Zionistenkongress: Basel hat Chance verpasst
Ich oute mich jetzt: Ich finde es – auch wenn viele Politiker sich anderweitig geäussert haben – schade, dass der Zionistenkongress Ende August 2017 nicht nach Basel kommen kann.
Die Verweigerung der Basler Regierung kann ich zwar aus sicherheitstechnischen Gründen verstehen, dennoch bleiben viele Fragezeichen.
Zur Erinnerung: Die Zionistische Weltorganisation wurde vor 120 Jahren in Basel im Stadtcasino gegründet. Bei dem ersten Kongress im Jahre 1897 wurde folgendes Ziel – als "Basler Programm" bekannt – formuliert: "Der Zionismus erstrebt die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina für diejenigen Juden, die sich nicht anderswo assimilieren können oder wollen." Insofern hat also Basel für die Gründung des späteren Staates Israels eine weitreichende Bedeutung und es ist selbsterklärend, dass die jüdische Gemeinde ihre Jubiläen sehr gerne an diesem Gründungsort feiert.
Ich kann mich noch sehr an die 100 Jahr-Feier in Basel 1997 erinnern. Auch damals war die ganze Region in Aufregung und der Zionistenkongress wurde in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. So habe auch ich, als damals 14-Jähriger, mich mit meiner Familie über das Thema unterhalten und erst dadurch sehr viel mehr über die gemeinsame Geschichte der Zionisten und Basel erfahren. Ich empfand dies als bereichernd: Das Thema des Judentums und die Anliegen der Israelitinnen und Israeliten konnten einer breiten Bevölkerung noch etwas vertiefter vor Augen geführt werden.
"Ich behaupte, dass ein solcher Anlass
durchführbar gewesen wäre."
Entsprechend empfand ich die Ankündigung letztes Frühjahr als sehr positiv, dass der israelische Staat und namentlich der Ministerpräsident Israels, Benjamin Netanyahu, diese Jubiläumsfeier Ende August in Basel plant. Die Stadt wäre dadurch ins Schaufenster der internationalen Politik gerückt und hätte mit diesem Grossanlass sehr viel zum gemeinsamen Verständnis zwischen Christen- und Judentum beigetragen.
Gerade in der heutigen Zeit mit ihren vielen weltweiten religiösen Konflikten und einem noch immer sehr ungeklärten Verhältnis zwischen Israel und Palästina wäre ein solcher Anlass hoch interessant gewesen. Zumal gerade die Rolle der israelischen Schutzmacht USA derzeit ebenfalls unklar ist und vielleicht sogar mit dem Besuch einer hochkarätigen US-Delegation hätte international geklärt werden können.
Nun ist aber die Organisation dieses Anlasses offensichtlich zu wenig rasch vorangeschritten. Ich habe in den vergangenen Wochen mit einigen Bürgern Israels sprechen können. Natürlich war die Zeit sehr knapp und natürlich ist ein Land wie Israel eher in der Lage, ein solches Gross-Ereignis kurzfristig sicherheitstechnisch zu stemmen. Aber vielleicht sind unsere diesbezüglichen Abläufe auch einfach zu träge. Ich behaupte, dass ein solcher Anlass durchführbar gewesen wäre.
Zweifelsohne wäre es ein grosser sicherheitstechnischer und logistischer Aufwand für die hiesigen Behörden gewesen, und die Rolle der Eidgenossenschaft als Partner des Kantons Basel-Stadt in der Umsetzung dieses Anlasses wäre umso wichtiger gewesen. Wir erleben in Basel regelmässig – und auch ganz kurzfristig – viele Veranstaltungen, die sicherheitstechnisch eine Herausforderung sind. Weshalb sollte nun also gerade diese nicht möglich sein?
Gerade weil Basel in der Geschichte des Judentums und des Staates Israels eine so wichtige Rolle hat, wäre der Jubiläums-Kongress umso wichtiger gewesen. Es wäre deshalb begrüssenswert, wenn er baldmöglichst bei uns nachgeholt würde – um letztlich auch die Einwohnerinnen und Einwohner unserer Region auf die Fragen des Judentums wieder neu zu sensibilisieren.
26. Juni 2017
"Unvergleichbarer Glanzpunkt"
Joel Thüring bewertet unaufgeregt die verpasste Möglichkeit unserer Behörden, den Zionistenkongress dieses Jahr in Basel durchzuführen. Er hat recht. Die Tatsache, dass in dieser Stadt, und nicht wie zuvor geplant in München, Theoder Herzl gegen mannigfachen Widerstand den Staat für alle jüdische Menschen proklamiert hat, sollte jeden von uns mit Freude erfüllen.
Gerade auch die schwierigen Umstände und trotz dem Kriegsgeschrei, das von Anfang an gegen Israel von seinen Nachbarn erhoben wurde und nie abgeklungen ist, und auch die Schwierigkeiten, mit den ortsansässigen arabischen Bevölkerungsgruppen zu einer einvernehmlichen Lösung der anstehenden Probleme zu kommen, darf nicht ideologisch gesehen werden, auch wenn in Israel selbst und auch von bestimmten palästinensischen Fraktionen her ein Ausgleich in weite Ferne gerückt oder gar als nicht erwünscht eingestuft wird. Dennoch muss die Haltung grundsätzlich bestehen bleiben, dass Israel für alle Juden die Heimstatt ist und bleibt und alle BürgerInnen in diesem Land so klein wie das Bundesland Hessen in Sicherheit leben können.
Niemals darf die Hoffnung und der Wunsch nach Frieden in und um Israel aufgegeben werden. Zuvorderst gilt es, all denjenigen, die mutig Frieden und Gerechtigkeit in und für Israel suchen, Juden wie Palästinensern, unsere Aufmerksamkeit und Achtung zu schenken, weil sie sich der drohenden Hoffnungslosigkeit durch vielerlei gemeinsame Aktivitäten in Kultur, neuen Technologien, Wirtschaft, Landwirtschaft und Gesundheitswesen entgegenstemmen.
Dass Basel der Ausgangspunkt für die Gründung des Staates Israel ist, bleibt für die Stadt ein unvergleichbarer Glanzpunkt in ihrer Geschichte.
Stephan Jon Tramèr, Basel