Die Post verschwindet, der Begriff bleibt
Während früher "eingekauft" oder "kommissiönlet" wurde, oder schlicht "Kommissionen gemacht" wurden, wird heute gepostet, natürlich mit dem trendigen, englisch anmutenden "o", das als "ou" ausgesprochen wird. In der Schweiz behauptet sich allerdings – zumindest bis jetzt – die Aussprache des Begriffs "Post" und des Verbs "poschte" für "einkaufen" noch ohne Doppelvokal, also mit einem herkömmlichen "o",wie es sich in anderen Anglizismen wie zum Beispiel Hostess und Overall bis jetzt gehalten hat.
Wobei, angesichts der Tatsache, dass die Postfilialen, solange es sie noch gab, nebst Briefmarken noch allerlei branchenfremden Krimskrams vom Kaugummi über die Nagelfeile bis hin zum Knäckebrot feil gehalten haben, wäre die Wendung "i gang uff d Poscht go poschte" gar nicht so abwegig.
Und heute sind wir so weit, dass man, wenn einem der Sinn nach einer Personenwaage, einem Blutdruckmesser oder einem Gartengrill steht, dies problemlos bei der Post posten, beziehungsweise poschte kann und muss es erst noch nicht nach Hause tragen, sondern kann es an der Haustüre entgegennehmen.
"Der Übergang vom Blödern zum Blödeln
ist oft gleitend."
Was aber, wenn die Waage oder der Gartengrill während der Garantiefrist den Geist aufgibt? Holt diese dann der Pöstler – so es diese Berufsgattung dann überhaupt noch gibt – ab zur Reparatur? Oder muss man damit zur Post? Das wäre mit der Waage ja noch machbar, mit dem Gartengrill auf Rädern hingegen würde man auf dem Weg zur Post wohl eher eine Lachnummer abgeben. Umso mehr als seit der erfolgten grosszügigen Ausdünnung der Poststellen die nächste Filiale nur für die wenigsten Kunden gleich um die Ecke ist.
Genug gelästert. Nur eines noch: So bequem das Einkaufen zu Hause vom Schreibtisch aus am Laptop oder vom Sofa oder vom Bett aus – es soll sogar Leute geben, die ihren Laptop mit aufs Klo nehmen – von wo aus auch immer, etwas kommt zu kurz: der direkte Kontakt von Mensch zu Mensch, bei dem sich Gefühle, Erwartungen und Reaktionen nicht nur im Gespräch, sondern darüber hinaus in der Mimik, der Stimme und der Körpersprache des jeweiligen Gegenübers ablesen lassen können.
Dasselbe gilt natürlich auch, und erst recht, für die Kommunikationsart des "chattens". Dieses neudeutsche Wort, das übrigens bereits seit dem Jahr 2000 im Duden angeführt wird, heisst soviel wie plaudern, schwatzen, tratschen, parlieren, kurz: sich auf ungezwungene Weise unterhalten.
Und übrigens: Geplaudert wurde schon im 14. Jahrhundert, damals noch unter den Begriffen "plüdern", plödern oder blödern.
Wobei der Übergang vom Blödern zum Blödeln oft gleitend ist. Aber schämen muss man sich fürs Blödeln überhaupt nicht, im Gegenteil. Es soll nämlich psychohygienisch von grossem Nutzen, sprich wohltuend sein.
Also: Auf lasst uns blödeln!
8. Juni 2015
"Brief unf Läufelfinge"
A propos blödeln:
Wie chunnt e Brief uf Läufelfinge?
Marge druff und sälber bringe!
Georg Schnell, Laufen