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Aurel Schmidt: "Seitenwechsel"

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Ein Spaziergang im Wald

Die Welt ist in einem permanenten Umbruch begriffen. Wer hin und wieder in einem Wald spazieren geht, dem wird es nicht entgehen, dass die Bäume im Lauf der Zeit ihr Aussehen ändern. Zwischen beschirmender, Schatten spendender Pracht im Sommer und den kahlen Ästen im klirrenden Winterfrost gibt es viele Erscheinungsformen. Auf Entfaltung folgt Rückzug, auf Rückzug neue Entfaltung. Alles kommt und (ver)geht. Wachstum ist nur die Funktion, die diesen Kreislauf hervorruft, also Erneuerung verursacht.

Die Idee einer unendlichen Progression ist daher eine Illusion. Nach 150 Jahren sterben die Bäume ab. Darum sagt man, dass sie nicht in den Himmel wachsen. Unter ökologischen Bedingungen ist Wachstum eine nie aufhörende Auf- und Abwärtsbewegung.

Unter ökonomischen Prämissen ist das ganz anders. Wachsen heisst: Immer grösser werden. Wenn es einmal angefangen hat, darf es nicht mehr aufhören. Die Aussage, dass die Wirtschaft wachsen muss, ist Blendwerk, vor allem aber ein Ding der Unmöglichkeit, nur schon rein rechnerisch. In geschlossenen Systemen beziehungsweise in einer endlichen Welt gibt es keine beliebige Vermehrung, sondern, wie in der Natur, nur Wandel und Veränderung. Oder kybernetisch ausgedrückt: Kreisprozesse und Rückkoppelungsschleifen.

Wenn die Wirtschaft oder konkret ein Unternehmen wächst, geht das auf das Konto von etwas Anderem, zum Beispiel der Konkurrenz, die Einbussen erleidet. In diesem Fall muss man von Verlagerung sprechen. Was an einem Ort hinzukommt, fehlt am anderen. Was die Reichen haben, mangelt den Armen. Sonst hätten alle gleichviel.

Die EU ist eine andere Probe aufs Exempel. Sie verwendet bei den Aufnahmeverhandlungen mit der Türkei nicht den Ausdruck Wachstum, sondern wohlweislich den von Erweiterung, aber damit ist die gleiche Ideologie gemeint. Je grösser die EU wird, desto unbeweglicher wird sie und desto mehr Aufwand muss sie betreiben, um die entstandenen Reibungen zu beheben.

Mit der so genannten Erweiterung will sie den Graben überspringen, der durch eben diese Entwicklung aufgerissen wird. Die Probleme werden nicht gelöst, wenn sie durch andere ersetzt werden. Mit dem Beitritt der Türkei entstehen neue Probleme, und es läge in der Logik der Sache, dass eines Tages die Frage auftaucht, wann zum Beispiel Libyen oder Usbekistan als EU-Kandidaten in Betracht kommen.

Doch aufgepasst. Die Dinosaurer starben aus, als sie zu gross und zu markt- und weltbeherrschend wurden. Und der Untergang Roms setzte im Augenblick seiner höchsten Blüte ein.

Nachdem die Dinosaurier ausgestorben waren, breitete sich in der Fauna eine unglaubliche Artenvielfalt aus. Auf Rom folgte das finstere und barbarische Zeitalter der Völkerwanderung.

„Macht den Zaun nicht zu weit“, riet der Schweizer Nationalheilige Niklaus von Flüe seinen Miteidgenossen. Ein Ratschlag, der in jeder Beziehung und jeder Lage beachtenswert ist.

Ein Spaziergang im Wald kann manchmal sehr anschaulich und lehrreich sein.

27. Dezember 2004
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Aurel Schmidt, Jahrgang 1935, war bis Mai 2002 Redaktor der "Basler Zeitung" (vorher "National-Zeitung"). Er war mitverantwortlich für das jeden Samstag erscheinende "Basler Magazin" und verfasste zahlreiche philosophische Essays, Reise-Reportagen, Kommentare und Kolumnen. Schmidt, der heute als Schriftsteller und freier Publizist in Basel lebt, machte sich auch als Autor mehrerer Bücher einen Namen: "Der Fremde bin ich selber" (1982), "Wildnis mit Notausgang. Eine Expedition" (1994), "Von Raum zu Raum. Versuch über das Reisen" (1998). Ausserdem liegen vor: "Lederstrumpf in der Schweiz. James Fenimore Cooper und die Idee der Demokratie in Europa und Amerika" (2002), "Gehen. Der glücklichste Mensch auf Erden" (2006), "Auch richtig ist falsch. Ein Wörterbuch des Zeitgeists" (2009). Zuletzt erschienen: "Die Alpen. Eine Schweizer Mentalitätsgeschichte" (2011). © Foto by OnlineReports.ch

aurel.schmidt@bluewin.ch

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"Das Gebiet Rütschete ist tatsächlich ein bekannter Rutsch- oder Kriechhang."

Stellungnahme in der Volksstimme
vom 26. September 2023
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Überraschung!

RückSpiegel


In einem Artikel über die polarisierende Jungpolitikerin Sarah Regez (SVP BL) bezieht sich die Basler Zeitung auf OnlineReports.

persoenlich.com vermeldet mit Verweis auf OnlineReports den Wechsel der Basler Journalistin Andrea Fopp von Bajour zur NZZ.

Happy Radio greift den Bericht von OnlineReports über die Deponie Höli Liestal AG auf.

Die Volksstimme bezieht sich in einem Porträt über den freiwilligen Verkehrsregler in Rickenbach, Robert Bussinger, auf einen früheren Artikel von OnlineReports.

Die bz greift den Bericht von OnlineReports über den Eklat am Baselbieter Kantonsgericht mit dem sofortigem Rücktritt eines Vizepräsidenten auf.

Die bz zitiert in ihrem Nachruf auf Hans Rudolf Gysin aus dem OnlineReports-Porträt "Die Hans Rudolf Gysin-Story: Auf der Spur eines Phänomens".

Zahlreiche Medien haben die Nachricht über den Tod von Hans Rudolf Gysin aufgenommen: Basler Zeitung, bz und weitere Titel von CH Media, Prime News, Volksstimme, Bajour, Baseljetzt, SRF-Regionaljournal Basel, Happy Radio, nau.ch.

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In einem Satz


Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).

Am 1. Juni 2024 übernimmt Veronika Röthlisberger die Leitung der Gebäudeversicherung Basel-Stadt von Peter Blumer, der danach pensioniert wird.

Hanspeter Wäspi (57, Rheinfelden) ist neuer Geschäftsleiter von Procap Nordwestschweiz.

Die Leitung der Abteilung Finanzen und Controlling im Erziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt obliegt ab 1. Dezember Thomas Schneider, der die Nachfolge des Bald-Pensionierten Daniel Hardmeier antritt.

Stefan Binkert wird neuer Rektor des Wirtschaftsgymnasiums und der Wirtschaftsmittelschule Basel; er folgt in dieser Funktion auf Patrick Langloh, der ab 1. Januar 2024 die Leitung des Bereichs Mittelschulen und Berufsbildung im Erziehungsdepartement übernimmt.