Seilschafts-Attacke auf Justiz und Medien
Von PETER KNECHTLI
Die Baselbieter Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gegen den früheren Dugginger Gemeindepräsidenten Reinhard Vögtlin eingestellt. Vögtlin hat nach Meinung der Strafverfolgung nicht gegen das Gesetz verstossen, als er seine Bezüge erhöhte und von der kommunalen Finanzverwalterin Ursula Gygax verlangte, einen Lohnausweis zu unterschreiben, auf dem Lohn und Spesen nicht den effektiven Verhältnissen entsprachen.
Doch jetzt geschieht Bemerkenswertes: Jetzt melden sich die amtierenden Laufentaler Gemeindepräsidenten und schütten Pech und Schwefel über der Baselbieter Justiz aus - und, mit haltlosen Verdächtigungen, auch über OnlineReports. Nicht das erste Mal sahen sich die Laufentaler Gemeindeväter dazu bemüssigt, harsch über die lokale Strafverfolgungsinstanz herzufallen, obschon sie gar nicht Gegenstand der Untersuchungen waren: Schon als das Statthalteramt Laufen die Untersuchungen zum Fall Vögtlin mit einer Hausdurchsuchung der Dugginger Gemeindeverwaltung aufnahm, meckerten die Gemeindepräsidenten, dies sei "unverhältnismässig und schädlich für das Vertrauen der Bevölkerung in die Trägerinnen und Träger öffentlicher Ämter".
Mit der neuerlichen Attacke der Lokalpolitiker gegen die Baselbieter Justiz stellt sich die Frage, wer das Vertrauen der Bevölkerung in die "Träger öffentlicher Ämter" untergräbt. Überdies weckt die einseitige Stellungnahme die Frage nach dem Motiv. Der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen, dass es darum geht, die Strafverfolgungsbehörden und die junge Untersuchungsrichterin einer Talschaft, in der jeder jeden kennt, einzuschüchtern, und den unabhängigen Medien einen Maulkorb umzubinden.
Denn wie sonst kamen die örtlichen Autoritäten dazu, derartige Werturteilte über ein Strafverfahren und die Medienberichte dazu abzugeben, ohne dass sie Beteiligte sind und die Akten kennen? Was bringt die Herren Gemeindepräsidenten zum peinlichen Versuch, einen früheren Seilschafts-Kollegen reinzuwaschen ("Reinhard Vögtlin entlastet!"), wenn ihm die Staatsanwaltschaft jetzt einen "inhaltlich falschen Lohnausweis" attestiert, der zu einer "leicht tieferen Steuerveranlagung" führte?
Vögtlin hat, wie aus der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft klar ersichtlich ist, nicht illegal gehandelt, aber er hat politisch und moralisch unsauber gehandelt. Gesichert ist heute auch die Erkenntnis, dass er von seiner damaligen Finanzverwalterin verlangte, einen geschönten Lohnausweis zu unterschreiben. Ist Derartiges vielleicht auch anderswo Praxis? Jedenfalls ist die Botschaft empörend, wie die vereinigten Laufentaler Gemeindeväter eine Lohnausweis-Manipulation billigen oder zumindest verharmlosen, die dem Herrn Gemeindepräsidenten zum Steuervorteil gereicht: Das ist ein obrigkeitliches Signal an die Bürgerinnen und Bürger, es mit der Steuerpflicht auch nicht so genau zu nehmen.
Frau Gygax hat sich geweigert, dieses Spiel mitzumachen und hat damit Konsequenzen, die tatsächlich eingetreten sind, in Kauf genommen. Für diese Zivilcourage verdient sie Anerkennung. Dass die Kommunen-Präsidenten darauf mit keinem Wort eingehen, verstärkt die Blamage, die ihre einäugige Solidaritätsnote ohnehin schon darstellt.
PS: Der Autor ist mit der Familie Gygax weder verwandt noch freundschaftlich verbunden, wie die Gemeindepräsidenten andeutungsweise unterstellen. Es ist ihm auch nicht bekannt, ob die Familie einer Partei angehört und ob sie seinerzeit pro Baselland oder pro Bern votiert hat.
25. März 2004