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© Foto by Hans-Peter Huser
"Acht erhebliche Diskrepanzen": Tatort Hochschule für Gestaltung und Kunst.

Das böse Ende einer Party-Nacht an der FHNW in Münchenstein

Eine Studentin ist seit einem Streit in der Behinderten-Toilette der Hochschule für Gestaltung traumatisiert. Auch vor Kantonsgericht erhält sie nicht recht.


Von Peter Knechtli


"Ich wünsche mir, dass das Ganze ein Ende nimmt und jetzt abgeschlossen werden kann", sagt der 35-jährige Beschuldigte am Montagmorgen in seinem Schlusswort am Baselbieter Kantonsgericht in Liestal.

Der Vorfall hatte sich im Januar 2019 an der "Open Day-Party" der Hochschule für Gestaltung abgespielt. Die Schule gehört zur Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) und ist am Freilagerplatz in Münchenstein angesiedelt. Der damals 30-jährige Design-Student war nach Mitternacht mit einer Studienkollegin in einen sich dynamisch entwickelnden Streit geraten.

Auf seinen Vorschlag hin begaben sich die beiden in die Behinderten-Toilette im Erdgeschoss, "um dort den Streit zu klären", wie es in der kargen Anklageschrift von Staatsanwältin Caroline Horny heisst.

Eskalation in der Toilette

Weshalb es zwischen den Studierenden, die sich kannten und gar zusammen in eine WG ziehen wollten, zum Streit mit gegenseitigen Handgreiflichkeiten gekommen war, erschloss sich an der Berufungsverhandlung vor Kantonsgericht nicht.

Laut Anklageschrift wurde der Streit in der Toilette aber nicht beigelegt. Vielmehr ist er dort eskaliert: Der Beschuldigte habe seiner Kontrahentin den Weg zur Türe versperrt und ihr damit verunmöglicht, den Raum zu verlassen. Die Mitstudentin gab die Zeitspanne einmal mit "ein paar Minuten", ein andermal mit "bis zu einer halben Stunde" zu Protokoll.

In der fraglichen Zeit soll der Beschuldigte ihr gedroht haben, sie "fertig zu machen" und sie zu schlagen. Zudem soll er sie mit den Händen am Hals gepackt haben. Bei einem anschliessenden Gerangel seien beide zu Boden gestürzt. In der Folge reichte die damalige Studentin gegen ihren Kollegen Strafanzeige ein.

Anklage ohne Überzeugung

Doch die Aussicht auf Erfolg war gering. Nachdem in erster Instanz – was ungewöhnlich ist – selbst die Staatsanwältin den Antrag auf Freispruch des Beschuldigten vom Vorwurf der Drohung und Nötigung gestellt hatte, folgte ihr das Strafgericht im Juni vergangenen Jahres. Doch damit wollte sich die Frau nicht zufriedengeben: Sie legte Berufung ein.

Im Verlauf der aktuellen Verhandlung vor Kantonsgericht, über viereinhalb Jahre nach dem Vorfall, blieben die Hintergründe der Konfrontation in der Toilette weitgehend im Dunkeln. Unbestritten war, dass beide Beteiligten alkoholisiert waren – wie stark, blieb offen – und sich mit Bier beworfen hatten. Der Angeschuldigte verweigerte die Aussage weitgehend.

Zwei entgegengesetzte Positionen

Deutlich hingegen waren die Positionen der Parteien. Der Verteidiger des Angeklagten zog die Glaubwürdigkeit der Klägerin als "Slalomfahrt" in Zweifel und sprach von einem "Rachefeldzug" – wofür, blieb unklar. Zudem sei die Frau unter "Suggestions-Einflüssen" aus ihrem Umfeld gestanden, was zu widersprüchlichen Aussagen zum Ablauf der Geschehnisse geführt habe: "Vielleicht hat sie sich in etwas hineingesteigert."

Der Anwalt der Klägerin wies die Versuche zurück, die Aussagen seiner Mandantin als unglaubwürdig zu taxieren. Vielmehr habe sie sich an die Vorfälle in jener Januar-Nacht "detailliert erinnert". Dass sie sich in eine Trauma-Therapie begeben habe, schmälere nicht ihre Aussagen. Der Vorinstanz warf der Rechtsvertreter vor, "nur auf die Sachverhalts-Darstellung des Beschuldigten abgestellt" zu haben.

Dieter Eglin, der Präsident des Dreiergerichts, hatte einleitend bekanntgegeben, dass nicht weniger als drei unterschiedliche therapeutische Berichte vorliegen, die der Frau eine "posttraumatische Belastungsstörung" attestieren. Ihr Leben sei anhaltend beeinträchtigt.

Doch dies war kein versteckter Hinweis auf den Ausgang des Urteils: Vielmehr sprach auch das Kantonsgericht den Beschuldigten vollumfänglich frei.

"Klassisches Vier-Augen-Delikt"

Ein Urteil dürfe nur ergehen, wenn die Strafbarkeits-Voraussetzungen und ein "sehr hoher Grad an Wahrscheinlichkeit" gegeben seien. Gerade "diese Überzeugung hat das Gericht nicht gewonnen", begründete Eglin den Freispruch. In diesem "klassischen Vier-Augen-Delikt" habe es "kaum objektive Beweismittel" gegeben.

In seiner Analyse bemerkte das Gericht in den Aussagen der Klägerin "acht zum Teil erhebliche Diskrepanzen" – so über die Dauer des Aufenthalts in der Toilette, die Anzahl der Würgevorgänge, den Sturz auf den Boden oder angebliche Drohungen des Mannes ("Ich mache Dich fertig").

Verurteilung vor 13 Jahren

Dass der damalige Design-Student vor 13 Jahren wegen versuchter schwerer Körperverletzung und Angriff vom Zürcher Obergericht zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden war, wurde in diesem Verfahren zwar erwähnt, war aber rechtlich unerheblich. Die erfolglose Klägerin ist noch heute in psychotherapeutischer Behandlung.

Weil beide Parteien übergriffig wurden, bleibt unklar, wer für den eskalierenden Streit ursächlich verantwortlich ist: Sowohl die Klägerin wie der Beklagte sind deswegen bereits früher durch Strafbefehle der Staatsanwaltschaft wegen Tätlichkeit zu Bussen rechtskräftig verurteilt worden. Zudem sprach die Fachhochschule für beide eine Verwarnung aus.

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2. Oktober 2023


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