Der Umfrage-Unfug von eins bis zehn
Liebe Leserin, lieber Leser, wie zufrieden waren Sie mit meiner letzten Kolumne "Alles mit scharf" auf einer Skala von eins bis zehn (eins = sehr unzufrieden, zehn = sehr zufrieden)? Bitte nehmen Sie an unserer Umfrage unter www.blödeumfragen.ch teil und bewerten Sie unsere Kolumnistin Andrea Strahm.
Oder mit der Auskunft, die Ihnen die Swisscom erteilte, wie zufrieden waren Sie damit? Das Gespräch konnte zu Kontrollzwecken aufgenommen werden. Wären Sie damit nicht einverstanden gewesen, hätten Sie die Taste 200 drücken können. Was Sie nicht taten, denn Sie wollten endlich beraten werden, nach all den Entschuldigungen der Stimme ab Band für die ewig dauernde "kurze Wartezeit".
Nach dem äusserst zufriedenstellenden Gespräch mit dem netten Mitarbeiter der Gebäudeversicherung fragte er freundlich, ob er Sie höflich bitten darf, die Umfrage zur Kundinnenzufriedenheit auszufüllen, es wäre sehr wichtig für ihn.
"Kaum sind die Druckerpatronen bestellt,
kommt die Mail: Wie zufrieden waren Sie?"
Tun Sie natürlich, überall eine Zehn. Hatten Sie hingegen nichts als Ärger, weil Sie nach ewigem Gedudel in der Warteschleife bloss arrogant abgefertigt wurden, werden Sie nicht höflichst gefragt, ob Sie an der Umfrage teilnehmen könnten. Denn dumm ist der Herr nicht, kann sich ja selbst ausmalen, dass Sie auf der Skala eine Null ankreuzen würden.
Kaum sind die Druckerpatronen bestellt und bezahlt, kommt auch schon die Mail: Wie zufrieden waren Sie? Eigentlich müssten die Druckerpatronen erst einmal geliefert werden. Aber nein, dafür ist die Post zuständig.
Sind die Patronen dann endlich da, kann zwar gedruckt werden, aber noch bevor die Patronen eingelegt werden konnten, ist auch schon die Mail der Post da, und – dreimal dürfen Sie raten – ja, darin wird gefragt, wie zufrieden Sie mit dem Service der Post waren. Bevor Sie also drucken könnten, müssten Sie zwei Umfragen beantworten, ginge es denn nach dem Willen der Dienstleister.
Ganz grossartig ist im Übrigen die Frage des Druckerpatronen-Lieferanten, ob ich das Produkt meinen Freunden und Bekannten weiterempfehlen würde. Natürlich nicht, ich habe doch keine Ahnung, wer welchen Drucker hat. Das Gerät selbst könnte ich ja empfehlen, oder auch nicht, aber doch nicht das Zubehör.
Gerade eben bin ich einmal mehr in Brissago und habe der Post die Umleitung der Briefpost und die Zurückbehaltung der Paketpost in Auftrag gegeben. Kosten: 14 Franken. Und erhalte, mitten in meiner Abwesenheitszeit, die Bestätigung, dass das Paket zugestellt wurde. In Basel, ins Ablagefach meines Briefkastens.
Unzufriedener mit der "Die Post" könnte ich nicht sein. Immerhin, ein paar freundliche Telefonate später habe ich eine gute Seele in Basel gefunden, die das Paket aus dem Briefkasten nahm und für mich aufbewahrt. Zum Glück habe ich nichts bei Beate Uhse bestellt. Aber lassen wir das.
Im Posteingang finde ich nach erlösendem Telefonat noch immer die Mail der Post mit der Zustellungs-Bestätigung, am Ende das übliche Feld "Bewerten Sie uns". Sechs Sterne kann ich vergeben. Ich gebe null, denn unzufriedener geht nicht. Die Begründung tippe ich ins Feld "Was können wir verbessern? (optional)" und klicke auf das Feld "Bewertung schicken".
"Vielen Dank, Ihre Antworten wurden uns übermittelt" antwortet der Link. Und jetzt? Ich hätte eine Anregung: "Die nächste Umleitung ist gratis, liebe Frau Strahm". Das gäbe eine Zehn für "Erledigung von Beanstandungen".
10. Oktober 2022
"Umfragen können auch ignoriert werden"
Grundsätzlich haben Sie ja Recht, Frau Strahm. Wir empfinden es heute als masslos übertrieben, wenn wir für jeden Vorgang eine Zufriedenheitsumfrage erhalten. Und das ist es ja auch.
Andererseits sollten wir uns in die Lage der Unternehmen versetzen, die heute alles tun müssen, um – bei der Breite an Angeboten – die Kunden behalten zu können. Das bedeutet, sie müssen wissen, ob ihre Leistung gut war. Das geht dann halt nur mit Umfragen. Grundsätzlich können Sie – als Konsumentin – die Umfragen ja ignorieren. Dennoch: Ich finde es persönlich allemal besser als eine Firma, die ihren Auftrag erledigt und keinerlei "aftersales"-Gedanken hat. Also weder eine persönliche Nachfrage noch eine digitale Umfrage.
Daniel Thiriet, Riehen
"Auf den Punkt"
Liebe Frau Strahm, herrlich Ihre Kolumne, Sie bringen es einmal mehr auf den Punkt.
Esther Hug, Aesch
"Grossartige Kolumne"
Ich finde die Kolumne grossartig. Sie gleicht dem Witz: zwei Schauspieler treffen sich.
A) ich habe dich neulich im Tram gesehen.
B) Und, wie war ich?
Hans Stelzer, Basel