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Peter Achten: "Basilea"

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Der "Gschdampfdi Jud"
in der Schweizer Armee

Vom Luftschutzbunker im Zwweiten Weltkrieg bis hin zur Grenadier-Rekrutenschule in Losone – das waren meine prägenden Jahre hin zum Journalismus rund um den Globus vornehmlich in Ländern der Dritten Welt. Schon früh begann ich Zeitungen zu lesen, ganz einfach deshalb, weil ich jeweils am Sonntagabend am Neuweilerplatz die "National-Zeitung" und die "Basler Nachrichten" für die Eltern holen musste.

Das waren noch Zeiten ohne Fernsehen, ohne Internet, und selbst das alte Dampf-Radio war damals noch nicht so auf letzte Nachrichten – oder Neudeutsch: breaking news – getrimmt. Die Zeitungen kamen damals an Werktagen dreimal heraus, am Morgen, Mittag und Abend. Die Sonntagabend-Ausgabe war die erste Ausgabe des Montag-Morgenblatts.
 

Zeitungen lesen lernte ich von meiner Mutter. Sie begann immer mit der letzten Seite, weil dort die neuesten Nachrichten abgedruckt waren. Noch heute lese ich Tageszeitungen von hinten nach vorne, wie einst die Mutter. Allerdings aus einem andern Grund. Sich in einer Zeitung heute vom Feuilleton, der Kultur, dem Wissen oder dem Sport auf die Frontseite vorzuarbeiten, verändert ein wenig die Weltsicht.

Mit andern Worten: Klimawandel, Corona oder Afghanistan sind zwar wichtig, aber es gibt noch andere, genauso wichtige Fakten und Entwicklungen, die zum Nachdenken über Gegenwart und Zukunft veranlassen.

"Armee-Psychiater – aber nicht für den
Kommandanten, sondern für Rekrut Achten."

Neben Zeitungen waren in jenen Jahren auch Bücher sehr wichtig. Autoren wie beispielshalber Weber, Camus, Fanon, Sartre, der junge Marx oder Marcuse standen ganz oben auf der Leseliste.

Das aber war  gefährlich, denn im Internat Père Girard am Collège Saint Michel in Fribourg standen solche Autoren natürlich auf dem katholischen Index. Wurde man bei der Lektüre erwischt, drohte der Schulausschluss. Camus lesende Teenager zu entlarven war damals in Fribourg wichtiger als pädophile Padres aus dem Verkehr zu ziehen.

Die fünfziger Jahre waren voller Dramatik. Der Koreakrieg, der extreme Antikommunismus in den USA, die Unabhängigkeitskriege in Indonesien und Vietnam, der Ungarn-Aufstand sowie die Anti-Stalin-Rede Chruschtschows 1956 oder der Wiederaufstieg Deutschlands, an dem auch alte Nazis beteiligt waren, allen voran ein Staatssekretär im Kabinett Adenauers, der beim Verfassen der antijüdischen Nürnberger Gesetze 1937 beteiligt war.

Auch die Schweiz kopierte den extremen Antikommunismus der USA, wobei das selbsternannte Leitblatt von der Zürcher Falkenstrasse Adresse und Telephonnummer eines bekannten marxistischen Intellektuellen publizierte und ihn so quasi zum Abschuss freigab.
 

Am Schluss der steilen Lernkurve der fünfziger Jahre kam die Rekrutenschule. Bereits in der ersten Woche traute ich meinen Ohren nicht. Die Büchsen-Fleischkonserve wurde von allen, auch den Offizieren, ganz selbstverständlich als "Gschdampfde Jud" bezeichnet.

Ich wandte mich an den Schulkommandanten, der verwies mich an den Armee-Seelsorger. Der wiederum fragte zuerst, ob ich Jude sei, dann meinte er, ich sei einfach allzu sensibel, man sollte – wörtlich – "nicht alle Wörter auf die Goldwaage legen". Danach eine Intervention in Bern. Der Bescheid kam schnell: Armee-Psychiater. Aber nicht für den Schulkommandanten, sondern für Rekrut Achten. Auch beim Quacksalber dieselbe Antwort: Man solle nicht alles "so ernst und wörtlich" nehmen. Wie bitte?
 

Die Büchsenfleischkonserve wurde noch bis am Anfang der neunziger Jahre von den meisten Wehrmännern ganz selbstverständlich als "Gschdampfde Jud" bezeichnet. Reaktionen von Armeechefs, der Offiziersgesellschaft, des Verteidigungsministeriums?

Der jetzige Armeechef, Drei-Stern-General Thomas Süssli, ging zur Rekrutenschule, als "Gschdampfde Jud" noch üblich war. Wie denkt er heute darüber? Wohl gar nicht, er hat ja mit der teuren Flugzeugbeschaffung genug zu tun. Zudem gehören ja schliesslich Moral und Ethik nicht zum Anforderungsprofil hoher, höherer und höchster Offiziere, schon gar nicht eines Generals.

13. September 2021
 Ihre Meinung zu dieser Kolumne
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Peter Achten, geboren 1939 in der St. Josephsklinik beim Basler Schützenmattpark und aufgewachsen beim Erasmusplatz im Kleinbasel und am Dorebächli im Neubadquartier. Studium der Geschichte und Wirtschaft. Lokalredaktor beim "Basler Volksblatt" und der "National-Zeitung", Nachrichtenredaktor bei den "Basler Nachrichten". Auslandkorrespondent in Lateinamerika und Spanien. 1975 bis 1986 Moderator und Produzent der SRF-Tagesschau. Danach Korrespondent für in- und ausländische Medien in Asien (Peking, Hong Kong, Hanoi) und den USA. Lebt seit wenigen Jahren wieder in der Schweiz. Autor verschiedener Bücher, zuletzt "Abschied von China" (Stämpfli Verlag).

pedro.achten@icloud.com

(Die Kolumnisten sind in ihrer Meinung frei;
sie braucht sich nicht mit jener der Redaktion zu decken.)
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"Heute herrscht ein ganz neuer Geist"

Der Schlusssatz "Wie denkt er (Chef der Armee, KKdt Thomas Süssli) heute darüber? Wohl gar nicht, er hat ja mit der teuren Flugzeugbeschaffung genug zu tun. Zudem gehören ja schliesslich Moral und Ethik nicht zum Anforderungsprofil hoher, höherer und höchster Offiziere, schon gar nicht eines Generals" ist falsch.

Diversity und Schutz vor Diskriminierung sind heute Thema eines Armee-Befehls sowie des Dienstreglements und werden am Armeeausbildungszentrum Luzern unterrichtet. Am 02.09.21 hat der Chef der Armee zusammen mit den Queer Officers den "Baum der Vielfalt der Schweizer Armee" im Ausbildungszentrum der Armee eingeweiht.

Als jüdischer schwuler vormaliger Angehöriger der Armee, der als Offiziersanwärter offenen Antisemitismus und als Kompaniekommandant verdeckte Homophobie erlebt hat, kann ich dem Kolumnisten Peter Achten versichern, dass heute im obersten Kader der Armee und unten bei der Truppe ein ganz neuer Geist herrscht. Im mittleren Kader mag es noch einige Ewiggestrige geben. Diese rechtfertigen aber Achtens Armeekritik nicht.


Rolf Stürm, Basel



"Diese schreckliche Bezeichnung"

Interessant, dass Peter Achten diesen Begriff aufgreift. Ich habe mich immer gewundert, dass diese schreckliche Bezeichnung für das Büchsenfleisch wie selbstverständlich verwendet wurde. Als ich mich deswegen in der Rekrutenschule (1970) an meinen Leutnant wandte, war seine Reaktion exakt gleich: "Me seit däm halt so".
 


Ernst Feurer, Ettingen


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Veranstaltungs-Hinweis

 

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Mit "37 Ansichtskarten" von Michael McKeever winkt den Zuschauerinnen und Zuschauern eine zauberhaft schwarze Komödie mit berührenden Momenten und angenehmer Unterhaltung. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

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"Der Eigentümer hat das Regional-Journal nicht erreicht."

Regional-Journal Basel
am 15. März 2024
über die umstrittene
Basler Villa "La Torre"
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Hatte das "Regi" gerade Pause? 

RückSpiegel


Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Landrat Thomas Noack zitiert in einem Carte-blanche-Beitrag in der Volksstimme aus dem OnlineReports-Artikel über die Finanzkrise in Baselbieter Gemeinden.

Die Nachrichtenagentur SDA nimmt Bezug auf OnlineReports und schreibt, dass SP-Nationalrätin Sarah Wyss für eine Regierungs-Kandidatur nicht zur Verfügung steht.

Baseljetzt und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports, dass Swisscom die Führungen durch den Fernsehturm auf St. Chrischona einstellt.

20 Minuten und ein Podcast der Zeit nehmen den Artikel von OnlineReports über das Hupe-Verbot für das Kinderkarussell auf dem Münsterplatz auf.

Die bz zieht den OnlineReports-Artikel über die frühere Grellinger Kirchen-Kassiererin nach, die ihre Verurteilung vor Bundesgericht anficht.

Die Basler Zeitung und Happy Radio greifen die OnlineReports-Recherche zur Girema Bau AG auf.  

 

Weitere RückSpiegel

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In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).