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Erlimatt-Schulhaus: Lehrer frisierte Sek-Zeugnisse
Pratteln, 11. Februar 2015
An der Sekundarschule in Pratteln hat ein Lehrer Zeugnisnoten frisiert. Laut Online-Reports-Informationen verbesserte er die Noten im Semesterzeugnis von zwölf Schülern einer neunten Klasse in den Fächern Geschichte, Geografie und Englisch. Die Optimierung soll mindestens eine Note betragen haben. Der Vorfall im Erlimatt-Schulhaus wurde erst vor ein paar Tagen bekannt. Über die Motive – ging es auch um eine Qualitätsfrage des Schulmeisters? – wird nur spekuliert. Der Lehrer ist derzeit krankgeschrieben.
Daniel Hänggi, Rektor und Erlimatt-Standortleiter, bestätigte die Informationen von OnlineReports. Er habe sich mit dem Amt für Volksschulen und dem Rechtsdienst abgesprochen und sowohl die betroffenen Schüler wie deren Eltern und das Schulrats-Präsidium informiert. Der Lehrer habe die Verfehlung gestanden. Über allfällige Konsequenzen wollte sich Hänggi nicht äussern, da noch "kein ausserordentliches Mitarbeitergespräch stattgefunden" habe. Er betonte aber, dass es sich dabei "nicht nur um ein Kavaliersdelikt gehandelt" habe: "So etwas geht natürlich nicht."
Rektifizierte Noten für betroffene Schüler
Laut Hänggi erhalten die betroffenen Schüler nun rektifizierte Notenblätter mit korrekten Einträgen. Die geschönten Notenblätter werden geschreddert. Die betroffenen Eltern haben noch eine Woche Zeit, um mit dem Rektorat in Kontakt zu treten. Bisher, so Hänggi weiter, hätten sich zwei Eltern von Schülern bei ihm gemeldet. Auf die Promotion der Sekundarschüler sollen die frisierten Noten keinen Einfluss gehabt haben.
Der Leiter des Amtes für Volksschulen konnte keine Auskunft geben und verwies an Direktionssekretär Roland Plattner. Der war abwesend. Bildungsdirektor Urs Wüthrich (SP) schrieb gegenüber OnlineReports, er sei "in dieser Sache weder informiert noch dokumentiert" und stellte Abklärungen für morgen Donnerstag in Aussicht. In seiner bisherigen Amtszeit sei er noch nie "mit einem solchen Fall konfrontiert" gewesen. Die für Schulen zuständige Prattler Gemeinderätin Elisabeth Schiltknecht-Müller war nicht erreichbar. Der Prattler Gemeinderat wurde bisher nicht informiert.
Das Erlimatt-Schulhaus machte bereits vor einigen Monaten Schlagzeilen, weil eine Lehrerin mit einem Schüler sexuell verkehrt haben soll.
"Noten sind eine rechte Lotterie"
Was für eine aufregende Geschichte! Der Rektor, der Direktionssekretär und der Rechtsdienst des Amtes für Volksschule, die zuständige Gemeinderätin und selbst der Bildungsdirektor werden kontaktiert! Da frisiert doch ein Lehrer die Noten seiner SchülerInnen zu ihren Gunsten in drei Fächern, ohne dass ihnen daraus ein Vorteil oder ein Nachteil entstanden wäre. Seine Motive seien unklar. Vielleicht habe er es getan, um seine Qualität als Schulmeister zu erhöhen. Somit wird gemutmasst, dass er diese 3 Fächer selber unterrichtet, die Noten also selber gesetzt und die Prüfungen dazu wohl auch selber geschrieben hat, muss der Leser annehmen. Jedenfalls sind im Artikel keine gegenteiligen Angaben zu finden.
Wer das Vergeben von Noten kennt, kann wissen, wie subjektiv Noten sind. Sie sind eine rechte Lotterie, jedenfalls sehr umstritten, ein unpädagogisches, ein Machtmittel und nie gerecht.
Es gibt eine repräsentative Untersuchung von 100 Aufsätzen, die an 100 LehrerInnen zur Beurteilung gegeben wurden. Es gab dutzende Aufsätze, die die ganze Notenskala abdeckten, also von der besten bis zur schlechtesten Note erhielten! Das darf zu denken geben!
Das was dieser Lehrer gemacht hat ist sehr selten, wie Herr Regierungsrat Wüthrich bestätigte. Was aber recht häufiger vorkommt ist das Gegenteil, dass nämlich LehrerInnen ihre SchülerInnen ausgrenzen, erniedrigen und ihnen die Lernlust rauben, wenn nicht sogar ihre Lebensfreude. Dazu ist das Notengeben ein probates Mittel. Das offenbar ist ein Kavaliersdelikt, denn davon gibts kaum Berichte in der Öffentlichkeit. Kennen aus eigener Erfahrung tun es jedoch viele.
Das Aufregende an dieser Situation ist, dass die Motive nicht verstanden werden. Bevor der Lehrer sich dazu äussern kann, ist er schon in an den Galgen gehängt. Es ist möglicherweise schleierhaft, ungeschickt oder gar fahrlässig, was dieser Lehrer hier gemacht hat. So weit wir informiert sind, darf angenommen werden, das er seine SchülerInnen mag und dass er aus irgend einem Grund die Endnote als nicht gerechtfertigt beurteilt hat. Es scheint ihm auf jeden Fall klar zu sein, dass das Notengeben keine objektive Sache ist, wie weit verbreitet angenommen wird. Offenbar auch in der so aufgeregten Administration. Und diese Aufregung wird durch einen solchen Artikel auch gleich noch auf das ganze Schulhaus ausgeweitet und kräftig angeheizt, in dem er mit der pointierten Bemerkung schliesst: "Das Erlimatt-Schulhaus machte bereits vor einigen Monaten Schlagzeilen, weil eine Lehrerin mit einem Schüler sexuell verkehrt haben soll". Wunderbar für all die unsicheren Eltern, für all die jungen Schülerinnen und Schüler, die täglich gerne oder tapfer in die Schule gehen, sich vielleicht sogar auf die Lehrerin oder den Lehrer freuen und nun wissen, in was für ein suspektes Schulhaus sie gehen. Das wird ihnen für länger im Gedächtnis bleiben.
Viktor Krummenacher, Bottmingen