Matteo Gao: Bruschetta zum Apperitivo
Kulinarisch gesehen haben China und Italien einiges gemeinsam. Miantiao und Jiaozi sind den Chinesinnen und Chinesinnen das, was den Italienerinnen und Italienern Spaghetti und Ravioli sind. Kurz Mianshi gleich Pasta. Noch heute streiten sich die Gelehrten darüber, ob Marco Polo am Ende des 13. Jahrhunderts Jiaozi und Miantiao mit nach Italien gebracht hat und daraus dann eben Ravioli und Spaghetti wurden. Jeder chinesische Reiseführer erzählt die Geschichte genüsslich den ausländischen Touristen, mit andern Worten: China hat – ausser dem Rad ... – alles erfunden, nicht nur das Pulver, sondern auch die Ravioli.
Wie dem auch sei, Gao Gan (Bild) hat darüber keine feste Meinung. Er will sich in diesem Historiker-Streit nicht festlegen, denn schliesslich sind in seinem Restaurant "Capri" im Zentrum von Peking fast die Hälfte ausländische Touristen und in Peking ansässige europäische und amerikanische Geschäftsleute. Gao Gan, 31 Jahre alt und stolzer Vater einer fünf Monate alten Tochter, stammt aus dem Bergdorf Shou Xian in der Provinz Anhui im Zentrum Chinas. Nach der Mittelschule folgt die Gewerbeschule mit einem Diplom als Koch. Er arbeitet zunächst in einem chinesischen Restaurant in seiner Heimatprovinz.
Gao Gan träumte jedoch wie viele Chinesen davon, eine Stelle in einer Grossstadt, am liebsten in Peking, zu finden. Sein gut vernetzter Gewerbeschullehrer wusste von einem Job, aber nicht in einem chinesischen, sondern in einem italienischen Restaurant. So fing Gao Gan vor zehn Jahren im "Adria" an, wo er Italiens Küche von der Pike auf erlernte. Ein Jahr lang wurde er auch als Pizzaiolo ausgebildet. Seinen damaligen neapolitanischen Lehrmeister verehrt er noch heute. Von ihm hat er auch seinen italienischen Namen erhalten. Matteo nämlich.
Vor vier Jahren machte sich Matteo selbstständig und eröffnete sein Restaurant "Capri". Denn sein napolitanischer Pizza-Lehrmeister hatte immer von Capri geschwärmt. Das tut jetzt auch Matteo. Obwohl er noch nie in Italien war, hofft er das in nicht allzu ferner Zukunft nachzuholen. Er kann das dann als Besitzer eines italienischen Restaurants als Bildungsreise von den Steuern abziehen ...
Im Pekinger "Capri" gibt es alles, was das italienische Herz kulinarisch begehrt. Handgefertigte Spaghetti vom Feinsten, mit Liebe zubereitete Gemüse-Ravioli. Die im Holzofen gebackene Pizza allerdings ist mein Lieblingsgericht. Die beste Pizza östlich von Neapel, finde ich. Aber wie gesagt, de gustibus non est disputandum (über Geschmack lässt sich nicht streiten), denn der "Geliebte Führer" Nordkoreas, Kim Jong-il, würde gewiss Einspruch erheben, hatte er doch für einige Zeit als Pizza-Liebhaber eigens einen Pizzaiolo aus Neapel in Pjöngjang angestellt. Kim Jon-ils Sohn und designierter Nachfolger Kim Jong-eun übrigens hat nichts mehr mit Pizza am Hut. Der 28 Jahre alte Vier-Sterne-General, so geht das Gerücht, bevorzugt Röschti mit Bernerplatte oder einen schlichten Cervelat-Salat, ging er doch einst zwei Jahre lang in Köniz (Kanton Bern) zur Schule.
Bei Gao Gan, aka Matteo, beginnt man am besten mit fruchtigem Rose-Wein aus Sizilien, begleitet von Bruschetta. Alles, was auf den Tisch kommt, ist frisch. Matteo besorgt sich täglich Gemüse, Fleisch, Mehl, Speiseöl, und alles weitere auf zwei grossen, offenen Märkten im Chaoyang Distrikt. Olivenöl wird natürlich importiert. Aus Sizilien. Die für die Bruschetta verwendeten Tomaten sind handverlesen, Stück für Stück. Hier ist das Rezept - e Guete!
Bruschetta
• Frische, reife Tomaten
• Olivenöl
• Balsamico Essig
• Frischen Basilikum aus dem Küchengärtchen
• Salz, schwarzer Pfeffer, Oregano
• Knoblauch
• Französiches Baguette oder italienisches Brot
Zunächst Tomaten kurz ins heisse Wasser, dann schälen und in kleine Klötzchen zerschneiden. Knoblauch, Basilikum fein zerhacken. Alles mischen. Oregano, Salz und Pfeffer dazu geben. Damit die Brotscheiben bedecken. Bruschetta dann sieben Minuten im auf 400 Grad vorgeheizten Ofen backen.
21. Februar 2011