© Foto by Peter Knechtli, OnlineReports.ch
"Lokomotive für den Klimaschutz": Kandidierende Sutter, Soland, Jans und Mück
Jans will Präsidialdepartement zum Klimadepartement machen
Rot-grünes Viererticket ruft Klimawahl aus: Amt für Umwelt und Energie soll Präsidial-Chefsache werden
Von Peter Knechtli
Beat Jans, der SP-Kandidat für das Basler Präsidialdepartement, plant schon den nächsten Coup: Er will diese Sparte zum Schlüsseldepartement für Umwelt umbauen. Das rot-grüne Vierer-Ticket betonte bei seiner Vorstellung heute Donnerstagmorgen, dass der zweite Wahlgang vom 29. November erst recht zu einer Klimawahl werde.
Der derzeit noch als Nationalrat amtierende Jans erklärte an der Medienkonferenz in der "Markthalle", unter seiner Ägide soll der Klimaschutz "als übergeordnete Aufgabe" dem Präsidialdepartement zugeordnet und so "zu einer Chefsache" werden.
Konkret will er das bisher dem Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt unterstellte Amt für Umwelt und Energie (AUE) ins Präsidialdepartement transferieren, wo sich bereits die Stadtentwicklung und die Nachhaltigkeit befinde, so Jans. Günstig sei auch, das das AUE bald ins neue Gebäude ganz in der Nähe des Rathauses einziehe.
"Experimentierfeld für Kreislaufwirtschaft"
Die Stadtentwicklung soll eine Schlüsselrolle erhalten und "bei der Arealentwicklung den klaren Lead haben" und dafür sorgen, "dass die Bevölkerung früh und intensiv einbezogen wird, dass sie Investoren begrüsst und die Ideen rasch umgesetzt werden können". Die Transformations-Areale sollen zu einem "Experimentierfeld für Kreislaufwirtschaft" werden.
Der vom Grünen Lukas Ott geführte Bereich für Regional- und Stadt-Entwicklung soll dafür sorgen, dass die Fernwärme ausgebaut wird und dass "eine Solarinitiative auf unseren Dächern stattfindet".
Basel als "Umwelthauptstadt Europas"
Zusammen mit Finanzdirektorin Tanja Soland, und den neu kandidierenden Heidi Mück ("Basta") und Kaspar Sutter (SP) stach Jans in der ihm zugedachten Rolle als Motivator und Feuerentfacher hervor. Zu heller Begeisterung auflaufend lobte er Basel-Stadt als einen "grossartigen Kanton mit Ausstrahlung".
Der Tenor war klar: Grünen-Präsident Harald Friedl sagte, der erste Wahlgang mit dem Gewinn von drei Sitzen für seine Partei sei "auch eine Klimawahl" gewesen. "Die Bevölkerung erwartet jetzt, dass wir vorwärts machen." Jans will einen klaren Schritt weiter gehen: "Wir wollen, dass Basel-Stadt eine Lokomotive im Klimaschutz wird." Basel soll in wenigen Jahren als "Umwelthauptstadt Europas" ausgezeichnet werden.
Starke Hausmacht im Grossen Rat
Auf die Frage von OnlineReports, wie viel Zeit die AUE-Verschiebung ins massiv aufgewertete Präsidialdepartement benötige, meinten Soland und Jans, eine Zeitspanne von einem bis zwei Jahre dürften ausreichen.
Die "Riesen-Persönlichkeit" (so SP-Präsident Pascal Pfister) Jans betonte sodann seine "hervorragendene Kontakte" mit andern Schweizer Städten und die "solide Hausmacht", auf die SP und Grüne mit ihren 48 Sitzen im 100-köpfigen Grossen Rat zählen können. Damit, dass er jetzt für das Regierungspräsidium kandidiere, habe er "vor drei Tagen nicht gerechnet – schlicht und einfach darum, weil die Position nicht frei war". Nach dem Rückzug von Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann habe sich diese neue Option ergeben.
Viele motivierende Zuschriften und weil die SP die Partei sei, die im Kanton am meisten Abstimmungen gewonnen habe, hätten dazu geführt, dass er "einfach begeistert" sei von dieser Idee.
Aufkeimender Standesdünkel
An seine Mitkandidierenden gewandt sagte Jans, Kaspar Sutter habe als Eva Herzogs langjähriger Generalsekretär die erfolgreiche Finanzpolitik "mitgeprägt". Heidi Mück vertrete "pointiert linke Haltungen", sei authentisch und "sehr stark verankert in der Region". Als Mutter und Nichtakademikerin – er sprach den aufkeimenden Standesdünkel der politischen Gegner an – verfüge sie über eine "beeindruckende Bodenhaftung, die dieser Regierung sehr gut tut". Zusammenfassend: "Wir sind die vier Neuen, die etwas bewegen können und wollen."
Nach dem ersten Schock über Ackermanns Verzicht auf eine Teilnahme am zweiten Wahlgang sei es zu einem "enormen Prozess gekommen wie ich ihn noch nie erlebt habe", betonte Heidi Mück. Ihre Gefühlslage sei jetzt "daran, sich zu stabilisieren". Ihr wird aktuell widersprüchliches Verhalten vorgeworfen: Nach dem Scheitern des Versuchs, ein Regierungsmandat im Job-Sharing zu betreiben und der Erklärung, deshalb nicht an den Wahlen in die Exekutive teilzunehmen, trete sie nun doch an.
Mücks abweichende Meinungen
Mück meinte dazu, das Grüne Bündnis sei mit 18 Grossrats-Sitzen zur zweitstärksten Kraft im Kanton geworden, was zu einer Positionsänderung geführt habe: "Jetzt stehe ich bereit." Für sie sei die "Idee einer kollektiven Kandidatur" allerdings noch nicht vom Tisch, meinte Mück und bezeichnete sich als Gegnerin eines dritten Hafenbeckens, dem die SP zustimmt, als "Anhängerin einer Postwachstums-Theorie". Von der SP abweichende Meinungen, meinte sie, "müssen Platz haben".
Aus sozial bescheidenen Verhältnissen stammend ("ich komme nicht aus einer mächtigen Polit-Dynastie") will Mück für die Benachteiligten kämpfen. Sie verfüge über einen politischen Leistungsnachweis und sei in der Lage, "neuen Drive" in den Wahlkampf unter dem Motto Klimaschutz und soziale Verantwortung zu bringen. Als Gewerkschafterin habe sie gelernt, Verhandlungen zu führen. Obschon pointiert in ihrer Grundhaltung könne sie "lösungsorientiert arbeiten".
Dass er mit ihr nicht immer einverstanden sei "eine Bereicherung", empfindet Hafenbecken-Befürworter Kaspar Sutter, bevor er unter Bezug auf die Covid-19-Pandemie einem "starken, handlungsfähigen Staat" das Wort sprach. Nach "Corona" sollen die Menschen "weiterhin einen Arbeitsplatz haben und sich sicher fühlen". Laut Sutter ist es, wie das Beispiel Basel zeige, "die SP, die sich für die KMU einsetzt".
Kritik an Stephanie Eymann
Deshalb wäre es "der falscheste Moment, jetzt ein bürgerliches Experimente Laisser-faire- und Abbau-Politik zu wagen". Als Beispiel nannte er den GLP-Vorstoss, der die Ausgaben des Kantons jährlich um 300 Millionen Franken kürzen wollte.
Ökologie-Kritik äusserte Sutter an der LDP-Kandidatin Stephanie Eymann: Seines Wissens habe sie sich "noch nie zu Klimafragen und zum Klimaschutz geäussert". Sie sei "definitiv keine Vertreterin, die sich irgendwie für Klimaschutz eingesetzt" habe und "die falsche Person, um den Klimaschutz auch nur einen Zentimeter vorwärts zu bringen". Tanja Soland verwies auf ihr hervorragendes Wahlergebnis, betonte die soziale Wohnbaupolitik und die "extreme Wichtigkeit, authentisch zu sein. Wir dürfen nicht abgehoben werden".
Zwei Wunschdepartemente
Auf die Frage von OnlineReports nach ihren Wunsch-Departementen ergab sich folgendes Fazit: Mück möchte in das um die "Energie" abgespeckte Departement für Wirtschaft und Soziales (bisher Christoph Brutschin, SP), Sutter ins Bau- und Verkehrsdepartement (bisher Hans-Peter Wessels, SP).
Angesprochen auf einen vor ihr unterzeichneten Boykott israelischer Waren und Güter, sagte Mück, die Position habe sie vor 14 Jahren vertreten, "weil ich meine Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung zeigen wollte, die in einer prekären Situation lebte und immer noch lebt". Sie sei aber weder Mitglied noch Anhängerin der aufrufenden Organisation BDS.
Sie fände es "schon bemerkenswert", dass ihre politischen Gegner eine so alte Geschichte aufwärmten, "nur um mich schlechtzumachen".
Kommentar: "Motivations-Nothelfer Jans greift ein"
Mehr über den Autor erfahren
29. Oktober 2020
Weiterführende Links:
"Ein Problem sind auch die Bremser"
Warum so negativ Frau Nogawa, es gib genügend Beispiele, dass das mit der umweltfreundlichen Energie sehr gut und sicher funktioniert, wenn man nur will. Ein Problem sind halt auch die Bremser der von ihnen so gelobten bürgerlichen Parlamentarier und ihren dazu gehörigen Lobbyisten, da diese leider (noch) nicht zu den Gewinnern dieser Sparten gehören. Da bringt offensichtlich zurzeit das Öl mehr an Gewinn bei den Dividenden ins Portemonnaie.
Bruno Heuberger, Oberwil
"Toll, nimmt Jans den Klimaschutz ernst"
Toll, will Jans den Klimaschutz ernst nehmen. Momentan wird ja nur noch vom zeitnahen Problem geschrieben/gesprochen.
Dabei würden die Folgen eines verschlafenen Klimaschutzes zu einer viel grösseren zukünftigen Krise führen.
,
"Schöne neue sozialistisch/grüne Welt"
Jans möchte gerne Basel zur Klimahauptstadt Europas machen und dafür das Präsidialdepartement nutzen. Es darf nur noch Solarenergie oder sonst "umweltfreundliche" Energie geben. In den umliegenden Ländern wie auch der Schweiz ist es bei diesen Visionen schon fast zu einem totalen Blackout gekommen. Auch die Solarenergie funktioniert dann nicht mehr, denn diese ist auch stromabhängig. Keine Heizung, kein kochen, kein Tram, kein Zug, kein Computer – nichts mehr funktioniert: schöne neue sozialistisch/grüne Welt von Jans und Mück. Da möchte ich doch lieber die bürgerliche Kandidatin Eymann, die im Kopf offenbar noch klar ist.
Alexandra Nogawa, Basel