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Zwischen EU und Europa besteht ein UnterschiedFür den Ausgang der sogenannten Masseneinwanderungs-Initiative musste die Schweiz ein gehöriges Bashing hinnehmen. Mindestens ebenso deutlich waren aber auch die Stimmen, die für das Ergebnis Verständnis aufbrachten, zum Beispiel vom früheren französischen Premierminister François Fillon, wenn auch aus durchsichtigen Gründen. Selbst der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble wollte für die Schweiz ein gewisses Verständnis aufbringen, was schon viel ist.
"Der EU sollte sobald wie möglich
Weitherum stösst die EU auf Ablehnung. Wie gross der Widerstand gegen sie ist, lässt sich kaum genau ausdrücken, aber mit einiger Sicherheit kann man sagen, dass die Unzufriedenheit zunimmt, wie zum Beispiel die Forconi in Italien gezeigt haben. Auch der Front National in Frankreich ist Teil des Spektrums. Die Gegner der EU bilden eine extrem heterogene Mischung, auch eine gefährliche, doch mit dem Begriff Populismus macht man es sich zu einfach.
10. März 2014
"Irgendwann siegt die Wirklichkeit" Klar ist die EU nicht identisch mit "Europa" als geographisches, soziales und kulturelles Gebilde. Und wenn man sich z.B. bei Georgien oder der Türkei noch fragen kann, ob sie zu Letzterem mit dazu gehören , so stellt sich diese Frage im Falle der Schweiz erst garnicht.
Nun ist dieses "Europa" allerdings nicht so leicht zu fassen. Dennoch kann man wohl behaupten, dass es sich in den letzten Jahrzehnten massiv gewandelt hat. So wie die ganze Welt es deutlich geschrumpft: Die Spanier sind heute praktisch "Nachbarn", während man früher "nur spanisch" verstand wenn gar nichts klar war. Und gleichzeitig ist es gewachsen, auch wenn wir uns an die Bulgaren in der Familie noch immer etwas gewöhnen müssen. Denn lange hatte man ja versucht, den Osten vom europäischen Westen abzukoppeln und zu isolieren, aber selbst mit all der Gewalt, die man in diesen Versuch gesteckt hat, ist es auf die Dauer nicht gelungen! "Europäisierung" ist (ebenso wie "Globalisierung") ein Trend, der einfach eine Entwicklungsrealität ist, ein Faktum, das es zu akzeptieren gilt. Man kann sich fragen, wie man es gestalten will, aber "dagegen sein" ist etwa so sinnvoll wie wenn man gegen das Schlafen wäre: Eine Weile hält man's durch, aber dann siegt irgendwann die Wirklichkeit.
Die EU ist nun der aktuell ernsthafteste Versuch, dieses reale, aber schwer fassbare "Europa" konkret gemeinsam zu gestalten. Mit all den vielen Mängeln und Defiziten, die andere hier schon aufgeführt haben. Auch daran kommt niemand vorbei, auch die Schweiz nicht, denn auch das Nicht-dazu-gehören-Wollen ist in gewisser Weise ein Gestaltungsversuch - von aussen!
Beispielsweise wenn man als Schweizer der EU Demokratie predigt. Dumm nur wenn man zu diesem Zweck gerade ausgerechnet die MEI als Beispiel verwendet! Denn da hat offenbar ausgerechnet der deutsche Bundespräsident Gauck besser als viele Schweizer verstanden, dass gerade hier die direkte Demokratie ein Stück weit ad absurdum geführt wurde: Um ein Anliegen (in diesem Fall die Auflösung der "Bilateralen") beim Stimmvolk durch zu bringen setze man einen ganz anderen Titel darüber ("Masseneinwanderung"...). Man rechnet dann damit, dass die Leute quasi nur über den Titel diskutieren und abstimmen und den Inhalt stillschweigend mitschlucken, so wie der Fisch den Angelhaken: Hat voll geklappt!
Und selbst das vorgeschobene migrationsbezogene Anliegen ist eine Mogelpackung: Die Leute waren offenbar dafür, dass "wir" die Zuwanderung Migration "wieder selber bestimmen" können mit Hilfe von Kontingenten. Nur: Wer macht denn diese Kontingente? Etwa "wir"? Oder nicht viel eher die Wirtschaftslobbies, die unseren Politikern ihre Agenda diktieren??
Also ganz genau wie in der EU! Auch wir Schweizer sind am Ende Europäer, die ihre politischen Rechte und persönlichen Freiheiten permanent gegenüber übermächtigen Wirtschaftslobbies (und die eigene Trägheit!) erkämpfen müssen ... Cornelis Bockemühl, Basel "Nicht nur ein Problem, das 'die EU' verursacht" Die Geheimverhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, von Aurel Schmidt als Beispiel für undemokratische Strukturen der EU angeführt, sagt erst einmal viel aus über das Verhältnis von Politik und Wirtschaft. Natürlich ist eine Geheimverhandlung in einem demokratisch-rechtsstaatlichen System undemokratisch.
Aber: Das ist nun wirklich nicht nur ein Problem, welches "die EU" verursacht, womöglich, in der Schweiz gerne unterstellt, "allein die EU". Es ist vielmehr ein Problem, welches in erster Linie die globalisierte Finanz- und Realwirtschaft schafft, und zwar ständig.
Zu diesem System von faktischer Machtausübung gehören auch schweizerische Multis, etwa Nestlé, Glencore, Novartis und Roche, UBS oder CS usw.. Oder auch Google-Europa. Diese Multis bestimmen wesentlich den Inhalt von Freihandelsabkommen, weil sowohl nationale als auch supranationale Wirtschaftsentwicklungen von ihnen hauptsächlich mitbestimmt werden.
Und zwar durch zweierlei:
1. Sie beherrschen in den Staaten oder etwa in der EU, in denen sie ihren Hauptsitz haben, die politisch-rechtlichen Mechanismen, mit denen Wirtschaftsrecht und Wirtschaftspolitik gestaltet und durchgesetzt werden. Und zwar in Demokratien genau so wie in irgendwelchen Formen von Diktaturen, wie beispielsweise die Schweiz faktisch "lupenrein" zeigt.
2. Sie bewegen sich global in einem politisch gesehen rechtsfreien Raum, weil sie ihre Interessen im Prinzip gerade dann staatsgrenzenlos ausüben können, wenn ihnen irgendwo ein staatliches Gebilde mit Rechtsvorschriften oder Vertragsbestimmungen mit "Einschränkungscharakter" auch nur potentiell in die Quere kommt. Dies ist ein Faktum, keine "Verschwörungstheorie".
Die von Aurel Schmidt genannten Geheimverhandlungen sind ein Instrument, welches auch "die Schweiz" am laufenden Band verwendet. Interessanterweise wird in der schweizerischen Diskussion über das Verhältnis zur EU zwar immer der Aspekt der EU-Bürokratie betont, aber selten bis nie der Profit genannt,geschweige denn kritisch behandelt, den die oben genannten großen "Schweizer" aus dieser Bürokratie ziehen.
Wenn die EU mit den USA Geheimverhandlungen über ein Freihandelsabkommen führt, sitzt die schweizerische Finanz-, Holdings- und Realwirtschaft mit am Tisch, nämlich dort, wo die Interessenvertreter hinter den Politikern und Diplomaten Platz einflüsternd genommen haben. Und zwar sowohl auf der Seite der USA als auch auf der Seite der EU.
Im übrigen: Genau darum entsteht inzwischen innerhalb der EU, vor allem initiiert durch das EU-Parlament, eine Streitbereitschaft, die man als Beobachter gerade bei den Demokratiemangel-Beschwörern der EU in der Schweiz (SVP, aber nicht nur bei diesen) bei allen vergleichbaren politisch-wirtschaftlichen Auseinandersetzungen bisher, sieht man von Minder ab, noch nie erkennen konnte. Ich erinnere da nur mal ganz am Rande an die schweizerische Kartellgesetzgebung! Alois-Karl Hürlimann, Berlin "Gemeinwohl-Ökonomie hat Potenzial" Der Begriff Gemeinwohl-Ökonomie, das Wirtschaftsmodell mit Zukunft, trägt das Potenzial in sich, hierfür wegweisend zu sein! www.gemeinwohl-oekonomie.org/de
Besten Dank für Ihre längst überfällige Wortmeldung in dieser Sache. Bruno Rossi, Gelterkinden "Wer mitgestalten will, muss in der EU mitwirken" Die EU ist eben doch Europa und umgekehrt. Auch Aurel Schmidt skizziert schlussendlich keine andere Option, als die EU zu reformieren, in dieser europäischen Institution eine "bessere" Agenda aufzusetzen. Dies im Gegensatz zu den Nationalpopulisten in England und in Frankreich, die nur ein Ziel haben, die friedliche Zusammenarbeit der Nationalstataten zu zerstören und nicht weiterzuentwickeln. Wer Europa mitgestalten will, muss in der EU mitwirken – oder wenn er oder sie kann, an den Europawahlen teilnehmen. Es gibt keine Entmündigung, das ist eine unsachliche Darstellung der EU, die ich in dieser Art sonst nur in den BaZ-Wochenkommentare lese. Wer besserwisserisch meint, der Vertrag von Lissabon habe es "nicht gebracht", verkennt die Herkulesaufgabe, welche die EU und ihre Organe nach der Finanzkrise und mit der Osterweiterung für ein friedliches Europa zu lösen versucht. Die EU war und bleibt immer "work in progress". Europapolitisch den grossen Wurf zu fordern ist wenig europäisch und berücksichtigt eben gerade die thematisierte Vielfalt und Verschiedenartigkeit nicht. Eric Nussbaumer, Nationalrat, Frenkendorf "Die SVP macht solche Fehler nicht" Der Inhalt dieses lesenswerten und geistreichen europakritischen Artikels müsste einer breiten Öffentlichkeit im In- und Ausland zugänglich gemacht werden. Wie aber kann das gemacht werden? Seine vorliegende Form und Wortwahl ist allerdings auf einem so hohen akademischen Niveau, dass man damit die armen Bünzlis mehrheitlich nicht nur nicht erreicht, sondern sogar überfordert und abschreckt. Niemals macht die SVP in ihrer brutal plumpen Sprache solche Fehler, wohl aber die linke und grüne Presse. Das ist betrüblich. Chirstoph Senn, Arlesheim |
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