Steuersenkungen liegen im Trend
Von PETER KNECHTLI
Das Baselbieter Stimmvolk hat die Unternehmenssteuer-Reform mit einer deutlichen 61-Prozent-Mehrheit angenommen. Obschon die Steuerreduktion für Unternehmer nicht nur den Kanton trifft, sondern mit jährlich bis 12 Millionen Franken auch die Gemeinden, bemühten sich gerade einmal 30 Prozent der Stimmberechtigten zur Urne.
Diese schwache Stimmbeteiligung kann nach den eidgenössischen Wahlen mit einem gewissen Überdruss an "Polit-Stoff" erklärt werden. Aber nicht nur. Obschon der Abstimmungstermin längst bekannt war, kam erst Leben in die Steuer-Debatte, als die Gemeindepräsidenten aus Birsfelden, Muttenz und Münchenstein aufmuckten - und die Befürworter regelrecht überraschten. Doch ihr beherzter Widerstand war zu schwach und kam zu spät. Nicht nur mieden es die übrigen 83 Gemeinderäte des Baselbiets, sich öffentlich in die Oppositionsrolle zu begeben - auch wenn sie den künftigen Einnahmenausfällen mit Sorge entgegen blicken. Auch mangelte es den Gemeinden am Sukkurs der politischen Parteien.
Es bleibt schwer verständlich, dass insbesondere die SP in einer Frage wie der Steuerpolitik, die sie als Kerngeschäft betrachtet und die Grundfesten ihres Selbstverständnisses berührt, mehr oder weniger zuschaute, wie der effiziente Publicity-Betrieb der Wirtschaftskammer Baselland, die Reform-Vorlage auf Erfolgskurs brachte. Nicht einmal ein Nein-Plakat brachte die Links-Partei zustande. Sie hätte nur bei ihrem politischen Widersacher Hans Rudolf Gysin eine Ideen-Anleihe aufnehmen müssen, und der Slogan wäre gestanden: "Kein Steuer-Rabatt für Superreiche". Nichts dergleichen: Es blieb beim Flyer in die Haushalte und einer Medienkonferenz wenige Tage vor dem Abstimmungstermin. Die Aufschwung-Grünen meldeten sich zur neuen Unternehmenssteuer sogar gänzlich ab. Der Linken insgesamt ist es nicht gelungen, die Kritik der Gemeinden aufzunehmen und mit weiteren Gemeinden ein Bündnis gegen Steuer-Senkung zu schmieden. Zu stark lag ihr der eidgenössische Wahlkampf noch in den Knochen.
Allerdings bleibt fraglich, ob eine noch so professionelle Nein-Kampagne das Ja zur Reform hätte verhindern können. Denn Steuersenkungen auf allen Ebenen liegen im Trend und die Grundfragen dieses Abstimmungs-Geschäfts blieben bis zur Schliessung der Urnen umstritten: Was bedeutet Standort-Attraktivität für Unternehmen? Während die Befürworter die fiskalischen Aspekte und ein entsprechend unternehmerfreundliches Klima weit in den Vordergrund rückten, hielten die Gegner die steuerliche Gunst in der Region längst für gegeben. Wichtig seien das Angebot qualifizierter Arbeitskräfte, von Bildung, Infrastruktur und Kultur.
Die Haltung zur Reform blieb letztlich Glaubenssache. Den Befürwortern war es nicht gelungen, die Drohung, dass Unternehmen aus steuerpolitischen Gründen abwandern, mit Daten und Fakten zu belegen. Aber offensichtlich fand ihr Argument Anklang, dass die Unternehmenssteuern heute reduziert werden müssen, wenn auch morgen im Baselbiet die wirtschaftliche Saat aufgehen soll. Ein Steuerparadies ist das Baselbiet damit längst noch nicht. Aber keiner, der für das künftige Wohl des Kantons die politische Verantwortung trägt, kann sich um Gedanken über das richtige Mass an Steuerbelastung für Unternehmer und Unternehmen foutieren. Dem Entscheid kann eine längerfristige Perspektive nicht abgesprochen werden. Denn Unternehmer - Novartis-Boss Daniel Vasella lässt aus Risch grüssen - und Unternehmen sind mobil und flexibel: Der Staats-Obolus kann standort- und damit arbeitsplatzentscheidend werden.
Dies vor allem dann, wenn die Finanzdirektoren, Triple-A-beflügelt, den Steuerwettbewerb unter den Kantonen weiter anheizen und blindlings Ranking-Tabellen vertrauen. Das Ranking ist nur ein beschränkt taugliches Werkzug, um Steuerreduktionen zu rechtfertigen. Wer auch nur das Einmaleins der Mathematik beherrscht, kommt rasch zur Erkenntnis, dass immer ein Kanton die Rote Laterne trägt und Steuerwettbewerb nicht nur gesund ist, sondern auch zum Ausbluten führen kann. Denn dieser Kampf kennt gnadenlos nur eine Richtung: Unterbietung.
Das Baselbiet hat dieses Wochenende an dieser Spirale mitgedreht. Ein scheint damit auch bereit zu sein, eine gewissen Abbau an kommunalen Leistungen in Kauf zu nehmen, welche die Gemeindepräsidenten von Birsfelden und Muttenz bereits angekündigt haben.
Bericht und Reaktionen zur Volksabstimmung vom 25. November 2007
25. November 2007