Warum ich mit Herzblut fürs "Herzstück" bin
Jetzt zeigen sie es uns aber, diese Baselbieter. Erst lehnen sie die Prüfung - schon nur die Prüfung! - einer Kantonsfusion ab, und anstatt die dennoch grossspurig versprochenen engeren Zusammenarbeit der Kantone zu pflegen, wird nun der Geldhahn für das Theater zugedreht. Dabei sitzen da vor allem die gut verdienenden Baselbieter drin. Und profitieren von unsern Steuergeldern. Diese Rampassen brauchen nun aber nicht zu meinen! Können auf ihrem Margrethenstich sitzen bleiben, und auch das "Herzstück" können sie sich abschminken. Wir Städter sind doch nicht blöd und finanzieren denen ihre Wunschträume.
Brauchen etwa wir eine S-Bahn unter dem Marktplatz hindurch? Oder eine direkte Tramlinie vom Bahnhof nach Flüh/Rodersdorf? Sicher nicht. Wir schwingen uns aufs Stahlross oder sitzen ins Drämmli und sind in Null-Komma-Nichts überall in dieser Stadt. Die werden uns nun kennen lernen, diese Landschäftler, soviel ist sicher, fertig roter Teppich liebes Baselbiet und vo Schönebuech bis Ammel.
Wäre es doch nur so einfach. Wir Städter wollen zehn Prozent weniger motorisierten Individualverkehr (MIV), was "motorisierten Individualverkehr" und somit den benzinbetriebenen Strassenverkehr bedeutet. Denn der MIV verstopft alle Strassen und wir wollen freie Fahrt, unter uns gesagt vor allem für unser Auto, offiziell natürlich für Velofahrer und die BVB. Nebst dem Mief um den MIV reklamieren wir ohne Unterlass über die "grüne Wand", die da die Stadt verstellt, und damit meinen wir die Kolonne grüner Trams, die sich von Aeschenplatz bis Schifflände und weiter bis an die Lörracher Grenze stockend vorwärts schiebt.
"Nichts als Stau und Verspätungen.
Und Frust und Ärger bei den Passagieren."
Wir reklamieren über zu volle Trams, denn obwohl sich Drämmli an Drämmli reiht, steht man sich auf den Füssen, von Sitzen keine Rede. Taktverdichtung, noch mehr Trams auf der Schiene also, würde zwar zu mehr Sitzplätzen, aber auch zum totalen Kollaps führen. Und zu spät sind sie auch, diese grünen Monster, ob Bus oder Tram, längst nicht mehr berechenbar, wann man nun ankommt, steigt man im Neubad in den Achter und will an die Feldbergstrasse. Könnte der Lörracher, der in Pratteln arbeitet, unter der Stadt hindurch mit der S-Bahn zur Arbeit, würde er dies wohl liebend gerne tun, und auf sein Auto oder die Sechser-Vierzehner-Kombination verzichten. Ebenso die Kassierin aus Mülhausen, die in der Migros am Claraplatz arbeitet. Schon zwei Personen weniger im übervollen Sechser. Oder auf der Strasse.
Und zudem: Nicht nur auf der Stadtautobahn kommen sich holländische Wohnwagen, Fernfahrer und der lokale Pizzakurier in die Quere. Auch auf der Schiene mischen sich Fernverkehr und Lokalverkehr. Ob Intercity oder Bummler aus dem Wiesental, beides drängt durchs städtische Nadelöhr. Deshalb auch hier: nichts als Stau und Verspätungen. Und Frust und Ärger bei den Passagieren. Der Zeitverlust ist aber nicht nur ärgerlich und Ärger ungesund, er ist auch wirtschaftlich relevant, denn die Zeit, die während der Arbeit im Stau verbracht wird, ist unproduktiv und ein Verlustgeschäft.
Eine der wichtigen Aufgaben des "Herzstücks" wird es deshalb sein, Fernverkehr und Nahverkehr auf der Schiene zu trennen, zu entflechten. Es wird zudem den Anschluss an den EuroAirport aufgleisen. Womit es sich um ein Projekt von nationalem Interesse handelt, und der Bund die Realisation zahlen wird. Endlich einmal Bundesgelder für Basel, sollte man meinen. Denn bislang wurden wir diesbezüglich stiefmütterlich behandelt. Aber der Bund will ein Vorprojekt, und das müssen wir liefern, und zwei Drittel davon bezahlen. Ein Drittel geht zulasten von Baselland.
Die Stadt wird vom "Herzstück" in jeder Hinsicht massiv profitieren. Die Attraktivität wird steigen, die Wirtschaft wird ebenso profitieren wie wir Bewohner, wenn wir uns wieder rascher und bequemer ohne den üblichen Stau durch die Stadt bewegen können. Auf dem Velo oder im Tram, natürlich. Und die Reduktion des MIV, die wir an der Urne beschlossen haben und die unserem Baudirektor schlaflose Nächte beschert, die rückt in die Nähe.
Ich geb's ja ungern zu. Das Baselbiet wird tatsächlich leider auch profitieren. Weniger Stau auch jenseits des Deutschschweizer Röstigrabens. Doch wie bei jeder Beziehungskrise sollte das verletzte Herz bis zu seiner Heilung weniger zu sagen haben als der wache Verstand. Stecken wir also das Geld, das wir mit der abgelehnten Fusionsprüfung nun gespart haben, ins Vorprojekt für ein "Herzstück", uns zuliebe. Vo Schönebuech bis Ammel.
10. November 2014
"Ringbahn sollte daher geplant und gebaut werden"
Dass Andrea Strahm von der CVP mit Herzblut fürs "Herzstück" ist, versteht man nur, wenn man weiss, dass dahinter die Baulobby steht.
Betrachtet man dieses verrückte Projekt – schon die Projektkosten gehen in die Millionen – genauer, dann ist es für jeden vernünftig denkenden Mensch sonnenklar, dass eine S-Bahn Direktlinie vom Bad. Bhf. zum Bahnhof SBB nur als oberirdische Ringbahn – die Geleise sind schon weitgehend vorhanden, es braucht lediglich eine neue Bahnbrücke unterhalb der Dreirosenbrücke – sinnvoll funktionieren kann.
Das von Stephan Tramèr vorgeschlagene Projekt Ringbahn, sollte daher geplant und gebaut werden. Wer will schon eine tief unter dem Marktplatz liegende S-Bahnstelle benützen? Etwa der Baudirektor auf seinem Weg ins Büro auf dem Münsterplatz?
Bruno Honold, Basel
"Was ist mit der Erdbebensicherheit?"
Von diesem Prestige-Projekt haben die Stadtbewohner am wenigsten, wenn man einmal davon absieht, dass sie dann wieder mehr Platz im Drämmli haben, weil ja alle, die Basel sowieso nur als Durchgangsstation nutzen und möglichst schnell vom einen zum anderen Bahnhof gelangen wollen, das Möchtegern-U-Bähnli nehmen.
Und was ist mit der Erdbebensicherheit? Hat sich schon jemand ernsthaft mit der Frage befasst, ob es gescheit ist, in einem Erdbebengebiet Stollen zu graben und damit den Untergrund noch instabiler zu machen, als er es ohnehin schon ist? Wäre nicht eine der Konsequenzen aus dem Geothermie-Debakel, dass wir vielleicht besser die Finger von Basels geologischem Untergrund lassen sollten?
Gaby Burgermeister, Basel
"Nur Schildbürger wollen so ein Bähnli"
Manche begrüssen das "Herzstück" (welch verfänglicher Name!), als wären die Grössendimensionen Basels mit denen von Zürich, meinetwegen von Berlin, Prag oder Lissabon zu vergleichen. Ein "Flirt" in Doppeltraktion wird seine Schnauze schon halbwegs beim Barfüsserplatz haben, wenn sein Schwanz noch im Bahnhof SBB steckt. Und damit es flott unter dem Rhein durchgeht und die Züge nicht querbeet im Badischen Bahnhof auftauchen, muss man eine Achterbahn bauen. Die Zugänge sind breite Tunnels, die in die Tiefe führen. Man verschafft damit auf den betroffenen Basler Innerstadtplätzen, die kleinräumig genug fast ohne Ausnahme zu Tramhaltestellen degradiert sind, zusätzlich löcheriges Ungemach, weil Rolltreppen nun mal viel Platz beanspruchen. Nur Schildbürger wollen ein Bähnli, das vom Claraplatz zum ein paar hundert Meter entfernten Badischen Bahnhof geistert.
Dabei ist das Konzept der Ringbahn, welcher das Nordstück über den Rhein fehlt, plausibel und einleuchtend. Diese Bahntrasse besteht via SNCF-Linie und Eisenbahnbrücke schon zu drei Vierteln. Dieses Konzept ist der "Kleinstadt" Basel angemessen. Und die Baukosten sind möglicherweise niedriger zu veranschlagen. Mit dem Tram könnte man sich bis an die Ringlinie heranpirschen und die Stadt im 10 Minutentakt überirdisch umrunden, zwei Rheinüberquerungen inklusive. Und eine Haltestelle "Rocheparadies" wäre in diesem Konzept ebenfalls schon mit einberechnet. Tausende von Roche-Mitarbeitenden könnten so die Bahn benutzen. Das Herzstück ist von den Rochetürmen weit weg! Also Achtung: es droht der Basler Herzstillstand!
Stephan Tramèr, Basel
"Die Baulobby der CVP profitiert als Einzige"
Die Basler werden überhaupt nicht vom Herzstück Mitte profitieren, sie dürfen nur zahlen und den jahrelangen Lärm und Gestank der Baustellen in der Stadtmitte ertragen. Niemand wird mehr etwas auf dem Markt oder in den Geschäften in der Innenstadt kaufen , sondern eher ins nahe Ausland gehen. Wir haben gesehen, dass jahrelange Baustellen Geschäfte in den Ruin treiben können. Das wäre wahrscheinlich auch hier der Fall. Die Einzigen, die profitieren werden, ist die Baulobby mit der CVP als Interessenvertreterin. Damit ist klar, dass Andrea Strahm für sich und nicht für Basel spricht.
Alexandra Nogawa, Basel