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IWB will in schrumpfenden Märkten auf Kurs bleiben
Für den Basler Energieversorger IWB wird es immer anspruchsvoller, in schrumpfenden Energiemärkten wie Strom und Erdgas finanziell auf Kurs zu bleiben.
Basel, 15. Mai 2019
Klimaschutz, Atomausstieg, Energiewende, Stromverschwendung und Ressourceneffizienz – das Geschäft mit der Energie ändert sich rasant. Kilowatt-Bolzerei war gestern, aber wie soll die Versorgung bezahlt werden, wenn die Baslerinnen und Basler immer weniger Strom, Gas und Wasser verbrauchen?
Für den Basler Energieversorger IWB gipfeln all diese Themen in vier Mega-Trends. In Stichworten: Dekarbonisierung, Dezentralisierung, Digitalisierung und Liberalisierung. Also: dem Verzicht auf fossile Energieträger wie Erdgas und auf Grosskraftwerke; der Einführung des Strommarktes sowie des "smarten", digitalen Energiegeschäftes, sagte CEO Claus Schmidt (Bild) bei der Präsentation der letztjährigen Geschäftsergebnisse heute Mittwoch, und umriss die grossen gesellschaftlichen Felder, auf denen die IWB ackern.
Jahresergebnis "gut" – Druck bleibt
Schmidt urteilte, das Jahresergebnis spiegle einen "guten Abschluss in herausforderndem Umfeld". Er unterstrich, wie wichtig es sei, über ausreichende Finanzen zu verfügen, um die notwendigen Investitionen zu tätigen. Der Spardruck auf die Mitarbeitenden werde deshalb anhalten.
Der Energieversorger mit 862 Mitarbeitenden weist mit 767 Millionen Franken einen um vier Prozent höheren Umsatz als im Vorjahr aus und einen Jahresgewinn von 116 Millionen Franken. Davon gingen stattliche 37 Millionen Franken Gewinnausschüttung direkt an die Staatskasse – insgesamt steuerten die IWB 47 Millionen Franken an gemeinwirtschaftlichen Leistungen an den Kantonshaushalt bei.
Weniger Strom und Erdgas
Die Krux liegt darin, dass IWB Jahr für Jahr tendenziell weniger Strom und Erdgas im Stammgebiet verkaufen, weil die Nachfrage sinkt – was ja politisch gewollt ist, aber eben, weniger Geld in die Unternehmenskasse bringt.
Dennoch: für Finanzen-Chef Alexander Lenzlinger stellt sich die IWB als "gesund und bereit für Investitionen" dar. Sollte der Bund tatsächlich den Strommarkt öffnen, wie es der Bundesrat für 2023 vorsieht, müsse die IWB für den Konkurrenzkampf gerüstet sein.
149 Millionen Franken Investitionen
Weiterhin verschlingt die Versorgung der Stadt mit Öko-Energie und Trinkwasser viele Mittel: So investierten die IWB dafür im vergangenem Jahr 149 Millionen Franken. Mit der neuen Pumpstation Lange Erlen verfügt Basel endlich auch über ein zweites Standbein in der Trinkwasserversorgung. Damit wachse der Sicherheitsmarge, sagte Schmidt.
Im Bereich Energie wurde viel Geld in das Holzheizkraftwerk II gesteckt, das in den nächsten Wochen offiziell an den Start geht und entscheidend dazu beitragen soll, dass die Basler Fernwärme grüner wird. Zusätzlich hilft der neue Wärmespeicher Dolder, ein Fernkältewerk Bahnhof und die "Wärmebox" für Privathaushalte sowie beträchtliche Investitionen in neue Infrastrukturen für das Elektroauto, die Energieversorgung am Rheinknie zu ökologisieren.
"Verlässlicher Partner" im Erdgas-Geschäft Unter dem Stichwort "Dekarbonisierung" streifte Schmidt auch das Thema Erdgas-Ausstieg, das vor dem Hintergrund der Klimastreiks und einer parlamentarischen Debatte im Grossen Rat an Bedeutung gewann. Noch vor den Sommerferien soll der Basler Energierichtplan vorgelegt werden, der im Prinzip aufzeigen soll, wie die Fernwärme- und -kälte-Versorgung in der Stadt das Heizen mit Erdgas ablösen wird.
Den Aargauer, Solothurner und insbesondere Baselbieter Erdgaskunden sicherte Schmidt zu, ein "fairer, verlässlicher Energiepartner" zu sein – man werde ein gemeinsames Vorgehen suchen, wurde in Aussicht gestellt.
Ziemlich einmaligen Führungswechsel
Die "Herausforderungen verbinden uns im täglichen Geschäft und sorgen für ein gemeinsames Vorangehen", antwortet Claus Schmidt auf die Frage, wie die Mitarbeitenden mit den jüngsten, im schweizerischen Vergleich ziemlich einmaligen Führungswechseln auf der Top-Etage der IWB umgegangen seien.
Nach einer Interimsphase wurde Claus Schmidt selbst als offizieller Nachfolger von David Thiel bestimmt, der 2017 überraschend die IWB verliess. Seit letztem Herbst nimmt neu Alexander Lenzlinger das Amt des Kassenwächters wahr.
Nach einem Knall im Verwaltungsrat und einem Intermezzo von Benedikt Weibel als Verwaltungsrats-Präsident, soll der langjährige CEO der Elektra Baselland (EBL), Urs Steiner, als neuer Steuermann für die notwendige Schwergewichtigkeit des Aufsichtsgremiums sorgen. Bezogen auf die Mitarbeiter-Fluktuationsrate, die im Durchschnitt der Schweizer Firmen liege, sei es gelungen, bei den Mitarbeitenden ein "Klima der Kontinuität" durchzuhalten, so Schmidt.
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"Wie zur Zeit der Höhlenbewohner"
Kein Gas mehr in der Zukunft. Also, nachdem vor noch nicht zu langer Zeit Reklame gemacht wurde, von Öl auf Gas umzustellen, weil es umweltfreundlicher sei, will man uns nun das Gas auch noch wegnehmen. Kochen mit Gas ist dann auch nicht mehr gestattet. Also alles auf Strom umstellen, nur woher nehmen?
Es hat nicht jedes Haus die Möglichkeit für Erdsonden oder Wärmepumpen zum Heizen oder Solar für Warmwasser und Elektrisch. Die Erdsonde und Wärmepumpe brauchen viel Strom und auch bei Strom wurden wir ja schon zum Sparen aufgerufen. Die Wärmepumpe macht zusätzlich Lärm, was die Nachbarschaft nicht mag, oder die Stadtbildkommision reklamiert wegen der Optik, die ihr nicht zusagt. Fernwärme ist auch nicht überall vorhanden, also heisst es einfach warm anziehen wie zur Zeit der Höhlenbewohner. Abgesehen davon, Hausbesitzer hängen ja voll Geld und könne sich dauernde Umbauten leisten, nicht wahr?
Peter Isler, Basel
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