Neulich im Tram: Mann belehrt Frau
Kürzlich fuhr ich Tram. Wenn ich in Basel bin, tue ich das oft, je nach Bevölkerungsdichte mit oder ohne Maske. Ich also neulich im Tram, und da treffe ich auf einen guten Bekannten, älter als ich, eingefleischtes Mitglied einer frauenfördernden und männerkasteienden Partei.
Im Dialog mit ihm, und vor allem danach, kam mir eine andere Begebenheit in den Sinn. Ich war mit einer Kollegin unterwegs gewesen, die einst als Mann gelebt hatte. Da sie gleich alt ist wie ich, war sie lange Mann, bis sie Frau werden durfte. Eine Leidensgeschichte, aber das ist nicht der Punkt. Sie erzählte, was sie am Frausein am meisten nervt: die Heteromänner und deren Verhalten den Frauen gegenüber. Das hat mich neugierig gemacht.
Ich meine, wir kennen das ja seit ewig, dieses herablassend-wohlwollende Verhalten der Herren dieser Schöpfung, wir nehmen es nicht ernst, sind es längst gewohnt. Haben das auch so gelernt, nett sein, nicht auf den Tisch hauen, Probleme mit Charme lösen, steht dir doch nicht, dieses männliche Getue. Mit Argumenten überzeugen, sachlich, aber um Gottes Willen weiblich bleiben, sonst kriegst du keinen ab. Das Horrorszenario schlechthin: keinen Mann finden.
"Es sind gesellschaftliche Prozesse, da hilft
kein Gleichstellungsbüro dieser Welt."
Verzweifelt geben die Mütter älter werdender Töchter Tipps, Schminktipps, Kleidertipps. Die Marketing-Maschine Mutter, die die Tochter an den Mann bringen muss, läuft auf Hochtouren. Es sind die Mütter, die die Töchter drillen, nicht die Väter. Lebensziel Schwieger- und Grossmutterwerdung – der Mutter, nicht der Tochter.
Und da kommt sie, meine Frau gewordene Bekannte, und tritt selbstbewusst auf wie keine sonst. Natürlich hat sie Unsicherheiten, viel gelitten, ist schüchtern. Aber sie wurde als Junge erzogen, und genau das strahlt sie aus. Und merkt es nicht, weiss nicht, wie es ist, als Frau erzogen zu werden mit der Dauerangst, keinen abzukriegen. Zeitbombe, die Uhr tickt. Kennt sie nicht, lebt ihre Liebe seit vielen Jahren, unbehelligt, tritt souverän auf, keiner kommt ihr wohlwollend-herablassend. Keiner getraut sich, kommt auch nur auf die Idee.
Natürlich gibt es toughe Frauen. Aber die haben einen Lehr- und Leidensprozess hinter sich. Es ist ein stetiger Kampf gegen anerzogene Verhaltensweisen, und zwar jedes Mal, wenn ein Mann sich wieder natürlich überlegen fühlt. Was er nicht ist. Aber die Frau muss sich dies jedes einzelne Mal wieder bewusst machen. Muss merken, dass da wieder ein subtiler Vorgang im Hintergrund läuft, der sie klein macht. Viel kleiner, als sie ist.
Mein Bekannter also im Tram, steht neben mir, die ich sitze, und legt los, mit lauter Stimme, alles hört mit. Was ich am TV richtig gesagt habe, was nicht. Was ich noch besser machen könnte. Meint es doch nur gut, ich höre zu, überlege, ob da was dran ist, wiederhole seinen Input. Lasse mich belehren von einem, der im Leben auch nicht ansatzweise das erreicht hat, was ich erreicht habe, Studium, Beruf, Kinder, Politik.
Erst hinterher frage ich mich: Hätte er wohl einen 67-jährigen Mann mit meinem Leistungsausweis auch so belehrt? Niemals. Es sind gesellschaftliche Prozesse, da hilft kein Gleichstellungsbüro dieser Welt.
Es braucht die Frauen. Die Mütter, die die Söhne anders erziehen als die Töchter. Vergötterung gegen Drill. Noch immer. Das muss aufhören. Hämmert das den Frauen ein, ihr Väter da draussen, kümmert euch. Die nächste Generation, und da bin ich mir sicher, wird ihre Kinder anders erziehen.
Ein Lichtblick für die Zukunft, ganz ohne Gleichstellungspolitik.
2. Januar 2023
"Humanes Besinnen über Irrwege wäre besser"
Ich bin es leid, solche Texte zu zu "geniessen". Aus dieser Ecke der Gesellschaft stammen auch die weiteren Absurditäten wie etwa m/w und neu nun auch noch n (neutral)! Was soll dieses Gerede, bunt gemischt mit Karriere-Tupfen, welche offenbar die Legitimität dieser ständigen Agitationen aus der linken Ecke unterstreichen sollen. Wenn Frau Strahm tatsächlich Humanistin sein sollte, dann wäre ein humanes Besinnen über diese Irrwege wohl besser am Platz: Frau Strahm bringt die Gesellschaft keinen Schritt weiter, sondern macht nur sich selbst interessant!
Dieter Troxler, Rünenberg
"Es gibt eine Wortneuschöpfung"
Schöne Schilderung, die Bilder aufleben lässt. In der heutigen Zeit gibt es eine Wortneuschöpfung für diesen Vorgang, halt aktuell üblich in Englisch: Mansplaining (mehr in Wikipedia).
Erwin Schönholzer, Basel