© Foto by Peter Knechtli, OnlineReports.ch
"Geballte Faust": Mehrheits-Anwärter Lauber, Sollberger, Gschwind
Das Stelldichein der Möchtergern-Regierungsmehrheit
Anton Lauber, Monica Gschwind und Sandra Sollberger erstmals gemeinsam vor den Medien
Von Peter Knechtli
Nach ihrem Willen soll die Baselbieter Regierungsmehrheit in bürgerlichen Händen bleiben: Anton Lauber ("Mitte") und Monica Gschwind (FDP) als Bisherige und Sandra Sollberger (SVP) als Neue wollen dafür sorgen. Gemeinsam präsentierten sie sich heute Montagmorgen erstmals öffentlich.
Ein Wummern drang durch die Wände des "Guggenheim" in Liestal, die Böden zitterten. Das alles – Immissionen von der nahen SBB-Grossbaustelle – mochte nicht zur Selbstdarstellungs-Harmonie passen, mit denen die drei Kandidierenden in den kommenden vier Jahren den bürgerlichen Regierungs-Kurs bestimmen wollen.
Textil synchron
Als seien sie vom Fototermin direkt in die Medienkonferenz gesprungen, traten die beiden Frauen in gleicher Kleidung auf wie auf dem Wahlplakat, das heute erstmals zu sehen war. Einzig Anton Lauber erlaubte sich durch andere Krawattenwahl eine kleine Abweichung. Am 12. Februar kommenden Jahres will das Trio die bürgerliche Bestimmungshoheit für weitere vier Jahre verteidigen.
Seit seinem Eintritt in die Regierung im Jahr 2013 – als Nachfolger des im Amt verstorbenen Peter Zwick – habe sich das "Team bewährt", das aus "einer Art Zauberformel für das Baselbiet" entstand, plädierte Finanzdirektor Anton Lauber für die Fortsetzung des Bisherigen: je ein Regierungssitz für die fünf grössten Parteien. Derzeit sind dies SVP, SP, FDP, Grüne und "Mitte".
In Bern adaptierte Radikal-Rhetorik
Neues war vom Auftritt der drei bürgerlichen Akteure nicht zu erwarten. Ein gewisses Interesse bestand jedoch in der Frage, wie sich SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger (48) in ihrem ersten Statement des Wahlkampfs positioniert.
Die Begeisterung über ihre Nomination war innerhalb der Parteien der bürgerlichen Allianz hinter den Kulissen nicht ungeteilt, aber insbesondere von Exponenten aus FDP und "Mitte" versprüht worden, die dereinst ihrerseits bei der Umsetzung von Wahlambitionen auf die Unterstützung der SVP angewiesen sein werden.
Vor den Medien zeigte sich die Liestaler Bundesparlamentarierin "erfreut und geehrt" über die "grosse Einstimmigkeit" von FDP und "Mitte", obschon gerade in der früheren CVP mehr als nur singuläre Vorbehalte zu bemerken sind. Ihre im Milieu ihrer Fraktion in Bundes-Bern adaptierte Radikal-Rhetorik, auf die OnlineReports schon Mitte August kritisch eingegangen ist, modellierte Sandra Sollberger zu einer kompromisslosen "scharfen Rechten".
"Mit Weber mehr als identisch"
Die Malermeisterin mit Familienbetrieb in Bubendorf ist nun daran, dieses Profil mit politischen Pastelltönen zu überstreichen. "Ganz klar", stehe sie aus Sicht der "linksgrünen Gegner in der rechten Ecke". Da habe sie aber auch "nichts anderes erwartet", so Sollberger. "Würde man es spiegeln, wären andere Regierungsmitglieder genau auf der Gegenseite", womit nur SP-Sicherheitsdirektorin Kathrin Schweizer gemeint sein konnte.
Mit ihrer Kandidatur geschehe nichts Anderes, als dass "die SVP durch die SVP ersetzt" werde, sagte die Kandidatin und zog zur Bestätigung einen bemerkenswerten Vergleich mit dem klar als moderat und konsensorientierten Parteikollegen und vor dem Rücktritt stehenden Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektor heran: "Thomas Weber und ich sind in der Einstellung mehr als identisch – erschreckenderweise, manchmal."
Lieber Telefon statt Vorstoss
In ihrer Arbeit auf nationaler Ebene hat Sandra Sollberger bisher kaum historische Spuren hinterlassen. Sie begründete dies – ein leiser Ansatz von Selbstkritik – damit, dass sie es "etwas vernachlässigt" habe, ihre Arbeit in Bern nach aussen zu tragen. Sie habe dort aber "viel erreicht mit einem Telefon statt mit einem Vorstoss". Das sei "effizienter und günstiger".
Hingegen habe sie im Bundeshaus ein "grosses Netzwerk" geschaffen, das ihr als Regierungsrätin ("der schönste Job, den ich mir vorstellen kann") zugute komme. Wichtig sei ihr die Weiterführung einer "berechenbaren Finanz- und Steuerpolitik", einer "zukunftsgerichteten Standortpolitik" und "Verlässlichkeit in der regionalen Zusammenarbeit". Weiter sprach sie der Förderung der "bewährten Berufslehre" das Wort, die nach Meinung der kantonalen Wirtschaftskammer noch nicht dort ist, wo sie sein sollte.
Strassen- und Klimadirektion im Visier?
"Dringenden Handlungsbedarf" erkennt Sollberger in der Verbesserung der Verkehrs-Infrastruktur, womit sie in erster Linie den Strassenverkehr meint. "Die Zustände sind zum Teil einfach nicht mehr halt- und duldbar." Überdies forderte sie die Ablösung von der ausländischen Abhängigkeit im Energiesektor, der jedoch "Denk- und Technologieverbote klar immer wieder im Weg stehen".
Klima- und Energiepolitik werde ein "zentraler Schwerpunkt meiner künftigen Regierungsarbeit", sagte die gebürtige Aargauerin, die sich nicht auf eine Direktions-Präferenz festlegen wollte. Will sie vielleicht Bau- und Umweltschutzdirektorin werden? Auffällig: Sowohl auf dem Plakat wie am Fototermin ballte Sollberger die rechte Hand zur Faust – ein Zeichen der Kampfeslust?
Rechenschafts-Ablage der Bisherigen
Für die beiden Bisherigen blieb kaum mehr, als die aus ihrer jeweiligen Sicht erfolgreiche bisherige Tätigkeit aufzulisten. Bildungs-, Kultur- und Sportdirektorin Monica Gschwind will auch in der neuen Amtsperiode "zuhören, planen, machen". Anton Lauber will eine soziale, aber an Selbstverantwortung orientierte Politik und nebenbei auch der Geothermie eine neue Chance geben.
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17. Oktober 2022
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"Sehr gutes Stimmungsbild"
Peter Knechtli übermittelt ein sehr gutes Stimmungsbild der heutigen Medienkonferenz. Fast gewinnt man den Eindruck, dass die neue Kandidatin das Team nicht wesentlich weiterbringen wird. Sie baut zwar keine Luftschlösser, aber grosse Würfe in einer der Direktionen sind ihr nicht von vorneherein zuzutrauen. Vielleicht findet sie in ihrer Direktion, wenn sie gewählt wird, die zündende Idee und kann dieser zum Erfolg verhelfen.
Wo wird Baselland in vier Jahren besser dastehen? Ich teile die Skepsis von Peter Knechtli. Status quo. Wenn's gut geht.
Paul Fraefel, Liestal