Wie Väterchen Staat mit Sparübungen umgeht
Schmalhans gibt's immer mal. Und damit eine Woche lang Spaghetti, wie ab und zu während meiner Studentenzeit. Die einen statten ihre Kinder mit Kleiderbörse-Kleidern aus, damit es in den Sommerferien ins Reka-Dorf reicht, andere verkneifen sich den Kauf eines Drittwagens zugunsten einer USA-Reise. Sparen tut so mancher ab und zu, und es steigert ja auch die Freude, wenn man sich dann etwas leisten kann. Dümmer bloss, wenn die Zahlen schon rot sind, und die Sparübung nur zum Ziel hat, aus dem Schlammassel heraus zu kommen. Da gibt's doch dieses nette englische Sprichwort: a stich in time saves nine. Willl heissen, dass der, der vorausschaut, besser beraten ist, als der, den die Tatsachen eingeholt haben.
Gespart wird da, wo es am wenigsten weh tut. Ob Secondhand oder Oilily ist den Kindern völlig egal, es sei denn natürlich, sie wurden auf Brands getrimmt, aber lassen wir das. Den Drittwagen kann das Doppelverdiener-Pärchen ebenfalls easy weglassen, hat ja eh schon jeder eine Benzinkutsche. Was lernen wir daraus? Wir sparen dort, wo es uns am wenigsten weh tut.
Das tut auch Väterchen Staat. Von der Legislative zum Sparen verdonnert, wird dort gespart, wo es der Verwaltung nicht, dem Stimmbürger dafür umso mehr weh tut, nämlich am Service public. Weniger Beiträge an Jugendorganisationen, weniger Angebote für die Senioren, weniger Polizisten, weniger Lehrkräfte, kein Geld für die Schulen. Ja, das tut weh, tüchtig weh. Ihnen und mir, der Jugend und den Senioren. Allen, bloss nicht den Damen und Herren in den verschlungenen Katakomben der Verwaltung, die weiterhin während der Arbeitszeit ihre Twitter- und Facebook Einträge posten, Briefmarkensammlungen pflegen, die Zeitung lesen, den Verein verwalten, unbehelligt und während der Arbeitszeit. Keiner kontrolliert, keinen kümmert's.
"Das sind Ohrfeigen an diejenigen,
die den Service public verdienen."
Nicht wahr, wir reden hier nicht von den Staatsangestellten. Es wird viel und sehr gute Arbeit geleistet. Allen voran von den Polizeibeamten und Lehrkräften, denen der Rücken besser freigehalten werden muss. Aber auch von vielen andern, die sich um diese Stadt bemühen, helfen, sich einsetzen. Wir reden von Führungsschwäche.
Wer eine neue Stelle antritt, testet zuerst den Geist des Unternehmens. Lesen morgens alle erst mal gemütlich die Zeitung? Oder werden sofort die Mails abgerufen? Wird in der Pause ausgestempelt, oder hängen alle frisch fröhlich während der Arbeitszeit im Pausenraum rum? Kontrolliert der Boss, was einer so einen Tag lang vollbringt, erfasst er die produktiven Zeiten, oder dümpelt alles so vor sich hin? Das sind so die Dinge, die wir meinen. Und dieser Geist ist bei Väterchen Staat von Departement zu Departement und von Amt zu Amt ein anderer. Genau wie in der Privatindustrie. Eine Frage der Führung des Unternehmens, hier wie dort. Es ist menschlich: Wer in einem Team landet, welches mangels Führung ein Flohnerleben führt, passt sich umgehend an. Manchen wird's irgendwann zu langweilig, die meisten aber finden es saumässig bequem so.
Die Zeiten sind hart, die lokale Wirtschaft läuft auf dem Zahnfleisch, und Besserung ist nicht in Sicht, im Gegenteil. Die Steuereinnahmen werden sinken. Was aber macht unsere Exekutive? Sie spart am Bürger, und stellt weiterhin unbesehen Personal ein. Wofür auch immer. Trötzelet. Wird das Budget gekürzt, gibt's halt keine Unterstützungen mehr für Jugend und Sport, sollen die doch sehen, wo sie ihre Skier ausleihen, die Schüler, im Winter. Wir sollen sparen? Also gut, aber da, wo wir wollen, nämlich dort, wo es uns nicht weh tut, nur Euch.
Das sind Ohrfeigen, liebe Exekutive, Ohrfeigen an diejenigen in der Stadt, die den Service public verdienen, die Jungen und die Senioren, und es sind Ohrfeigen an alle Unternehmer, Gewerbler und Beizerinnen dieser Stadt, die tagtäglich von morgens bis abends rackern, um die Stadt am Leben zu erhalten, und die trotz Frankenstärke, Masseneinwanderungs-Initiative, Behördenkram und weiteren Erschwernissen den Karren am Laufen halten, solange sie können. "Botty" konnte nicht mehr, "Kost" gab auf, "Huber Schuhe" ebenfalls, und viele andere. Es bröckelt.
Die Exekutive muss nun Solidarität zeigen. Bei sich selber sparen. Sonst wird sich der Grosse Rat einen Personalstopp überlegen müssen. A stich in time saves nine. Gilt auch für den Staat. Eigentlich.
22. Juni 2015
"Tonalität wie von der SVP"
Sehr geehrte Frau Strahm, Ihre Vorwürfe gegen Mitarbeitende der Verwaltung lassen jeglichen Respekt und Anstand gegenüber diesen Menschen vermissen. Diese Tonalität und fehlende inhaltliche Abstützung bin ich sonst eher von der SVP gewohnt. Dort sind es die Ausländer, bei Ihnen die Staatsangestellten. Über eine Entschuldigung würden sich vermutlich viele Personen freuen.
Florian Mathys, tätig in der Privatwirtschaft, Basel
"Nirgends Belege"
Was mag wohl die gelernte Juristin bewogen haben, zu derart abwegigen Sprüchen zu greifen wie die "Damen und Herren in den verschlungenen Katakomben der Verwaltung, die weiterhin während der Arbeitszeit ihre Twitter- und Facebook Einträge posten, Briefmarkensammlungen pflegen, die Zeitungen lesen, den Verein verwalten, unbehelligt und während der Arbeitszeit. Keiner kontrolliert, keinen kümmerts"?
Gewiss, eine Kolumne ist eine "carte blanche" für die AutorInnen – aber, pardon, solch populistischen Blödsinn zu verbreiten, dafür ist dann doch das Gefäss eigentlich zu schade, zumal nirgends Belege für die Behauptungen zu finden sind. Das Bild, das die Autorin von der Exekutive und der Verwaltung skizziert, kommt für die pauschal Diffamierten jenen Ohrfeigen gleich, welche die "rackernden Unternehmer, Gewerbler und Beizerinnen" angeblich dauernd von den Behörden kassieren müssen. Wie lautet doch das elfte Gebot, an PolitikerInnen gerichtet: Selig sind die, die nichts zu sagen haben und es trotzdem für sich behalten.
Henri Leuzinger, Rheinfelden
"Exekutive wird von der Verwaltung geführt"
Oh – wie mir dieser Artikel aus dem Herzen spricht! Ich vermute ja schon lange, dass die Exekutive eigentlich von den gewählten Politikern gar nicht geführt wird, sondern einzig und alleine von der Verwaltung, die primär ihre Pfründe ausbaut, erhält und bewahrt. Die Abhängigkeit der Politiker von ihren Verwaltungen, die bekanntlich jeden vom Volk gewählten "Chef" locker aussitzen und am Kälberseil durch den Alltag abseits der schönen Reden und Apéros führen, dürfte wohl der Grund für diese unhaltbare "Politik" sein.
Peter Waldner, Basel