Die Krone: Silberfelchen und Cervelats
Dem glühend heissen Kontinentalklima Pekings mit der verpesteten Luft entronnen, lebt und schlemmt es sich an den Gestaden des Neuenburgersees wie im Paradies. Diese Aussicht auf sattgrüne Matten mit Kirschbäumen, das Schlösschen und den fernen See! Diese Luft, selbst bei hohen 20er Graden am frühen Abend noch frisch und wohltuend einzuatmen. Kurz, die Auberge de la Couronne in Font ist mein kleines Gourmet-Refugium.
Das Dorf Font liegt im Kanton Fribourg und gehört – nach gehabter Volksabstimmung im letzten Oktober – seit wenigen Monaten politisch zum dominierenden Nachbarort Estavayer-le-Lac. Der exzellente Wein aber wird auch in Zukunft den Namen Font tragen, präziser "Château de Font". Das gleiche lässt sich vom lokal gebrannten Kirsch sagen. Allerdings ist die diesjährige Kirsi-Ernte zu einem grossen Teil Unwettern zum Opfer gefallen und mithin der Ausstoss gebrannter Wasser etwas zurück und die Preise nach obengegangen.
Die Patrons der "Auberge de la Couronne" sind echte Einheimische. Sie heissen Antoine und Imelda Brasey. Der Name Brasey ist in Font häufig, allein fünfzehn mal im Telephonbuch verzeichnet. Antoine besorgt mit Bravour die Küche und Imelda mit Können und Charme das Service. Die Auberge ist ein Mittelpunkt des kleinen Dorfs, dort treffen sich etwa der Gesangs- und der Schützenverein. Vom Blickwinkel der 20-Millionen-Stadt Peking aus betrachtet ist das eine intakte Idylle.
Jenseits von Idylle ist wunderbare Realität das, was die Braseys auf den Tisch zaubern. Die Fondue moitié-moitié sucht ihresgleichen selbst im Canton de Fribourg. Davon und vom begleitenden vorzüglichen lokalen Kirsch soll hier jedoch nicht die Rede sein. Schliesslich sind wir selbst jetzt noch mitten im Spätsommer. Nein, der Fischkoch Brasey soll hier gelobt werden. Nebenbei sei hier noch hinzugefügt, dass der Fischkoch im Sommer auch den besten Cervelat-Käse-Salat der Schweiz komponiert, finde ich. Gourmet-Köche essen
das allenfalls privat, aber Brasey zelebriert das Schweizer National-Gericht ohne falsche Scham, einfach und delikat,Wursthaut aus China inbegriffen. Aber es schmeckt. Und wie. Das Rezept bleibt ein Geheimnis zwischen mir und dem Fischkoch ...
Mit Fischen ist das so eine Sache. Felchen heissen nicht überall Felchen, Röteli nicht Röteli oder Egli nicht Egli. Als moderner Zeitgenosse kann man sich heute auf dem Netz der Netze kundig machen. Dort habe ich für den frisch aus dem Neuenburgersee geangelten Fisch folgenden Eintrag gefunden: "Goregonus ist eine Gattung von Fischarten aus der Ordnung der Lachsartigen (Salmoniformes). Deutsche Namen sind Felchen, Reinanken, Renken, Coregonen, Schnäpel, Maränen etc. Dabei kann ein deutscher Name für verschiedene Arten stehen, viele Arten haben mehrere Namen je nach Region." So weit, so verwirrend. Im Französischen, Englischen oder Chinesischen ist es ähnlich.
Was wir jedenfalls in der "Auberge de la Couronne" in der abendlichen Sommersonne und einem lauen Lüftchen aus Nord-Nord-West genossen, waren französisch und deutlich Bondelles, die für die Gegend des Neuenburgersees berühmten Silberfelchen. Les Bondelles Fumées übrigens sind eine Spezialität der Region, die auch bis ins ferne Basel, Bern, Lausanne oder Zürich exportiert werden. Denn noch gibt es an den Ufern des grössten Schweizer Sees einige Berufsfischer.
Die Filets de Bondelles von Koch Antoine schmeckten vorzüglich. Zusammen mit einem gekühlten Rosé Château de Font war der Sommerabend perfekt. Am Nebentisch assen, mitten im Sommer also, mehrere englische Touristen mit Genuss eine Fondue - warum auch nicht - begossen mit einem Weissen Château de Font. Der designated Driver trank brav Wasser der regionalen Marke "Henniez".
Hier das Rezept zum Fischgenuss. E Guete!!
Filets de Bondelles
(für vier Personen )
Zutaten:
• Zwei Silberfelchen à 350 Gramm
• Schnittlauch
• Petersilien
• Schalotten
• Estragon-Blätter
• Limonensaft
• Butter
• Sonnenblumen-Öl
• Pfeffer, Salz
• Eier
• Mehl
• Weisswein, am besten Château de Font
Zubereitung:
Die Innereien der Silberfelchen ausnehmen, Schuppen mit einem Messer entfernen, Flossen abschneiden, nochmals waschen. Fisch filletieren und auf beiden Seiten leicht mit Mehl bestäuben. Die Bondelles-Filets auf beiden Seiten mit Eigelb massieren, salzen, pfeffern. Danach behutsam mit Limonensaft einreiben. Butter und etwas Sonnenblumenöl in die Kupfer-Pfanne. Zwischen fünf und zehn Minuten braten.
Schnittlauch und Schalottten in einer Kupferpfanne in Butter erhitzen und dünsten. Mit einem Dreier Château de Font Weisswein ablöschen und eindämpfen. In einer Saucière mit den Filets servieren.
10. September 2012
"Schade, dass ..."
Tönt sehr lecker, Peter. Schade, dass Du "meine" Felchen-Chnusperli vom Bielersee letztes Wochenende in Basel verpasst hast!
Christoph Schwegler, Arlesheim