Werbung

Foto ZVG
Konservative Kräfte waren gegen das Gleichstellungsgesetz.

Basel-Stadt bekommt ein inklusives Gleichstellungsgesetz

Nach heftigen Diskussionen nimmt der Grosse Rat die Vorlage deutlich an. Gegnerinnen hoffen auf ein Referendum.


Von Alessandra Paone


Wenige Tage vor der Parlamentssitzung wendet sich Margrith von Felten via Mail an die Basler Grossrätinnen und Grossräte: Sie mögen doch bitte nicht aufs kantonale Gleichstellungsgesetz eintreten. Am Mittwochmorgen, am Tag der Debatte, sitzt die Altfeministin auf der Zuschauertribüne. Einst politisierte von Felten selbst im Grossen Rat, als Vertreterin der SP.

Als die Debatte beginnt, steht die 79-Jährige auf, lehnt sich an das Geländer und lauscht aufmerksam dem Votum von Barbara Heer. "Es ist ein besonderer Moment", sagt die Präsidentin der Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission (JSSK). Die SP-Politikerin und Ethnologin ist nervös, es steht viel auf dem Spiel. Für den vorliegenden Vorschlag, die JSSK nennt es Kompromiss, hat es über 20 Sitzungen benötigt. 

 

Streit unter Feministinnen

 

Das neue Gleichstellungsgesetz soll es dem Kanton ermöglichen, neben der Gleichstellung von Frauen und Männern neu auch jene von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans, intergeschlechtlichen und weiteren queeren Menschen (LGBTIQ) zu fördern und Massnahmen gegen Diskriminierung zu ergreifen – beispielsweise durch Beratungsangebote, Informationskampagnen und Sensibilisierungsmassnahmen.

Die Vorlage sorgte in den vergangenen Monaten für heftige Diskussionen und entfachte einen Streit unter Feministinnen. Im Zuge der Debatte bildete sich "eine lose Gruppe kritischer Bürgerinnen" namens Justitia ruft. Diese bekämpft das neue kantonale Gleichstellungsgesetz, weil es ihrer Auffassung nach den politischen Kernauftrag, nämlich die Gleichstellung zwischen Mann und Frau zu verwirklichen, aus den Augen verliert. Führender Kopf von Justitia ruft: Margrith von Felten. 

Schaller: "Gott erschuf Adam und Eva, nicht Adam und Egon."

Von Feltens Mail bleibt jedoch ohne Wirkung. Der Grosse Rat stimmt dem Gleichstellungsgesetz mit 69 zu 15 Stimmen bei 2 Enthaltungen klar zu. 

Zu den Gegnerinnen und Gegnern des Gesetzes gehören neben den Altfeministinnen auch konservative Kräfte, namentlich die SVP sowie Teile der LDP und der Mitte-EVP-Fraktion. Ihre Bedenken kommen während der Debatte teilweise pointiert zur Sprache. 

Während die Liberalen das Grundanliegen des Gesetzes "voll und ganz" unterstützen, jedoch dessen Ausführung kritisieren, lehnt es die SVP gänzlich ab. "Die SVP sagt Ja zu den natürlichen Geschlechtern, Ja, dass Menschen ihre Vorstellung von Sexualität frei ausleben, sie sagt aber Nein zum Genderwahnsinn", betont Beat Schaller. Das Gesetz sei das ideologische Ergebnis jahrelanger Bestrebungen der Trans-Lobby. "Sie können es drehen und wenden, wie Sie es wollen. Gott erschuf Adam und Eva, nicht Adam und Egon."  

Albietz: "Ohne cis kein trans."

Weniger populistisch, aber dennoch dezidiert äussert sich Mitte-Vertreter Daniel Albietz. Er plädiert gegen die Aufhebung des binären Konzepts mit Mann und Frau. Das ganze Leben sei binär, sagt er. Oder anders gesagt: "Ohne cis kein trans."

FDP, GLP, SP und das Grün-Alternative Bündnis stellen sich hinter das Gesetz und betonen, dass damit niemand etwas verliere, sondern alle dazugewinnen. Es gebe nichts zu befürchten, sagt etwa Claudia Baumgartner von der GLP. Als Cis-Frau Mitte 50 habe auch sie von den Errungenschaften der Frauenrechtlerinnen profitiert. Nun sei es aber Zeit, gemeinsam einen Schritt weiterzugehen. 

Auch die SP geht auf die Ängste einiger Altfeministinnen ein, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern in den Hintergrund rücke. "Wir haben uns in der Kommission dafür eingesetzt, dass die juristischen Begriffe von 'Frauen' und 'Männern' erhalten bleiben", sagt Edibe Gölgeli. Die materielle Gleichstellung zwischen den beiden binären Geschlechtern sei nicht erreicht, und der Handlungsbedarf bleibe gross. Die Förderung der Gleichstellung von LGBTIQ sei als zusätzlicher Auftrag zur Gleichstellungsförderung zwischen Frauen und Männern zu verstehen.

 

Von Felten hofft auf Referendum

 

Mit diesem Versprechen kann Margrith von Felten wenig anfangen. "Ich wäre am liebsten jedes Mal aufgesprungen, wenn jemand behauptet hat, dass die Frauen mit diesem Gesetz nicht benachteiligt werden", sagt sie nach der Grossratssitzung am Telefon. "Die Frauen verschwinden, weil alles geschlechtsneutral gemacht wird." Sie befürchtet etwa, dass Schutzräume wie Toiletten oder Garderoben aufgehoben werden. Von Felten stört sich aber auch an der Kategorisierung der Menschen. "Wir sind alle Frauen und Männer."

Barbara Heer ist gerade dabei, ihren Erfolg als Kommissionspräsidentin zu feiern, als OnlineReports sie erreicht. Zu von Feltens Bedenken sagt sie: "Es gab kein einziges Votum, das darauf hingedeutet hätte, dass der Gesetzgeber die Frauen schwächen will." Das Feld der Feministinnen, die dem Gleichstellungsgesetz skeptisch gegenüberstehen, sei gross. "Diejenigen, die aus der Perspektive der Frauenrechte argumentiert haben, konnten wir heute abholen", sagt Heer. Nicht aber diejenigen, die grundsätzlich Vorbehalte gegen LGBTIQ-Menschen hätten.

Tatsächlich hofft von Felten auf ein Referendum.

10. Januar 2024

Weiterführende Links:


 Ihre Meinung zu diesem Artikel
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/echo.gif

"Arme Menschheit!"

Man sollte meinen, wir fallen ins Mittelalter zurück. Ein Streit über die Gleichstellung aller Menschen wäre die einfachste Sache. Die besondere Auflistung aller eventuellen Möglichkeiten ist so ein Unsinn, und darüber wird stundenlang diskutiert. Man sollte meinen, wir haben keine wichtigeren Probleme, als herauszufinden, was für Möglichkeiten es für das Menschsein noch gibt. Arme Menschheit!


Peter Isler, Basel



Was Sie auch noch interessieren könnte

Sportverein für Akademiker:
Mit 99 jede Woche ins Turnen

24. April 2024

Längst pensionierte Mediziner und Chemiker halten sich mit Faust- und Fussball fit.


Mozarts "Requiem":
Vergänglichkeit wird zelebriert

21. April 2024

Opernpremiere am Theater Basel – Romeo Castellucci irritiert und verzückt.


Sinfonieorchester Basel:
Letzte Saison unter Ivor Bolton

19. April 2024

Die Zusammenarbeit mit der Allgemeinen Musikgesellschaft soll ausgebaut werden.


Baselbieter SVP-Basis steht
vor Gewissens-Entscheid

18. April 2024

Der Kommentar von Peter Knechtli zur
Präsidiums-Kandidatur von Peter Riebli.


Reaktionen

Ein Schweizer Vorzeige-Projekt:
20 Jahre "Obstgarten Farnsberg"

16. April 2024

Mit Birdlife-Projektleiter Jonas Schälle
unterwegs in einem Bijou der Biodiversität.


Reizfigur Sarah Regez:
Gefahr eines Absturzes

6. April 2024

Peter Knechtli über die Kontakte
der SVP-Politikerin zu Rechtsextremen.


Reaktionen

Hirnschlag mit 47: Die Geschichte von Patrick Moser

4. April 2024

Der Baselbieter Lehrer und Journalist hat ein Buch über diesen Einschnitt geschrieben.


Kitas in Baselland: Personal und Eltern wandern in die Stadt ab

26. März 2024

Eine Kita-Allianz will verhindern, dass die Situation noch prekärer wird.


Reaktionen

Permatrend muss nach
über 46 Jahren schliessen

22. März 2024

Mit dem Textildruck-Betrieb geht auch ein Stück Baselbieter Unternehmensgeschichte.
 


Regierung kontert den
Herr-im-Haus-Standpunkt

22. März 2024

Peter Knechtli zur Unterschutz-Stellung
der verwüsteten Sissacher Tschudy-Villa.


www.onlinereports.ch - Das unabhängige News-Portal der Nordwestschweiz

© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigene Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.

Auf dieser Website gibt es Links zu Websites Dritter. Sobald Sie diese anklicken, verlassen Sie unseren Einflussbereich. Für fremde Websites, zu welchen von dieser Website aus ein Link besteht, übernimmt OnlineReports keine inhaltliche oder rechtliche Verantwortung. Dasselbe gilt für Websites Dritter, die auf OnlineReports verlinken.

https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"JA zum Gesetz über eine
sichere Stromversorgung
mit erneuerbaren Energien"

SVP Baselland
in einer Medienmitteilung
vom 26. April 2024
zu den Abstimmungsvorlagen
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Die parteiinternen
Klima-Kapriolen haben der Baselbieter SVP zugesetzt.

RückSpiegel

 

Das Regionaljournal Basel veweist in einem Beitrag über die Probleme der Kitas im Baselbiet auf OnlineReports.

Der Klein Report nimmt die Recherche von OnlineReports über Roger Blums Buch über die Basellandschaftliche Zeitung auf.

Die BaZ bezieht sich in einem Artikel über die Zerwürfnisse in der Baselbieter SVP auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Kita-Krise im Baselbiet auf OnlineReports.

BaZ, Baseljetzt und Happy Radio nehmen die OnlineReports-News über das geplante Ministertreffen in Basel auf.

Der Sonntagsblick zitiert OnlineReports in einer grossen Recherche über die Baselbieter SVP-Politikerin Sarah Regez.

Baseljetzt verweist im Bericht über Basler Schiffsunfälle auf ein OnlineReports-Video.

Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.
 

Weitere RückSpiegel

Werbung







In einem Satz


Die Baselbieter Regierung hat Kathrin Choffat und Roger Müller als neue Mitglieder des Bankrats der BLKB für die laufende Amtsperiode bis Mitte 2027 gewählt. 

Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).