Wohnhäuser, Gewächshäuser: Ungelöst
Von PETER KNECHTLI
Wenn immer irgendwo in Basel eine Hausbesetzung stattfindet, treffen auf der OnlineReports-Redaktion anonyme Mails ein: neulich von einem beppo@immerda.ch. Diese Adresse stehe auch für Fragen zur Verfügung. Schluss der Nachricht: "Grüsse ZÄT BAP". Solche Meldungen wecken nicht unser Vertrauen. Wir gehen akut nicht auf sie ein.
In den siebziger und achtziger Jahren standen Hausbesetzer mit ihren Namen und ihrer Verantwortlichkeit zu ihrer Aktion. Sie veranstalteten spontane Pressekonferenzen und sie verschanzten sich in ganzen Gruppen in den Gebäuden, um auf Massenkündigungen und "Luxus-Renovationen" aufmerksam zu machen – Beispiel Florastrasse oder Ryffstrasse. Es entstand eine kontroverse öffentliche Debatte darüber, wie sich Bewohnerinnen und Bewohner mit knappem Budget eine Wohnung zu erschwinglichen Preisen noch leisten können.
Die Wohnraum-Knappheit ist damals wie heute ein Thema, das ungelöst ist. Sonst hätte nicht eine Mehrheit der Basler Stimmberechtigten Mitte Juni gleich alle vier aus Mieterkreisen lancierten "Wohnungs-Initiativen" gutgeheissen, darunter eine Forderung, die das "Recht auf Wohnen" in der Basler Verfassung verankern will. Das Volk der Mieter hat der rot-grün dominierten Regierung den Handlungsbedarf aufgezeigt.
"Es ist so etwas wie eine
Wohnschutz-Revolution ausgebrochen."
Ein neueres Phänomen sind die sogenannten Schein-Besetzungen, bei denen öffentlichkeitswirksam mächtige Kampf-Transparente an die Fassaden gehängt werden wie neulich an der Elsässerstrasse 128 bis 132. Aber gerade mal zwei vermummte Personen sollen sich in den Gebäulichkeiten aufgehalten haben.
Die Wohnhäuser im historischen Baustil erscheinen von aussen gesehen gut erhalten. Ihr Abbruch provoziert in breiten Kreisen Kopfschütteln. Aber rechtlich ist dagegen in einem liberalisierten Wohnungsmarkt nichts zu machen: Die Häuser befinden sich weder in der Schutz- noch in der Schonzone. Der Abbruch zwecks Neubau ist legal – ob er auch legitim ist, ist eine andere Frage.
Um eine weitere Scheinbesetzung handelt es sich offenbar bei der Aktion zur Nutzung des Gewächshauses der "Urban Farmers" auf dem Lok-Depot. Die "Besetzlinge" (wie sie sich nennen) wollen das seit dem Abbruch des Versuchs mit Fischen und städtischen Nahrungsmitteln leer stehende Gewächshaus weiter betreiben.
Auch hier: Wer hätte nicht Verständnis dafür, das millionenteure werthaltige Glashaus zumindest vorübergehend zu nutzen, statt es vor sich hin gammeln zu lassen. Immerhin wurde das vorzeitig gescheiterte Projekt mit Steuergeldern des Bundes in Millionenhöhe mitfinanziert.
Auf anonyme Mails von "immerda.ch" reagieren wir nicht mit Rückfragen. Wir unterhalten uns nicht mit Phantom-Aktivisten. Es gilt die alte und bewährte Regel: Wer etwas zu sagen – und zu fordern – hat, steht mit seinen Namen dazu.
Im Falle der Gewächshaus-"Besetzung" haben wir eine Ausnahme gemacht, weil der Redaktion der Name der tatsächlichen Kontaktperson bekannt ist. Die "Besetzlinge" beklagen sich, dass die Christoph Merian Stiftung mit ihnen nicht in Verhandlungen über die Nachnutzung des Gewächshauses tritt. Ergingen etwa die Anfragen – soweit sie tatsächlich erfolgt sind – auch anonym?
Ob tatsächliche Besetzungen oder Scheinbesetzungen: Sie waren damals und heute ein Ausdruck dafür, dass die Politik im Umgang mit leerstehenden Räumen, für die Bedarf besteht, hilflos wirkt. Es ist so etwas wie eine Wohnschutz-Revolution ausgebrochen.
Das zeigt sich auch an der Zonenplan-Vorlage, welche die Basler Regierung dem Grossen Rat vorgelegt hat. Sie wird von ihren Gegnern schon als "verfassungswidrig" bezeichnet, weil sie die neuen Bestimmungen der "Wohnungs-Initiativen" missachte. Die Kämpfe dürften an Schärfe zunehmen.
27. Juni 2018
"Neubau folgt den Zielen der Stadtentwicklung"
Als Grundeigentümerin der Liegenschaften an der Elsässerstrasse haben wir Ihren Artikel mit Interesse gelesen. Die neutrale Darstellung gibt die wesentlichen Fakten zum Thema Hausbesetzung korrekt wider.
In der Tat ist es so, dass unsere Liegenschaften einem Neubau weichen müssen. Gutachten haben gezeigt, dass eine umfassende Sanierung der Gebäude und insbesondere des erst in den 50er-Jahre gebauten Hinterhaus auch wegen der Lage massive Kosten verursachen würde, welche sich mit einer unveränderten Gebäudestruktur unmöglich rentabilisieren lassen.
Ein Neubau schafft die Möglichkeit, die Wohnfläche beinahe zu verdoppeln, und dies zu vernünftigen Mietkonditionen. Wir schaffen also den dringend benötigten, zusätzlichen Wohnraum, was durchaus im Interesse der Stadt Basel und dem Raumplanungsgesetz liegt, welche die innere Verdichtung propagiert. Der Neubau wird zudem, anders wie bisher, behindertentauglich sein und alle energetischen Anforderungen moderner Bauweise erfüllen müssen. Wir verzichten gänzlich auf Parkplätze und schaffen dagegen über 70 Stellplätze für Fahrräder.
Ein Abbruch ist daher aus unserer Sicht nicht nur legitim, sondern folgt den langfristigen Zielen der Stadtentwicklung der Stadt Basel.
Eric Haegler, Areion Management AG, Frenkendorf