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"Konkordanzsystem als Erfolgsmodell": Kandidatin Schweizer (Mitte), Supporter
Kathrin Schweizer erhält Unterstützung aus Mitte-Parteien
Ein Komitee aus CVP, EVP, GLP, BDP, FDP und Parteilosen steht hinter der Baselbieter SP-Regierungsrats-Kandidatin
Von Peter Knechtli
Die Baselbieter SP-Regierungsrats-Kandidatin Kathrin Schweizer erhält Support aus der politischen Mitte: Heute Mittwochmorgen präsentierte sich ein überparteiliches Komitee mit Exponenten von CVP, EVP, Grünliberalen, BDP, FDP und Parteilosen.
Vor zehn Tagen traten sechs bürgerliche Gemeindeoberhäupter an die Öffentlichkeit, strichen die Vorteile ihres Kandidaten Thomas de Courten (SVP) hervor und sprachen der SP-Bewerberin Kathrin Schweizer "Teamfähigkeit" ab.
Heute Mittwochmorgen trat eine Art Gegenkomitee an die Öffentlichkeit, das sich laut eigenen Angaben allerdings schon vor Monaten zu formieren begann und über kein eigenes Budget verfügt: 50 bürgerliche und parteilose Exponenten, die Kathrin Schweizer für die Wahl in die Kantonsregierung empfehlen.
CVP prominent vertreten
Präsident des Komitees ist der parteilose Maispracher Gemeindepräsident Paul Spänhauer (Bild rechts). Weiter traten auf: Landrätin Marie-Therese Müller (BDP), der parteilose Bubendörfer Gemeindepräsident Erwin Müller, Tanja Haller (Oberwil), die Präsidentin der GLP-Frauen Schweiz, Kandidatin Kathrin Schweizer, die Bubendörfer EVP-Landrätin Priska Jaberg und der Therwiler CVP-Gemeinderat Beat Zahno (Bild, von links).
Unter den 50 Komitee-Mitgliedern befinden sich viele bekannte Namen schwergewichtig aus dem Umfeld von CVP/EVP/BDP, aber auch parteilose aktive und ehemalige kommunale und kantonale Behördenmitglieder. So fallen der Röschenzer CVP-Gemeindepräsident Remo Oser, die parteilose ex-grüne Sissacher Landrätin Regina Werthmüller oder die Münchensteiner Gemeinderätin Heidi Frei auf, die als einziges FDP-Mitglied dem Komitee angehört.
Konkordanz – richtig verstanden
Wohl seit Jahren wurde der Begriff "Konkordanz" nie mehr so häufig erwähnt wie heute Morgen an der Medienkonferenz, die bezeichnenderweise im Regierungsgebäude stattfand. Gemeint ist die Einbindung aller gesellschaftlich relevanten Kräfte in die Regierung. So lautete der allgemeine Tenor: "Die SP gehört in die Baselbieter Regierung."
Komitee-Chef Spänhauer sagte: Über 50 Leute machen mit, die die Konkordanz unterstützen. Im Gegensatz zu den bürgerlichen Gemeindepräsidien möchten wir aber nicht ihrem SVP-Kandidaten alle Fähigkeiten absprechen, sondern die Vorzüge von Kathrin Schweizer aufzeigen."
Stimme der sozialen Gerechtigkeit
Die verschiedenen Sprechenden betonten denn auch genau jene Fähigkeiten Kathrin Schweizers, die ihr die sechs Gemeindeoberhäupter absprachen. So sollen in einer Exekutive "möglichst viele politische Haltungen vertreten sein" (Erwin Müller), Schweizer verfüge über politische Erfahrung auf Gemeinde- und Kantonsebene und habe "die nötige Weitsicht und Kraft für dieses verantwortungsvolle Amt".
Laut Priska Jaberg muss "die soziale Gerechtigkeit in der Regierung wieder eine Stimme haben". Schweizers Engagement für die Schwachen und Menschen ohne Lobby sei "beispielhaft". Beat Zahno strich heraus, wie "lösungsorientiert" die Kandidatin politisiere: "Mit mir teilen viele CVP-Mitglieder die Meinung, dass Kathrin Schweizer zusammen mit den vier Bisherigen die kommenden vier Jahre unsere Regierung bilden soll."
"Lösungen statt Hickhack"
Tanja Haller bemängelte den Ausschluss der SP aus der Regierung in den Wahlen vor vier Jahren: "Ein Oppositionssystem ist unschweizerisch." Dagegen sei das Konkordanzsystem "ein Erfolgsmodell", wozu auch "eine angemessene Vertretung von Frauen in politischen Gremien" gehöre. Für Marie-Therese Müller braucht es "in der Regierung Lösungen und kein Hickhack, wie es heute immer wieder der Fall ist".
Kandidatin Schweizer offenbarte "eine riesige Freude an diesem Komitee". Es zeige "die Unterstützung aus der Mitte und den Bürgerlichen, die ich schon länger spürte". Dieses Komitee, das sich "in besonderem Mass für das Allgemeinwohl einsetzt", sei ein "klares Zeichen aus der Mitte der Gesellschaft und der politischen Landschaft". Jetzt mache der Wahlkampf "noch mehr Spass".
Auf die OnlineReports-Frage betonte Kathrin Schweizer, sie habe das Mitte-Komitee initiiert und halte "die Fäden in der Hand". Die Muttenzer Politikerin sprach auch von "Machtspielen" zwischen Kanton und Gemeinden. So seien die Kommunen bei der Grundbuch-Umstellung "vor vollendete Tatsachen gestellt" worden.
Harmonie Kanton/Gemeinden bestritten
Die Gemeindepräsidenten Müller und Spänhauer doppelten nach: Die Zusammenarbeit zwischen Kanton und Gemeinden sei keineswegs so harmonisch wie derzeit gern behauptet. So seien "soziale Themen auf der Strecke geblieben" (Prämienverbilligung). Bei der Gemeindeinitiative "mussten wir uns auf die Hinterbeine stellen, dass das Geld überwiesen wurde". Man merke klar, "wer in der Regierung einmal Gemeindevertreter war".
Die Vertreter von Gemeindebehörden betonten im Übrigen, dass sie "als Privatpersonen und nicht als Vertreter der Gemeinde" auftreten ("dies bräuchte einen Gemeinderats-Beschluss").
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27. Februar 2019
Weiterführende Links:
"SVP ganz hinten auf dem Einkaufszettel"
Auch wenn es um Personenwahlen geht, führt kein Weg daran vorbei, dass die Kandidaten in Parteien eingebunden und durch diese ideologisiert sind.
Kandidaten der SVP stehen auf meinem Einkaufszettel ganz hinten; diese Partei hat sich zu Tode gequatscht, kultiviert seit Jahren, Jahrzehnten die gleichen Themen und spaltete. Die SVP hat offenbar den Anschluss an die Fragen der "Neuzeit" verpasst und verfolgt noch immer eine Politik des rigiden und austertären Stils; prekäre Fragen beantwortet sie kaum.
Schade, dass Thomas de Courten nicht als Parteiloser angetreten ist.
Dieter Troxler, Rünenberg
"Jetzt ist die erste SP-Frau an der Reihe"
Seit 1959 fährt die Schweiz ausgezeichnet mit der Zauberformel. Je zwei Sozialdemokraten haben im Bundesrat seither beste Arbeit geleistet. Es seien u.a. Hans-Peter Tschudi, Willy Ritschard, Otto Stich, Ruth Dreifuss, Moritz Leuenberger und die Aussenministerin Calmy-Rey erwähnt.
90 Jahre haben die SP-Männer im Baselbiet für den sozialen Ausgleich gesorgt und ihre Ressorts brillant geführt: Paul Jenni, Edy Belser, Peter Schmid und Urs Wüthrich die letzten Vier. Jetzt ist endlich die erste Frau an der Reihe. Kathrin Schweizer hat mein volles Vertrauen.
Werner Strüby, Reinach BL