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Aurel Schmidt: "Seitenwechsel"

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Ökologisch handeln ist vernünftiges Handeln

Nachhaltigkeit ist ein Begriff, dessen Bedeutung sich im Lauf der Zeit oft gewandelt hat. Der deutsche Publizist Ulrich Grober hat in seinem Buch "Die Entdeckung der Nachhaltigkeit" (Kunstmann Verlag) diese Geschichte aufgearbeitet und gezeigt, dass bei allen Bedeutungsverschiebungen ein zentraler Gedanke immer gleich geblieben ist: Nachhaltig handeln ist vernünftiges und als solches auch ökonomisches Handeln.
 
Nachhaltige Ökonomie bedeutet, die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, ohne die absehbaren Bedürfnisse kommender Generationen zu beeinträchtigen. Solange die Providentiallehre galt, war das alles kein Problem. Was geschah, war Gottes Fügung. Mit dem Übergang von der Naturphilosophie zur Naturwissenschaft lernten die Menschen, ihr Schicksal selbst zu gestalten.
 
Die Menschen fingen an zu begreifen, dass es besser war, mit den Ressourcen massvoll umzugehen. Zur Demonstration geht Grober auf die Forstwirtschaft ein, zum Beispiel in England, wo Holz für den Schiffbau und also für das Empire unverzichtbar, aber knapp war und sich 1662 der Grossgrundbesitzer, Gartenarchitekt und Schriftsteller John Evelyn im Auftrag der Royal Academy mit dem Thema der Holzbeschaffung für die Marine befasste.

 

"Im Umgang mit der Natur haben
Moral und Religion nichts zu suchen."


Auch in Deutschland kam dem Wald lange vor der Romantik eine grosse Bedeutung zu. 1713 meinte der sächsische Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz, wir würden uns nicht mehr im Garten Eden aufhalten und müssten der "vegetation der Erde zu Hülffe kommen". Das hiess für ihn: "haushälterischer Waldbau" und "nachhaltende Nutzung".

Bei Carlowitz taucht das Wort Nachhaltigkeit zum ersten Mal in seiner heutigen Bedeutung auf. Weitere sprachliche Exkurse führen Grober durch die Sprach- und Begriffsgeschichte, zum Beispiel, wie Goethe den Ausdruck "Umgebung" vom dänischen Schriftsteller Jens Baggesen übernahm. In der englischen Übersetzung von Goethes Werk durch Thomas Carlisle ging er als "environment" in den allgemeinen Sprachgebrauch ein.

Wenn man die vielen Nebengeschichten dieser Art im Buch verfolgt, entdeckt man bald, dass dem Nachhaltigkeitsbegriff eine eigenständige Kulturgeschichte zu Grunde liegt. Sie macht den anregendsten Teil von Grobers Abhandlung aus.

Auch auf spätere Neuinterpretationen des Begriffs geht der Autor ein. 1865 verteidigte der deutsche Forstwissenschafter und Ökonom Max Robert Pressler in seiner "Bodenertragslehre" die höchstmögliche Verzinsung des im Wald investierten Kapitals. Auch beim Berner Kantonsforstmeister Karl Kasthofer kommt ein wirtschaftsliberaler Übergang von der nachhaltigen Nutzung zum monetären Ertrag des Waldes vor. Die Überlegung dabei ist, dass durch Wachstum und Rendite Nachhaltigkeit finanziert werden könne – eine in hohem Mass fragwürdige Behauptung.

An diesem Punkt setzt eine Inflation der Nachhaltigkeits-Interpretation ein. Berichte zum Thema werden verfasst (Brandt, Brundtland), Konferenzen (Rio) abgehalten. Der unangenehme Eindruck entsteht, dass dabei nicht viel herauskommt.

B
ücher und Artikel, die moralisch ein Umdenken fordern, sind selten erfolgreich. Wenn Grober gelegentlich vom "Allerhöchsten" spricht und in einem krypto-religiösen Ton verfällt, verlässt er seine sonst klar eingehaltene Argumentationslinie.
 
Zu oft wird die Welt idealisiert. Die Natur erst recht. In ihr und im Umgang mit ihr haben Religion oder Moral aber nichts zu suchen, stellte der britische Philosoph Bertrand Russell fest. Die Natur kann ebenso selbstzerstörerisch vorgehen (Tsunamis, Vulkane, Dürren) wie dem Raubbau durch den Menschen ausgesetzt sein – zuletzt jedoch gelangt sie immer an ihr Ziel (Lothar Schäfer, "Das Bacon-Projekt"). Sie ist ein opportunistischer Organismus. Ein Gleichgewicht kennt sie nicht.

Erst wenn wir eingesehen haben, dass wir keine Erklärung für das Universum, in dem wir leben, zur Verfügung haben; erst wenn wir begriffen haben, dass die Natur nicht auf den Menschen angewiesen ist; erst wenn wir sie als unbegreifliche Gegebenheit akzeptiert haben – erst dann ist der Moment gekommen, wo wir in Freiheit entscheiden können, was wir tun wollen, zum Beispiel einen klugen Gebrauch von den Mitteln zu machen, die wir antreffen, also in einem erweiterten Sinn uns für eine überlegte Lebensführung zu entscheiden. Wir können destruktiv sein, aber wir können auch eine andere Wahl treffen und versuchen, dem fragilen und prekären Leben einen Sinn zu geben, der per definitionem unmöglich in Zerstörung bestehen kann.

Diese Voraussetzung machen es möglich, Grobers Buch mit einem ganz anderen Verständnis zu lesen. Seine nirgends direkt ausgesprochene, aber tiefe Botschaft ist es, dass der Mensch bewusst und gut leben und haushälterisch klug handeln kann. Was, wie gesagt, das Gleiche ist.

22. April 2013
 Ihre Meinung zu dieser Kolumne
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Aurel Schmidt, Jahrgang 1935, war bis Mai 2002 Redaktor der "Basler Zeitung" (vorher "National-Zeitung"). Er war mitverantwortlich für das jeden Samstag erscheinende "Basler Magazin" und verfasste zahlreiche philosophische Essays, Reise-Reportagen, Kommentare und Kolumnen. Schmidt, der heute als Schriftsteller und freier Publizist in Basel lebt, machte sich auch als Autor mehrerer Bücher einen Namen: "Der Fremde bin ich selber" (1982), "Wildnis mit Notausgang. Eine Expedition" (1994), "Von Raum zu Raum. Versuch über das Reisen" (1998). Ausserdem liegen vor: "Lederstrumpf in der Schweiz. James Fenimore Cooper und die Idee der Demokratie in Europa und Amerika" (2002), "Gehen. Der glücklichste Mensch auf Erden" (2006), "Auch richtig ist falsch. Ein Wörterbuch des Zeitgeists" (2009). Zuletzt erschienen: "Die Alpen. Eine Schweizer Mentalitätsgeschichte" (2011). © Foto by OnlineReports.ch

aurel.schmidt@bluewin.ch

(Die Kolumnisten sind in ihrer Meinung frei;
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"JA zum Gesetz über eine
sichere Stromversorgung
mit erneuerbaren Energien"

SVP Baselland
in einer Medienmitteilung
vom 26. April 2024
zu den Abstimmungsvorlagen
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Die parteiinternen
Klima-Kapriolen haben der Baselbieter SVP zugesetzt.

RückSpiegel

 

In ihrem Bericht über die Wahl des neuen Baelbieter SVP-Präsidenten zitiert die Basler Zeitung aus einem OnlineReports-Kommentar.

 

Das Regionaljournal Basel veweist in einem Beitrag über die Probleme der Kitas im Baselbiet auf OnlineReports.

Der Klein Report nimmt die Recherche von OnlineReports über Roger Blums Buch über die Basellandschaftliche Zeitung auf.

Die BaZ bezieht sich in einem Artikel über die Zerwürfnisse in der Baselbieter SVP auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Kita-Krise im Baselbiet auf OnlineReports.

BaZ, Baseljetzt und Happy Radio nehmen die OnlineReports-News über das geplante Ministertreffen in Basel auf.

Der Sonntagsblick zitiert OnlineReports in einer grossen Recherche über die Baselbieter SVP-Politikerin Sarah Regez.

Baseljetzt verweist im Bericht über Basler Schiffsunfälle auf ein OnlineReports-Video.

Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.
 

Weitere RückSpiegel

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In einem Satz


Die Baselbieter Regierung hat Kathrin Choffat und Roger Müller als neue Mitglieder des Bankrats der BLKB für die laufende Amtsperiode bis Mitte 2027 gewählt. 

Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).