neuer Rektor des Wirtschaftsgymnasiums und der Wirtschaftsmittelschule Basel; er folgt in dieser Funktion auf Patrick Langloh, der ab 1. Januar 2024 die Leitung des Bereichs Mittelschulen und Berufsbildung im Erziehungsdepartement übernimmt.