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"Der Markt wird härter": Neue BaZ-Pendlerzeitung, Layout-Skizze
Basler Zeitung lanciert "AutoBaZ" als neue Waffe gegen BZ-Verleger Wanner
Die Pendlerzeitung soll in der Region gratis an Zehntausende Automobilisten verteilt werden / Neue Logistik-Technologie
Von Peter Knechtli
• Achtung April-Scherz •
Im Medienkampf mit der "Basellandschaftlichen Zeitung" zieht die "Basler Zeitung" eine neue Waffe: Nach Informationen von OnlineReports plant das Basler Medienunternehmen eine PendlerZeitung für die Automobilisten in der Region Basel. Projekt-Name: "AutoBaZ".
Das bisherige Angebot an Gratiszeitungen - von "20 Minuten" über ".ch" bis "News" - scheint ausgereizt: Die Printprodukte, die sich inhaltlich nur gering unterscheiden, sind vor allem auf Pendler aus der Region ausgerichtet, die mit den dem öffentlichen Verkehr zur Arbeit nach Basel fahren. "Die Wachstums-Chancen im Bereich des öffentlichen Verkehrs sind ausgereizt", meinte Roger Blum, Professor für Medienwissenschaften an der Universität Bern, gegenüber OnlineReports.
Probleme bereiten die Gratiszeitungen mehr und mehr auch den Bahn-, Tram- und Busbetreibern: "Wir haben ein ernsthaftes ökologisches Problem mit der Entsorgung", bedauerte eine SBB-Sprecherin. Allein für die Region Basel musste das Bahnunternehmen 25 Personen zusätzlich einstellen, die den in Bahnabteilen liegen gelassenen Papier-Müll beseitigen.
Frontseite-Autowerbung gab Initialzündung
Aus dieser medienpolitischen Sackgasse sucht die "Basler Zeitung" nun einen innovativen Ausweg: Um der "Basellandschaftlichen Zeitung" das Wasser - und die Marktchancen - weiter abzugraben, plant die BaZ eine Gratiszeitung der anderen Art, die sich ausschliesslich an die Autopendler in der Region richtet. Wie ein BaZ-Insider OnlineReports zutrug, laufen die Projektarbeiten schon seit über zwei Monaten. Arbeits-Titel: "AutoBaZ".
Die Idee, mit einer Auto-Pendlerzeitung der "Mittelland-Zeitung", zu der die BZ gehört, weiter zuzusetzen, entstand Anfang dieses Jahres. BaZ-Chefredaktor Matthias Geering wollte sich zum Projekt nicht äussern ("es handelt sich erst um Skizzen"), doch bestätigte er, dass die gewagte Riesen-Autoreklame auf der BaZ-Frontseite vom 2. Januar (Bild links) den Ausschlag gab, die Idee einer "AutoBaZ" weiter zu prüfen. "Im Gegensatz zu den vielen Leserbriefen, die sich überraschend negativ über das ganzseitige Inserat ausliessen, erhielten wir von Verbänden zahlreiche Reaktionen, die unser Werbe-Experiment sehr positiv beurteilten."
Automobilisten sind lesefreundlicher
Kommt dazu: Laut einer wissenschaftlichen Studie der Universität Basel sind Automobilisten die besseren Zeitungsleser. "Die Nutzungsintensität und Aufnahmebereitschaft der automobilen Leserschaft ist signifikant höher als jenes Segment, das den öffentlichen Verkehr benutzt", heisst es in der Expertise weiter. Grund seien nicht nur die zahlreichen Staus und Verkehrsampeln, die einen willkommenen Blick in den Zeitungs-Begleiter auf dem Beifahrersitz ermöglichten: "Automobilisten nehmen die Zeitung auch mit an den Arbeitsplatz und dann nach Hause, was eine weitere Extension der Leserschaft ermöglicht und auch eine korrekte Entsorgung garantiert."
Markteintritt soll der 1. Juli sein. Dieser Halbjahrestermin, so eine Sprecherin der AG für Werbemedienforschung, sei besonders geeignet, um damit eine rasche und zuverlässige Beglaubigung der Auflagezahlen nachweisen zu können. Es sei "eigentlich überraschend", dass die auf der Hand liegende Idee einer Autopendler-Zeitung bisher noch niemand aufgegriffen habe: "Der Markt behandelte Automobilisten bisher wie Leseabstinente."
280 metallene Briefträger
Gemäss einem OnlineReports vorliegenden internen Papier plant die BaZ auch ein innovatives Distributionssystem, das derzeit in Zusammearbeit mit der Fachhochschule Nordwestschweiz entwickelt wird. Es handelt sich um das in den USA schon benutzte System des "Metallic Postman", eines voll automatisierten Zeitungskastens, der durch einen ausgeklügelten Bewegungsmelder - ein Wink genügt - die Zeitung bequem ins Wageninnere reicht und auf den Beifahrersitz fallen lässt.
Diese "metallenen Briefträger" sollen an an 280 exponierten Stau-Stellen oder Strecken mit stockendem Kolonnenverkehr aufgestellt werden. Die Bewilligungen der Sicherheitsdirektionen beider Basel liegen indes noch nicht vor. "Die Verteilkästen", so die Baselbieter Regierungsrätin Sabine Pegoraro zu OnlineReports, dürfen "auf keinen Fall ein Unfall- oder Sicherheitsrisiko sein".
Inhaltlich soll sich die "AutoBaZ" deutlich von herkömmlichen Angeboten unterscheiden. "Wir wollen unserem Publikum des Groove der Individualität und der Freiheit vermitteln. Das soll sich auch im redaktionellen Angebot niederschlagen", heisst es im internen Papier. Weiter geplant seien autospezifische Serviceleistungen und Vergünstigungen, die sich als "eigentlichen Zusatznutzen" bemerkbar machen sollen - so etwa vergünstiger Benzinbezug oder Wettbewerbe mit regelmässigen Mittagessen mit dem "AutoBaZ"-Chefredaktor. Dessen Wahl scheint offenbar bereits getroffen worden zu sein. "Es handelt sich um einen externen Fachjournalisten", so Geering zu OnlineReports, "Namen wollen wir noch keine nennen".
"Folgenschwere Gewichtsverlagerungen"
Bedeutet das Projekt nicht eine erhebliche Konkurrenzierung der TCS-Publikationen? "Ganz im Gegenteil", zeigt sich Christian Greif, Direktor des TCS beider Basel, hocherfreut: "Wir betrachten die AutoBaZ als eine willkommene Ergänzung unserer ganz clubspezifischen Zeitungen." Die Sektion Basel will sogar mit der Redaktion zusammenspannen und "allenfalls personelle und thematische Synergien nutzen".
Sicherlich aber drängt sich die Frage auf, ob die "AutoBaZ" - nach den Engagement der BaZ im "News"-Kombi - nicht die reguläre Printausgabe der "Basler Zeitung" weiter selbstkonkurrenziere. BaZ-Verleger Matthias Hagemann ist vom langfristigen Erfolg der Strategie überzeugt: "Kurzfristig mag das so erscheinen. Unser Ziel aber ist, die richtigen Antworten auf die folgenschweren Gewichtsverlagerungen im Medien-Markt zu finden. Und die AutoBaZ ist dazu ein wichtiges strategisches Instrument."
Wanner hat "Pfeile im Köcher"
Zwar ist vorgehenen, auch die Pendler aus der badischen und elsässischen Nachbarschaft anzusprechen, aber die Hauptstossrichtung ist das Verbreitungsgebiet der "Basellandschaftlichen Zeitung". Dieses Zielpublikum ist im Fokus der BaZ. Verleger Peter Wanner, Boss des "Mittelland"-Zeitungsverbunds mit Sitz in Baden, scheint der neue Vorstoss aus dem Hause BaZ nicht zu beeindrucken. Gelassen meinte er: "Wir haben auch noch unser Pfeile im Köcher und werden nächsten von uns hören lassen. Aber darüber rede ich heute noch nicht."
1. April 2008
Weiterführende Links:
"Ich tippe auf den 1. April 2009"
Da die Geschichte leider nicht im Tessin, sondern in der rot-grün resp. VPOD-gepeinigten Nordwestschweiz stattfindet, sehe auch ich keine Realisierung dieses hochinteressanten Projektes innert nützlicher Frist. Ich tippe daher auf den 1. April 2009, so richtig schön zum Frühlingsbeginn, wenn alle Autofenster sowieso offenstehen!
Da Vorfreude die schönste Freude ist, sage ich den Verhinderern schon mal: vielen herzlichen Dank!
Brigitte Wenger Sahin, Basel
"Entscheidenden Aspekt zu wenig beleuchtet"
Lieber Herr Knechtli, wie immer sind Sie hervorragend informiert über die internen Projekte der Basler Zeitung. Den wichtigsten und entscheidenden Aspekt zur Realisierung der "AutoBaZ" haben Sie aber in Ihrem Artikel zu wenig beleuchtet. Ausschlaggebend für eine erfolgreiche Umsetzung dieser innovativen Idee ist, wie Sie richtig festhalten, die absolut neuartige Distribution mit den 280 metallenen Briefträgern. Hier liegt aber auch die erfolgsentscheidende Problematik, die wir noch nicht lösen konnten. Die metallenen Briefträger haben sich zwischenzeitlich gewerkschaftlich organisiert und horrende Lohnforderungen gestellt. Insbesondere bei Schnee- und Regenwetter werden Zuschläge gefordert, die betriebswirtschaftlich nicht zu verantworten sind. Unser Angebot bezüglich zur Verfügung stellen von Gratis-Anti-Rostmittel wurde leider abgelehnt und die Verhandlungen ziehen sich in die Länge. Somit ist der geplante Markteintritt von "AutoBaZ" auf den 1. Juli vermutlich nicht einzuhalten. Gerne werden wir Sie aber über die weiteren Projektarbeiten zu gegebener Zeit informieren.
Beat Meyer, CEO Basler Zeitung Medien, Basel