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"Die ist ja verkehrt": Sondergast Widmer-Schlumpf, Messe-Repräsentanten Vischer, Kamm
Eveline Widmer-Schlumpf eröffnet "Baselworld" als erste Messe im Neubau
Erstmals im Neubau: Für die Weltmesse für Uhren und Schmuck werden 100'000 Besucher aus 100 Nationen erwartet
Von Peter Knechtli
Mit der "Baselworld" öffnete heute Donnerstagmorgen in Basel die erste Messe im Neubau ihre Tore. Sondergast zum Auftakt der achttägigen Uhren- und Schmuckschau war Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, die in den grosszügigen Hallen ihre ersten Eindrücke sammelte.
Die Gruppe junger Russinnen, unter ihnen die Direttore del "Russia Jewellery Trade Club", die auf dem Messeplatz in die Frühlingssonne blinzelte, musste sich erst richtig orientieren. Sie sei noch gar nicht dazu gekommen, aus den neuen Messe-Hallen einen Blick zu erhaschen. Es sei jetzt ja alles anders als im Vorjahr, meinte eine der Damen. In der Tat: Mit der "Baselworld" weihte heute gleich auch das Schmuckstück aus dem Basler Messe-Portfolio als Erste die neuen Messe-Hallen ein.
Die äusseren Verhältnisse konnten idealer nicht sein: Strahlende Sonne, blauer Himmel und äusserst angenehme Temperaturen. Auf einer Fläche von 141'000 Quadratmetern präsentieren sich in zwölf Hallen 1'460 Aussteller aus 40 Nationen. Ein erster Eindruck zeigt, dass das neue Hallen-Angebot ein noch grosszügigeres Ambiente bietet als unter früheren Bedingungen. Da findet nach sieben Wochen des Aufbaus der Sechs-Quadratmeter-Stand ebenso Platz wie der Luxus-Pavillon von 1'650 Quadratmetern Fläche. Über eine halbe Milliarde Franken liessen sich die Anbieter ihre im halbdunklen Grundlicht funkelnden Fazilitäten insgesamt kosten – mehr als der gesamte Neubau (430 Millionen Franken) verschlang.
Philosophieren über Luxus und Glamour
Auf dem Rundgang durch den Luxus-Park, der wie eine Ansammlung futuristischer Shopping Malls anmutet, sagte der grüne Basler Regierungspräsident Guy Morin zu OnlineReports, seine Uhr – und dabei zog er den linken Ärmel seines Vestons hoch – habe 200 Franken gekostet. Es handle sich um ein funktionales Gerät, dessen Zweck es sei, die aktuelle Zeit anzuzeigen. Mehr würde er für eine Uhr nicht ausgeben. Das war seine private Seite. Und dann folgt das "Aber": Auch die Regierung sei sich der sozialen "Widersprüche" bewusst, die in einer Weltmesse für Uhren und Schmuck angelegt seien. Nur könnten die Probleme dieser Welt nicht gelöst werden, "wenn wir diese Messe nicht mehr hätten – dann hätte sie ein Anderer".
Ähnlich lautet der Tenor von Messe-CEO René Kamm. Zu OnlineReports sagte er: "Ohne den Neubau wäre es schwierig geworden, die 'Baselworld' am Messeplatz Basel zu halten." Die Marken und ihr Renommee hätten "mehr und mehr an Bedeutung gewonnen". So geht es nicht mehr darum, der Fachwelt ganze Produktionspaletten zu präsentieren, sondern die Atmosphäre und den Kult-Status um die Marke herum. Genauso, wie einige Händler an der "Baselwold" über 90 Prozent ihres Jahresumsatzes erzielen, generieren diese Weltveranstaltung sowie die "Swissbau" einen "existenziellen Teil" (Sprecher Christian Jecker) des Basler Messe-Umsastzes.
Wie weiland Nicolas Hayek
Zur Begrüssung der Schweizer Finanzministerin trafen sich die Regierungsräte Carlo Conti, Eva Herzog, Guy Morin (Basel-Stadt) und die Baselbieter Regierungspräsidentin Sabine Pegoraro zusammen mit Grossratspräsident Conradin Cramer und Messe-Präsident Ulrich Vischer und Messe-Chef Kamm sowie weiteren zugewandten Orten in einem Café auf dem Messeplatz. Vischer unterliess es nicht, der Berner Magistratin – begleitet von eingen humoristisch geprägten Worten – als Dank zwei Swatch-Uhren umzubinden. Gar nicht so einfach: "Die ist ja verkehrt", bemerkte die Bundesrätin, worauf Sabine Pegoraro zum Rechten schaute.
Der Wert dieses Geschenks, so Vischer augenzwinkernd, dürfte zu keinen Beanstandungen Anlass geben. Ähnlich wie damals der inzwischen verstorbene Swatch-Chef Nicolas Hayek ging nun die Bundesrätin mit insgesamt drei Uhren an den Armen auf die Tour de "Baselworld".
Protest gegen "dreckiges Gold"
Während innen der offizielle Tross, begleitet von einem leicht ventilierenden Fotografen-Pulk, seine Tour mit kurzen Besichtigungen in einigen repräsentablen Verkaufs-Villen absolvierte, machten sich draussen an der Fassade des Parkhauses Kletterer an die Arbeit: Aktivisten entrollten im Auftrag der Schweizer Sektion der "Gesellschaft für bedrohte Völker" ein 350 Quadratmeter grosses Transparent, das auf die Schattenseiten von "Business pur" (René Kamm) aufmerksam machte: "Stoppt dreckiges Gold", rief die Protestaktion den Messebesuchenden in Erinnerung. Bei der Förderung von Gold für Luxusuhren und Schmuck würden "immer wieder Menschenrechte verletzt und die Umwelt verschmutzt". Dabei seien oft indigene Völker betroffen. Die Marktteilnehmer wurden in einem Flugblatt dazu angeregt, von den Uhren- und Schmuckhäusern Transparenz über die Herkunft des verarbeiteten Goldes zu verlangen, und die Hersteller aufzufordern, "nur noch Gold zu verwenden, das unter Einhaltung der Menschenrechte und hoher Umweltschutzstandards abgebaut wurde".
Die Polizei war zwar vor Ort, griff aber nicht ein. Die Messeverantwortlichen duldeten das Mega-Poster für die Dauer einer guten Viertelstunde. Anschliessend rollten die Kletterer das Transparent wieder ein, womit die Aktion ohne Zwischenfälle beendet war.
25. April 2013
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