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"Standesregeln nicht verletzt": Rechnung für sieben Überweisungen

Das reizvolle Konto der alten Dame

Wie sich die Immobilienverwalterin PricewaterhouseCoopers am Vermögen einer betagten Frau bediente


Von Peter Knechtli


Eine vergessliche alte Frau beauftragte eine Tochterfirma der PricewaterhouseCoopers mit der Verwaltung ihrer Immobilien und verlor viel Geld. Ein Lehrstück darüber, wie betagte Immobilienbesitzer mit ihrem Vermögen nicht umgehen sollten.


"Habe ich das Geld verschwendet?", fragte sich die heute 90-jährige St. Gallerin Marianne Rosentaler (Name geändert) immer wieder, als sie ihren Bankkontostand konsultierte. Nein, hat sie nicht. Aber sie hatte bei der Verwaltung ihrer Liegenschaften eine Form gewählt, die sie viel Geld kostete. Sehr viel Geld.

Es war die National Treuhand in St. Gallen, die seit Beginn der achtziger Jahre die insgesamt vier Liegenschaften administrierte. Nachdem der langjährige Betreuer in den Ruhestand getreten war, kam es zu einem folgenschweren Wechsel: Eine junge Buchhalterin übernahm das Mandat und organisierte bei der hochbetagten und vergesslichen Frau eine Bankvollmacht über alle Konten.

"Kalte Enteignung"

"Danach brach der Kontakt ab", berichtet Tochter Esther Schumacher, die sich stärker um die Liegenschaften zu kümmern begann und nach einem Blick in die Jahresrechnung "massive Verluste" ortete. Die geschockte Besitzerfamilie empfand das Geschäftsgebaren der National Treuhand, mittlerweile eine Tochterfirma der global tätigen PricewaterhouseCoopers (PwC), als "kalte Enteignung" und "Selbstbedienung am Vermögen". Folge: Kündigung der Geschäftsbeziehungen auf Ende März 2002 und Entzug der Kontovollmacht.

Erst als die Familie wieder die Herrschaft über die Bankkonten der Besitzerin hatte, kam laut Esther Schumacher "ein ganzes Bündel Rechnungen" ins Haus, die sonst bei der National Treuhand gleich "in den Akten verschwanden, ohne dass wir sie je sahen".

Was sie an Abrechnungen zu Gesicht bekam, verblüffte sie nicht wenig. Gravierendstes Beispiel ist eine Renovation von zwei Wohnungen, für die in den Jahren 2000 und 2001 Baukosten von rund 170'000 Franken anfielen: Obschon die Arbeiten von einem Architekten geleitet wurden, der 24'000 Franken Entschädigung bezog, überwies sich die National Treuhand ein "Honorar Bauarbeiten" von saftigen 47'000 Franken vom Konto der Besitzerin.

1'450 Franken für sieben Überweisungen

Doch damit ist längst nicht Schluss: Ende März 2001 stellte PricewaterhouseCoopers Rechnung für "unsere Arbeiten" im Janaur über 1'450 Franken. Nähere Abklärungen ergaben, dass dies der Preis für magere sieben Überweisungen war.

Für das jährliche Steuermandat kassierte die PwC nach Angaben von Ester Schumacher rund 20'000 Franken. Konkurrenzofferten bei lokalen Treuhandbüros ergaben Preise von gerade mal 1'800 Franken. Eines von ihnen war die Gerku-Treuhand in Speicher bei St. Gallen. Inhaberin Margrit Nüesch: "Ich war entsetzt, als ich die früheren Abrechnungen sah. Das ist ganz verrückt, wie die rechneten." Sie selbst wende einen Stundenansatz von 90 Franken an – wenig mehr als die Hälfte dessen, was bei PwC üblich ist.

Esther Schumacher bemängelt weiter, dass von Transparenz keine Spur war. Die einzelnen Dienstleistungen seien in den Rechnungen nicht nachvollziehbar ausgewiesen worden, ein Mieter habe während eines ganzen Jahres keinen Zins bezahlt und die Verwalterin habe unattraktive langfristige Mietverträge abgeschlossen. Über die Jahre sei ihrer Familie ein Schaden von über 200'000 Franken entstanden.

PricewaterhouseCoopers nimmt nicht Stellung

OnlineReports wollte von der National Treuhand und der PwC Auskünfte zu den Vorwürfen – unter anderem darüber, welche Leistungen die Liegenschaftsverwaltung für das horrende "Bauhonorar" erbracht habe. Aber eine an Direktor Peter Schmid gerichtete Mail wurde pauschal vom Zürcher Privewaterhouse-Sprecher Alexander Fleischer beantwortet, ohne auf die Fragen einzugehen.

Auf Anzeige der betroffenen Familie gegen die National Treuhand und gegen PwC habe die Standeskommission der Schweizerischen Treuhandkammer letzten September festgestellt, dass die Standesregeln "nicht verletzt" worden seien. Überdies sei es zu einem Vergleich gekommen und der Fall für die National Treuhand somit "abgeschlossen".

PwC kam der Familie entgegen

Die Familie Schumacher liess es angesichts der Erfahrungen nicht zum zeitaufwändigen und teuren Zivilprozess kommen: "Wir wollen uns des Lebens noch etwas erfreuen." Ganz schuldlos am Kundendebakel fühlte sich die PwC-Tochter aber offensichtlich nicht: Sie kam der Familie im Rahmen des Vergleichs um 30'000 Franken entgegen.

22. Juli 2003


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"Hier kommt nur die eine Seite pointiert zu Wort"

Der Form wurde wohl genügt: Man forderte Pricewaterhouse per Mail (wohl mit recht kurzer Frist) zur Stellungnahme zu einzelnen Vorwürfen auf und erhielt keine substantielle Antwort. Dennoch: Wer die Story liest, spürt deutlich, dass hier pointiert nur die eine Seite zum Wort kommt. Vielleicht hätte sich kein Stoff für eine Story ergeben, wenn die Gegenseite detailliert Stellung genommen hätte. Immerhin haben beide Parteien sich auf einen Vergleich geeinigt. Sinn und Geist eines solchen Vergleiches widerspricht es im Grunde, im nachhinein eine Story daraus zu machen.


Urs Engler, Bettingen



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