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"Wetterkapriolen immer unberechenbarer": BGV-Direktor Fröhlich
Die Haus-Explosion von Pratteln in der Bilanz der Gebäudeversicherung
Das Ziel der Basellandschaftlichen Gebäudeversicherung bleibt: Kein Prämien-Erhöhung / Neues Gesetz in Vorbereitung
Von Peter Knechtli
Die Feuerschäden im Baselbiet haben sich letztes mehr als verdoppelt. Ein Grund ist die dramatische Explosion eines Wohnblocks in Pratteln, wie die Basellandschaftliche Gebäudeversicherung (BGV) heute Donnerstag bei der Präsentation ihrer Jahresbilanz erklärte.
Es war der 14. April 2012, als es in einem Wohnblock in Pratteln zu einer massiven Gas-Explosion kam und die Liegenschaft samt Häusern in der Umgebung grossteils verwüstete. Wie durch ein Wunder kam dabei niemand ums Leben, aber acht Verletzte waren zu beklagen.
Brandschäden fast verdreifacht
Der Vorfall hat sich in der Jahresbilanz der Basellandschaftlichen Gebäudeversicherung massiv niedergeschlagen: Zusammen mit zwei Brandereignissen führte er zu einer Schadensumme von fünf Millionen Franken. Insgesamt fiel letztes Jahr ein Feuerschaden in Höhe von 11,5 Millionen Franken an, ein Jahr zuvor waren es lediglich 4,2 Millionen Franken, wie Silvan Koch, der stellvertretende Direktor, ausführte.
Daraus wird ersichtlich, wie unberechenbar das Geschäft der Gebäudeversicherung ist, das im Baselbiet – wie in zahlreichen Kantonen – als Monopolgeschäft betrieben wird. Die BGV betreibt das Geschäft im Auftrag des Kantons, dessen Finanzdirektor (derzeit noch Adrian Ballmer) als Präsident der Verwaltungskommission firmiert. Es braucht nur ein gravierendes Einzelereignis wie ein massives Hochwasser oder einen flächendeckenden Hagelschlag, und die Rechnung der privatwirtschaftlich organisierten Gebäudeversicherung präsentiert sich über Nacht völlig neu.
Dramatische Ereignisse immer häufiger
Direktor Bernhard Fröhlich sprach an einer Medienkonferenz von einem "befriedigenden Geschäftsjahr", in dem die Gesamtschadensumme mit 31,5 Millionen Franken fast vier Millionen Franken tiefer lag als im Vorjahr. Den Prämieneinnahmen von knapp 44 Millionen Franken stehen Schäden von 31,5 Millionen Franken gegenüber. Die um 25 Millionen Franken erhöhten Kapitalanlagen in Form von Immobilien und Wertschriften trugen nach Abzug der von externen Experten berechneten Rückstellungen massgeblich zu einem Überschuss von 2,5 Millionen Franken bei. Dieser wird den Schadendeckungsreserven zugewiesen.
Wie Fröhlich weiter erklärte, bekommt verständlicherweise auch die Gebäudeversicherung die "unberechenbarer werdenden Wetterkapriolen" zu spüren – beispielsweise auch dadurch, dass die Rückversicherungs-Prämien in den letzten sieben Jahren von 1,5 auf 4,5 Millionen Franken gestiegen sind und "die Zyklen der dramatischen Ereignisse immer kürzer werden". Nicht unbedingt versicherungsfreundlich entwickeln sich mit ihren filigranen Elementen die heutige Architektur und die Werte, die heute in den unteren Geschossen enthalten sind: Wo früher Äpfel und Kartoffeln gelagert wurden, steht heute ein Sound-Studio oder ein Bastelraum.
Nach dem Feuerwehrgesetz ein weiteres Gesetz
Nachdem das kantonale Feuerwehrgesetz, das die Aufgabenteilung und die Koordination der regionalen Einsatzmittel regelt, unter Dach und Fach ist, steht ein weiteres Paragrafenwerk an: Das Brand- und Elementarschutzgesetz. Eine regierungsrätliche Arbeitsgruppe ist derzeit mit Vorbereitungsarbeiten beschäftigt. Er hoffe, dass dieses Gesetz im Jahr 2015 in Kraft treten könne. Dann fügte Bernhard Fröhlich (61), auch Präsident der "Vereinigung der kantonalen Feuerversicherungen", an: "Das Gesetz wird aber erst weit nach meiner Pensionierung greifen."
Der Gesetzesinhalt soll eine Strategie unterstützen, die die Gebäudeversicherung auch in anderen Bereichen verfolgt: Prävention, um Elementarschäden gar nicht erst entstehen zu lassen. Beispielsweise geht es insbesondere beim Bau neuer Häuser darum, Sicherheitselemente einzubauen – etwa im Bereich des Hochwasserschutzes. So sollen Baubewilligungen künftig auf den Einbezug präventiver Aspekte hin geprüft werden. Eine der Grundlagen ist die von der BGV massgeblich mitfinanzierte und seit mehr als einem Jahr vorliegende Naturgefahrenkarte. Das Gesetz soll als Handlungs-Anreiz aber auch die Möglichkeit von Subventionen an Hauseigentümer regeln. Fröhlichs Botschaft, die Liegenschaftsbesitzer gern hören werden: "Das Ziel ist, dass die Prämien nicht steigen."
Mit Schaden-Märchen in die Kindergärten
Gefahren- und Präventionsbewusstsein will die BGV aber auch im Bildungsbereich schaffen. So sollen Kindergärten und Schulen auf stufengerechte Art Märchen über die Gefahr von Elementarschäden – Feuer, Wasser, Elektrizität, Spielen mit brennenden Kerzen – und Märchenerzähler kostenlos anbieten. In Schulprojekten sollen Jugendliche lernen, wie mit Sandsäcken umgegangen wird. Daraus wiederum sollen Nachwuchs-Kräfte für die Jugendfeuerwehr akquiriert werden.
Was die Geschäftstätigkeit betrifft, will Fröhlich mit Ausnahme der traditionellen Wasserschadenversicherung nicht in den Bereich der privaten Assekuranz eindringen. "Schuster, bleib bei deinen Leisten", ist sein Motto.
Liestal hinterlässt landesweit Spuren
Doch schon damit ist Einfluss der BGV auf die Verminderung von Gebäudeschäden schweizweit beachtenswert: Ob Schulung mit internationaler Ausstrahlung im Interkantonalen Feuerwehr-Ausbildungszentrum in Balsthal und Lungern, wo der Brand im Gotthard-Autobahntunnel authentisch beübt wird, oder das brandneue eidgenössische einheitliche Feuerwehr-Reglement Basiswissen – das 60 Mitarbeitende starke Unternehmen im Liestaler Gebäudekomplex "Futuro" hat immer die Hand führend im Spiel.
Mit dem diesjährigen Schadensverlauf ist die BGV zufrieden: Bisher wurden 1'300 Schäden erfasst, im Jahr 2012 waren um diese Zeit bereits deren 3'000. Doch das Jahr ist noch relativ jung.
23. Mai 2013