Turban-Strassenwischer muss Basel verlassenHerber Schlag für den Basler Strassenwischer und Publikumsliebling Dalip Singh Khalsa: Seine Tage hier zu Lande sind gezählt.Basel, 11. Januar 2008Basels berühmtester Strassenwischer, der indische Sikh Dalip Singh Khalsa (55, Bild), muss bis zum 31. Januar aus der Schweiz verschwinden. Davon wurde der Turbanträger gestern in Kenntnis gesetzt. Wie Peter Erismann, Personalleiter im Basler Baudepartement, gegenüber OnlineReports bestätigte, sei der Asylant gestern vom Entscheid des Bundesamtes für Migration in Kenntnis gesetzt worden.
"Damit haben wir nicht gerechnet", sagte Erismann. Man sei nun gezwungen, dem indischen Mitarbeiter den erst kürzlich ausgestellten und bis zum Ende der Euro 08 befristeten Arbeitsvertrag aufzukünden. Die Sozialhilfe der Stadt Basel, die sich um den betroffenen Asylanten kümmert, erfuhr erst durch die Nachforschungen von OnlineReports von der Order aus Bern.
Dies könnte möglicherweise vom Sicherheitsdepartement verhindert werden. Denn in einem Schreiben vom letzten Oktober tönte es ganz anders aus dem Departement von Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass. Damals beruhigte Mediensprecher André Auderset einen besorgten Leser von OnlineReports mit diesen Zeilen: "Herr D. ist weder aktuell noch in absehbarer Zeit von der Ausschaffung bedroht. Und lediglich im Zusammenhang mit seinem - zur Zeit völlig ungefährdeten - Aufenthaltsrecht in der Schweiz besteht eine Zuständigkeit des Sicherheitsdepartements."
Weiterführende Links: "Herr Dalip Singh Khalsa wirkte abwesend und bedrückt" Zufälle gibt’s. Heute Samstagmorgen habe ich auf OnlineReports vom schwer nachvollziehbaren Entscheid aus Bern gelesen. Die Behörden beharren also darauf, dass Basels beliebtester Strassenfeger bis Ende Januar das Land verlassen muss. Und am späteren Nachmittag bin ich dem betroffenen indischen Sikh am Claraplatz dann selber über den Weg gelaufen.
Das ist mir in der Vergangenheit schon mehrmals passiert, und es hat mich jedes Mal aufgestellt. Fröhliche Gesichter muss man hier ja oft mit der Lupe suchen. Und dass erst noch einer wie dieser Strassenfeger Lebensfreude verströmt, dessen Job alles andere als begehrt ist, verdient zusätzlich positiv gewürdigt zu werden.
Doch heute Nachmittag war es ganz anders. Die Lebensfreude war bei Dalip Singh Khalsa wie weggeblasen. Bereits ein ganz kurzer Blick sprach Bände. Er wirkte abwesend, vor allem aber ausgesprochen bedrückt. Ich habe mich ehrlich gesagt nicht getraut, ihn anzusprechen, bereue dies aber im nachhinein. Ich hätte ihm Mut gemacht und ihm folgendes sagen wollen: "Wissen Sie Herr Dalip Singh Khalsa, bei uns in der Schweiz gibt es zwar Gesetze, die für alle verbindlich sind, aber Gesetze sind zum Glück auch Interpretationssache. Wenn Sie 13 Jahre in dieser Stadt tätig waren und nicht zu den geringsten Klagen Anlass gaben – ganz im Gegenteil – müssen sie nicht mehr befürchten, ausgewiesen zu werden. Basel ist eine Humanistenstadt, wenigstens glaube ich das nach wie vor. Zudem gibt es eine Härtefallklausel für exakt solche Leute wie sie. Dass Sie praktisch kein Deutsch verstehen, tut nichts zur Sache. Allein mit Ihrer positiven Ausstrahlung tragen Sie mehr zur Völkerverständigung bei als so viele andere, die die deutsche Sprache zwar beherrschen, aber mit ihrer Zunge das Klima im Lande nur vergiften. Leider kann man solche Leute wegen ihres Schweizer Passes nicht ausweisen. Und dass Sie vom Staat aus Budgetgründen nicht mehr beschäftigt werden können, wie man dies teilweise als Begründung für Ihre Ausweisung hört, ist nur ein schlechter Fasnachtswitz. Denn die Linken beklagen sich ständig darüber, dass es an Putzpersonal mangle. Und die Rechten regen sich über die unsaubere Stadt auf. Das ist ein weiterer Grund, Sie hier zu behalten. Denn auf so fleissige Bienen wie Sie, Herr Dalip Singh Khalsa, können wir in Basel gar nicht verzichten." Markus Sutter, Basel/Berlin "Oft Hilfe von ganz gewöhnlichen Menschen" Die Geschichte von Dalip Singh Khalsa ist ausserordentlich tragisch, sie ist aber keine Seltenheit. Dalipsingh steht für Hunderte von Menschen die es nie in die Zeitung (oder in ein Newsportal) schaffen. In meiner Arbeit erlebe ich Dutzende von Male solche, änliche und schlimmere Geschichten (Menschen, die nicht eingebürgert werden, weil sie vor Jahren mit 70 statt 50 geblitzt wurden, Kinder, die nicht nachgezogen werden können, weil die Grosseltern zu früh oder zu spät gestorben sind, oder politische Flüchtlinge, die abgewiesen werden, weil sie über "sichere Drittstaaten" eingereist sind).
Der einzige Lichtblick ist in solchen Fällen, dass diese Ausländer in der Schweiz oft Hilfe von ganz gewöhnlichen, gutbürgerlichen Menschen erhalten. Es ist immer wieder schön, wenn ich sehe, wie Arbeitgeber oder Nachbarn, welche sich eigentlich keinen Deut um Ausländerpolitik kümmerten, auf einmal vieles hinterfragen. Es ist wichtig, dass das Entsetzen nicht nur unter den Freunden des Multikulti Platz greift. Die Opfer von Dalip Singh Khalsa und der vielen anderen waren nicht vergebens, wenn dadurch ein paar Leute mehr sich die Frage stellen: "Wie kann so etwas bei uns in der Schweiz möglich sein?"
Was wenig bringt, sind die Revolutionsaufrufe der Allesveränderer, genau so wenig wie die Beteuerungen der Beamten und Vollstrecker, welche ihr Verständnis seufzen, bevor sie sich hinter dem nächstgelegen Paragrafen in Sicherheit bringen.
Es bleibt die Hoffnung, dass immer mehr gutbürgerliche Schweizer die Schicksale ihrer Nachbarn, Arbeitskollegen, Mittramfahrer und Strassenfeger erfahren, damit sie an der Urne keine Gesetze schaffen, welche die Schreibtischtätern von der Verantwortung entbindet. Daniel Ordás, Advokat, Basel "So mies behandeln wir ehrliche Leute" Ich bin entsetzt und ich schäme mich dafür, dass wir ehrliche Leute, die arbeiten und nicht dem Sozialstaat zur Last fallen, derart mies behandeln. Das Bundesamt in Bern ist weit weg vom Schuss, aber ich hoffe, dass unsere kantonalen Behörden und Politiker sich für Sikh Khalsa einsetzen werden. Emil Ehret, Basel "Verschont mich künftig vor leeren Phrasen" 1. Ein stadtekannter Strassenwischer aus Indien muss in seine ursprüngliche Heimat zurückkehren. 2. Eine Frau wird von Ihrem Ex-Mann mit dem Tod bedroht, er ist verurteilt wegen Vergewaltigung/Gewalt. Er erhält das psychiatrische Gutachten vor (!?) dem letzten Gerichtstermin, logisch taucht er unter, wird dann verhaftet und gestern wieder freigelassen.
Zwei Meldungen innerhalb von einer Woche in Basel. Rhetorische Frage: Welcher von Beiden muss in sein Heimatland zurückkehren? Lösung Nr. 1 ist korrekt. Die Lösung ist einzusenden an die betreffenden Staatsanwälte, Haftrichter und Politiker, welche für solche Gesetze verantwortlich sind. Aber eine Bitte habe ich noch, liebe Politiker: Verschont mich zukünftig mit leeren Phrasen wie: "Wir müssen nur die bestehenden Gesetze konsequent anwenden." Der zweite Fall zeigt, wie leer und dumm solche Argumente in der Realität sind. Karl Linder, Basel "Das sollte das humanistische Basel nicht hinnehmen" Es wäre wirklich nützlich, in dieser leidigen Sache seitens des Sicherheitsdepartements umfassend informiert zu werden, auf dass man sich gegebenenfalls für Mr. Dalip Singh Khalsa einsetzen kann. Frühere Informationen, von dort machen den jetzt kommunizierten Entscheid völlig unverständlich. Einen Abschub auf die Schnelle - innerhalb von weniger als drei Wochen?! - sollte das humanistische Basel unter keinen Umständen hinnehmen! Patric C. Friedlin, Basel |
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