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"Wir bringen Fair Tax": Basler Finanzdirektorin Eva Herzog
Basel zahlt zehn Prozent weniger Steuern
Finanzdirektorin Eva Herzog legt Steuer-Reformpaket der rot-grünen Regierung vor: "Fair Tax"
Von Peter Knechtli
Die Basler Steuerzahlenden dürfen künftig um durchschnittlich zehn Prozent weniger Steuern zahlen. Dies sieht das Reform-Paket der rot-grünen Regierung vor, das als Gegenvorschlag zu den hängigen Steuersenkungs-Initiativen von CVP und SVP konzipiert ist.
Aktiv wurde die Regierung, nachdem gleich zwei Volksbegehren massive Steuersenkungen für die Basler Steuerzahlenden verlangen: Die CVP-Initiative verlangt einen Abzug der Krankenversicherungsprämien vom Einkommen, wogegen die SVP-Initiative eine in zwei Schritten zu vollziehende lineare Reduktion der Einkommenssteuern fordert. Würden beide Initiativen angenommen, käme es zu Steuerausfällen von deutlich mehr als 200 Millionen Franken (CVP-Initiative 112 Millionen Franken, SVP-Initiative 115 Millionen Franken).
Herzogs "Basel Fair Tax"
"Diese Ausfälle sind zu hoch, deshalb muss ihnen ein Gegenvorschlag gegenüber gestellt werden, sagte SP-Finanzdirektorin Eva Herzog heute Freitagmorgen an einer Medienkonferenz. "Bei unserem Vorschlag wird der Mittelstand stärker entlastet als bei der CVP-Initiative. Und die SVP-Initiative ist sozial viel weniger gerecht als unser Vorschlag."
"Die Flat Tax auf kantonaler Ebene ist aufgrund er Steuerharmonisierung gar nicht möglich, wehrte Eva Herzog bürgerliche Ansprüche ab und präsentierte ihr Konzept: "Wir bringen 'Basel Fair Tax'. Es gibt dabei keine Verlierer, keine Heiratsstrafe und eine Vereinfachung des Steuersystems, das transparenter ist als das bisherige." Es entstehe eine ausgewogene Belastungsrelation zwischen Alleinstehenden und Verheirateten und die Steuerunterschiede gegenüber andern Kantonen würden verringert. Dazu kommt endlich die Steuerbefreiung des Existenzminimums, wie es in einer Motion die SP-Grossrätin Christine Keller verlangt hatte.
Nur noch zwei Tarifstufen
Im Durchschnitt werden den Basler Steuerzahlenden um 9,6 Prozent entlastet. Konkret sieht die Steuerreform Marke "Fair Tax" die Reduktion von bisher sieben auf zwei Tarifstufen und einheitliche Steuersätze für die Tarife A und B vor. Ein Vergleich mit den beiden hängigen Steuerinitiativen zeigt, dass die "Gesamtlösung" (so die Vorlage) der Regierung sämtliche Einkommen entlastet - auch jene über zehn Millionen Franken (minus zwei Prozent) -, am stärksten aber die kleinen und mittleren Einkommen, nämlich um 86 Prozent (bei einem Nettolohn von 25'000 Franken bei Einzelpersonen ohne Kinder) bis bis sechs Prozent (bei einem Nettolohn von 250'000 Franken). Demgegenüber bewirke die CVP-Initiative bei Einkommen zwischen einer und zehn Millionen gar keine Entlastung, wie Eva Herzog pikanterweise anmerkte und den Regierungsvorschlag als "sozial ausgewogen" bezeichnete.
Bezüglich Entlastung "kommen die Familien stärker zum Zug", da sie mit Kindern auch stärkeren Belastungen ausgesetzt seien, wie sich die Kassenwartin ausdrückte. Bei Familien mit zwei Kindern und beidseitiger Erwerbstätigkeit beträgt die Entlastung zwischen 100 Prozent (bei einem Nettolohn von 50'000 Franken) und 9 Prozent (bei einm Nettolohn von 500'000 Franken).
Höhere Abzüge
Die Entlastungen kommen zustande durch neue Sozialabzüge, mit denen unter anderem die Progression gesteuert wird. So wird ein allgemeiner Sozialabzug vorgesehen: 18'000 Franken für Alleinstehende, 34'000 Franken für Verheiratete und 28'000 Franken für Alleinerziehende. Pro Kind wird ein Abzug von 6'800 Franken gewährt. Der Rentnerabzug von 3'000 Franken bleibt unverändert, doch entfällt der Abzug für Ergänzungsleistungs-Bezüger von 500 Franken. Erhöht werden auch die Versicherungsabzüge auf 2'000 Franken pro Person und auf 1'000 Franken pro Kind. Die Berufskostenpauschale pro erwerbstätige Person steigt von 1'500 auf 4'000 Franken, der Zweitverdienerabzug von 1'100 auf 2'000 Franken.
Unangetastet bleibt die Vermögenssteuer. Grund, so die Vorlage der Regierung: Sie sei schon anlässlich der Steuerrevision im Jahr 2002 um zehn Prozent gesenkt worden.
Entlastung für Unternehmen und Aktionäre
Weniger stark als natürliche Personen sollen Unternehmen entlastet werden, nämlich durch eine schrittweise Reduktion des maximalen Gewinnsteuerssatzes von heute 24,5 auf 22 Prozent. Überdies sollen Aktionäre und Anteilseigner durch eine Steuersatz-Reduktion auf Beteiligungseinkünfte um 40 Prozent auf 60 Prozent entlastet werden. "Von einer weiteren Entlastung auf 50 Prozent oder gar mehr, wie das dei meisten Kantone vorsehen, sieht der Regierungsrat ab", heisst es in der Vorlage, da das verfassungsrechtlich zulässige Entlastungs-Ausmass "umstritten" sei. Nicht vorgesehen ist ein Proportionaltarif bei der Gewinnsteuer und eine Senkung der Kapitalsteuer.
Fast 150 Millionen Franken Steuerausfälle
Was die Basler Regierung jetzt vorschlägt, hätte stufenweise Steuerausfälle von insgesamt 123 Millionen Franken (im ersten Jahr bis 147 Millionen Franken im dritten Jahr) zur Folge. "Mehr ist nicht möglich", dämpfte die Finanzdirektorin vorsorglich weitere Steuersenkungsgelüste. Zu den Mindereinnahmen tragen die tangierten Bereiche wie folgt bei: Einkommensbesteuerung 85 Millionen Franken, Unternehmensbesteuerung 54 Millionen Franken und Immobilienbesteuerung 7 Millionen Franken. Der Grundstücksteuersatz soll von 4 auf 2 Promille gesenkt werden.
Dies sei angesichts der guten Finanzlage und der Überschüsse verkraftbar, sagte Herzog. Das Entlastungsprogramm bringt, so die Finanzdirektorin, sowohl natürlichen wie juristischen Personen Erleichterungen. Damit sei es das Paket insgesamt sozialverträglicher als die beiden Steuer-Initiativen. Laut Herzog soll die Reform "rasch eingeführt" werden - am liebsten per 1. Januar 2008. Dies allerdings sei nur möglich, wenn der Grosse Rat die "Fair Tax"-Vorlage noch dieses Jahr verabschiedet und die beiden Parteien ihre Initiativen zurückziehen.
Einstimmige Regierung?
Auf die OnlineReports-Frage, ob die Basler Regierung die Steuervorlage einstimmig beschlossen habe - also auch beispielsweise CVP-Regierungsrat Carlo Conti -, berief sich Eva Herzog zunächst auf die für solche Fragen geltende Vertraulichkeit, lieferte anschliessend aber den Satz nach: "Alle Mitglieder der Regierung tragen das Paket mit." Daraus darf geschlossen werden, dass wohl keine Einstimmigkeit, aber das Kollegialitätsprinzip herrschte.
Quelle: Finanzdepartement Basel-Stadt
7. September 2007
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Reaktionen auf "Fair Tax"
• Die Basler FDP freut sich darüber, dass verschiedene ihrer Vorschläge in das Reformpaket eingeflossen sind. Die Einkommenssteuer-Vorschläge kommen gut weg. Insbesondere sei der Zweistufentarik "ein erster Schritt in Richtung Flat Tax". Erfreulich sei auch, dass die Regierung die Steuerkonkurrenz insbesondere zum Baselbiet anerkannt habe. Dadurch werde die Attraktivität von Basel-Stadt erhöht. Doch das Paket geht den Freisinnigen zu wenig weit. Enttäuschend sei, dass die im schweizerischen Vergleich "sehr hohe Vermögenssteuerbelastung" nicht angetastet worden sei. Auch die Vorschläge zur Unternehmensbesteuerung geht der FDP zu wenig weit. Die Standort-Attraktivität werde dadurch "kaum erhöht".
• Nur von einer "gelungenen Vorlage mit Schönheitsfehlern" mag die SP sprechen. Sie sei "erfreut, dass dank den Vorschlägen der Regierung langjährige Postulate unserer Partei wie die steuerliche Freistellung des Existenzminimums vor der Realisierung stehen". Auch were begrüsst, dass die relativen Steuersenkungen bei den tieferen Einkommen klar höher ausfallen als in den oberen Verdienstkategorien". Sorgen macht der SP aber die neue Teilbesteuerung der Dividenden. Diese Massnahme sei "verfassungsmässig fraglich und dient weniger den Unternehmen selbst als einer ganz kleinen Gruppe von Eigentümern, womit weitere Steuerschlupflöcher geschaffen werden". Forderung der SP: Auch künftig sollen "alle Einkommensbestandteile – egal, ob aus Arbeits- oder Kapitaleinkommen – vollumfänglich besteuert werden." Die SP werde im Rahmen der parlamentarischen Beratung alles daran setzen, die Teilbesteuerung von Dividenden aus der Vorlage zu kippen. Insgesamt stelle die Regierungs-Vorlage den zwei hängigen Volksinitiativen von CVP und SVP "eine valable Alternative" gegenüber. Es dürfe aber nicht vergessen gehen, dass auch sie dem Korsett des Bundesgesetzes über die Steuerharmonisierung nicht entfliehen kann und es deshalb unmöglich war, die Menge der heute bestehenden und hauptsächlich obere Einkommen begünstigenden Abzüge zu verkleinern.
• Ähnlich vorsichtig positiv wie der FDP-Tenor lautet die Stellungnahme der CVP. Mit dem Steuerpaket könne sich Basel-Stadt im schweizweiten Steuerwettbewerb "deutlich verbessern". Die Entlastung bei den natürlichen Personen sei wichtig, da insbesondere mittelständische Schichten den Kanton in grosser Zahl verlassen, diese gleichzeitig den grössten Teil der Steuereinnahmen liefern. Die Verbesserungen für Unternehmen sei zu begrüssen, da deren Steuerbelastung bisher zu den höchsten in der Schweiz zähle und Firmen geradezu einlade, das Domizil zu ändern. Die CVP hat noch nicht über einen Rückzug ihrer Initiative beschlossen. Dies soll - wodurch Druck aufrecht erhalten wird - erst nach der parlamentarischen Beratung geschehen. Sie sei aber "erfreut, dass von der Regierung - auch aufgrund der Initiative - dieses Steuerpaket präsentiert wurde und endlich Bewegung in Richtung einer Entlastung kommt". Positiv sei weiter, dass mit dem Vorschlag der Regierung Ehepaare stärker entlastet werden und die Heiratsstrafe weitgehend verschwindet, ebenso dass die Regierung ihr Steuerpaket rasch realisieren und auf den 1. Januar 2008 bereits zur Wirkung bringen will. Negativ erscheint der CVP, dass die Krankenkassenprämien nicht direkt abgezogen werden können, insbesondere erscheint ihr die angestrebte Entlastung von 139 Millionen Franken bis in drei Jahren als insgesamt noch ungenügend. Zum Ende ihre Communiqués bucht die CVP den Regierungs-Vorschlag als "ihren Erfolg" ab.
• Die Grünen sind "erfreut" über die vorgelegten Vorschläge für Steuersenkungen. Insbesondere begrüssen die Grünen - wie die SP - die Steuerbefreiung des Existenzminimus und die deutliche Entlastungen bei den untern und mittleren Einkommen. Die Grünen erachten die durch das Paket entstehenden Steuerausfälle von deutlich über 100 Millionen Franken als "vertretbar, weil diese Ausfälle nicht zu einer Erhöhung der Schuldenquote führen werden. Steuerentlastungen, wie sie von der SVP verlangt werden und die dazu führen würden, dass dem Staat nicht mehr ausreichende Mittel zur Finanzierung der wichtigen öffentliche Aufgaben zur Verfügung stehen, lehnen die Grünen ab. Deshalb beurteilen wir auch die Höhe der Steuersenkungen für juristisch Personen als kritisch".
Die Grünen begrüssen auch die Vereinfachung des Systems der Einkommenssteuer durch den nur noch aus 2 Stufen bestehenden Doppeltarif und die Erhöhung der Abzugsmöglichkeiten, die eine angemessene Steuerprogression sicherstellen. Nicht nur werde das System vereinfacht, sondern es würden auch die Missbrauchsmöglichkeiten verringert und die Gerechtigkeit des Systems verbessert. Die Grüne Partei erwartet jetzt, "dass die bürgerlichen Steuerinitiativen zurückgezogen werden und dadurch eine Inkraftsetzung der Steuersenkungen auf den 1. Jan. 2008 möglich wird".
• Die Basler Liberalen hält die Einnahmenausfällte von knapp 140 Millionen Franken für "zu zögerlich". Methodisch handle der Regierungsrat fragwürdig. Wenn es ihm ernst damit sei, die Steuersenkung auf den 1. Januar 2008 in Kraft setzen zu wollen, hätte er diesen Ratschlag früher vorlegen müssen. Nun komme der Vorschlag des "wie eine Erpressung" daher. Die LDP verwahrt sich gegen diese staatspolitische Grundhaltung, "die zutiefst undemokratisch ist. Wäre nicht die eigene Finanzdirektorin am Ruder, so hätte auch die SP schon längst protestiert". Die Liberalen werden daher im Grossen Rat für das weitere Vorgehen verschiedene Anträge stellen, so eine stärkere Entlastung der mittleren und hohen Einkommen.
Inhaltlich liege die Schwäche des regierungsrätlichen Vorschlags vor allem darin, dass einerseits bei den tiefsten Einkommen Steuerentlastungen von teilweise über 30 oder gar gegen 100 Prozent vorgesehen sind, was in diesem Ausmass weder nötig noch sinnvoll ist, aber andererseits die mittleren und oberen Einkommen nur sehr bescheiden entlastet werden, womit die Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen Kantonen ungenügend bleibt. Ferner sei zu bedauern, dass der Regierungsrat bei der Revision der Gewinnsteuer zwar in die richtige Richtung geht, aber eine grundsätzliche Abkehr vom System der ertragsintensitätsabhängigen Gewinnbesteuerung ablehne.
• Die EVP fordert eine rasche und trotzdem gründliche Diskussion der Vorlage. Falls die sehr knapp bemessene Zeit zur Beratung nicht ausreichen sollte, fordert sie ausserdem, dass trotzdem schon im nächsten Jahr Steuererleichterungen durchgeführt werden, allenfalls als eine befristete Massnahme. Die Steuervorlage enthalte aber "noch stossende Ungerechtigkeiten". Mit der Einführung von nur zwei Tarifstufen Einzelpersonen / erwerbstätige Ehepaare bleibe die Ungerechtigkeit bestehen, dass Elternpaare, welche ihre Kinder selbst betreuen, steuerlich stark benachteiligt bleiben.
• Nur "schwer verständlich" ist für Basta, "dass die Regierung den Steuersenkungen nicht die kommenden Investitionen gegenüberstellt". Nur so wäre absehbar, wie viel Abbau an Steuereinnahmen der Kanton verkraften kann, ohne die im Politikplan formulierten Ziele zu gefährden. Auch sei der Schuldenabbau des Kantons in den letzten Jahren wesentlich auf Kosten des Staatspersonals und sozialer Einrichtungen erfolgt. Basta hält ausserdem fest, dass ausgerechnet die Personengruppe mit dem geringsten Einkommen von den geplanten Steuersenkungen nicht oder kaum tangiert werde. Den Sozialhilfeempfängerinnen und -empfängern sei vor rund zwei Jahren der Grundbedarf um 10 Prozent gekürzt worden. Für "völlig unbegreiflich" hält Basta die Reduktionen bei der Unternehmensbesteuerung und bei der Immobiliensteuer, die zu Mindereinnahmen von rund 59 Millionen Franken führen. Die Wirtschaft werde bereits jetzt vom Kanton Basel-Stadt massiv gefördert.
• Die Jungsozialisten Basel-Stadt kritisieren "vor allem das Ausmass der geplanten Steuersenkungen und Mindereinnahmen für den Kanton". Der gegenwärtige Wirtschaftsboom werde nicht ewig anhalten. Es stehe zu befürchten, dass in der nächsten grösseren Wirtschaftskrise wegen der geplanten Mindereinnahmen von fast 150 Millionen Franken, wegen der hohen Volatilität der Steuererträge im Kanton Basel-Stadt und wegen der relativ rigiden Schuldenbremse Sparpakete und einschneidende Abbaumassnahmen sich als unumgänglich erweisen könnten". Angesichts dessen könnten "noch weitergehende Steuersenkungsforderungen von Schönwetterpolitikern aus dem bürgerlichen Block nur als verantwortungslos und sozial bezeichnet werden".
• Die SVP wirft der rot-grünen Regierung vor, sie missbrauche das Steuerpaket, "um neue Wähler zu gewinnen". Durch die Steuervorlage der linksgrünen Regierung werden die Einkommensklassen bis 50'000 Franken steuerlich deutlich begünstigt, Mittelstand und oberes Einkommenssegment hingegen nur ungenügend entlastet. "Sollte der Grosse Rat den Vorschlag der Regierungsrat insofern noch abändern, dass die Progression nicht noch weiter ansteigt und der gesamte Mittelstand und auch die höheren Einkommensklassen von den Steuersenkungen profitieren, ist für die SVP ein Rückzug der eigenen Initiative denkbar. Falls dies nicht der Fall ist, wird die SVP die Initiative dem Volk vorlegen lassen." Nicht zufrieden ist die SVP überdies damit, dass bei den Vermögenssteuern keine Steuersenkungen vorgenommen werden sollen.
"Schön, dass auch bürgerliche Regierungsräte Hand boten"
Alle Achtung, da hat Frau Herzog den Vogel abgeschossen und Basel über Nacht wieder attraktiv gemacht. Die "Steuerhölle" Basel wurde deutlich entschärft, auch Studierende mit schmaler Brieftasche profitieren sicher enorm von der Weitsicht der Finanzdirektorin Herzog. Unsere Stadt kennt viele arme Leute mit kleinem Einkommen, auch diese ziehen sicher den nicht vorhandenen Hut vor Basels Regierung. Sehr schön, dass auch die bürgerlichen Regierungsräte Hand boten, um Basel auch als soziale Stadt bekannt zu machen. Die fehlenden Steuereinnahmen von 150 Millionen pro Jahr sind verkraftbar, insofern die gute Wirtschaftslage weiter anhält.
Es darf aber nicht übersehen werden, dass Basel verglichen mit anderen Orten zuwenig Grünflächen hat und über keinen See verfügt wie Zürich, ausserdem stinkt es in dieser Stadt mehr als anderswo, in Kleinhüningen etwa. Chemie-Düfte vermischt mit Frank-Aroma und Abgase ergeben ein Parfüm der Sonderklasse, eine Beleidigung. Auch aus diesen Gründen ist deshalb eine Steuerreduktion gerechtfertigt. Falls Basel in eine Rezession schliddern sollte, muss über die Bücher gegangen werden. Hoffen wir, dass weiterhin schöne und sonnige Tage über der Stadt am Rheinknie leuchten, garstiges Wetter kommt von alleine.
Eric Cerf, Basel
"Die SP macht es besser"
Nach all den Steuersenkungen in den bürgerlichen Kantonen ist der Vorstoss der rot-grünen Regierung eine wahre Freude. Wenn SozialdemokratInnen die Steuern senken, dann profitiert nicht eine kleine Minderheit der reichsten BürgerInnen, sondern es werden vor allem die kleinen und mittleren Einkommen und Familien entlastet. Das System von Eva Herzog ist einfach, setzt durch die zwei fixen Grenzsteuersätze keine falschen Anreize und ist faktisch eine Individualbesteuerung.
Ganz anders die beiden untauglichen Steuersenkungsinitiativen der CVP und der SVP. Die SVP will die Steuern vor allem für Einkommen über 200'000 Franken senken. Wie immer verraten sie die Mittelschicht und bedienen die reiche Klientel. Die Initiative der CVP setzt vollkommen falsche Anreize, denn Leute, welche zum Beispiel kostensparende Hausarzt- oder HMO-Prämienmodelle wählen, werden durch die CVP-Initiative bestraft. Da lob ich mir den Pauschalabzug für Versicherungsprämien des Regierungsvorschlags, denn dieser setzt keine falschen Anreize. Es bleibt zu hoffen, dass die beiden Initiativen zurück gezogen werden, so dass die Steuersenkungen bereits per 1. Januar 2008 wirksam werden.
Kaspar Sutter, lic.rer.publ.HSG, Basel
"Eine gute Diskussionsgrundlage"
Der Finanzministerin ist mit der Steuervorlage ein guter und parteiübergreifender Kompromiss gelungen. Mit der Umsetzung des Steuerpakets wird der Standort Basel attraktiver, hoffentlich auch für Unternehmen und Investoren.
Das finanzpolitisch bedeutende Ziel, den Kanton für gute Steuerzahlende attraktiver zu machen, respektive deren Abwanderung zu stoppen, wird zumindest teilweise erreicht (wenn auch vielleicht etwas zu schwach gewichtet), der Abstand zu den Nachbarkantonen verkleinert sich. In diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass die Steuern in einer Kernstadt nie auf das Niveau der umliegenden Agglomerationsgemeinden gesenkt werden können, zu akzeptieren. Da das Leben in der Stadt aber viele praktische Vorteile, wie zum Beispiel tiefere Wegkosten und weniger Zeitaufwand und Ärger für das Pendeln, bietet, dürften vor allem auch Besserverdienende bereit sein, dafür einen gewissen Preis in Form höherer Steuern zu bezahlen, so lange die Differenz nicht zu gross wird. Damit diese Zahlungsbereitschaft besteht, müssen aber auch weitere Rahmenbedingungen wie Schulen, Infrastrukturen des öffentlichen und privaten Verkehrs und die Lebensqualität (Umweltbelastung,
Sauberkeit, Nachtruhe etc.) stimmen.
Ein Problem könnte die relativ schwache Entlastung alleinstehender mittelständischer Personen darstellen, da diese Gruppe besonders mobil sein dürfte. Um das überfällige Ziel der Abschaffung der "Heiratsstrafe" zu erreichen, ist diesr Schwachpunkt wohl systemimanent.
Die Steuerbefreiung des Existenzminimums stellt grundsätzlich eine effiziente Lösung dar, macht es doch wenig Sinn, das Existenzminimum auf der einen Seite zu besteuern, um es dann gleich über Transferzahlungen wieder zu subventionieren. Die Frage, die sich aber stellt – und mich auch etwas beunruhigt - ist diejenige nach der interkantonalen Harmonisierung der Obergrenze des steuerbefreiten Existenzminimums. Wenn es nicht zumindest in der Region zu einer solch Harmonisierung kommt, besteht die Gefahr, dass soziale Lasten zwischen den Kantonen verschoben werden. Sollte das geschehen, kann Basel - in Verbindung mit dem nicht mehr den Marktbedürfnissen entsprechenden Bestand an zu kleinen und veralteten Wohnungen - wohl nur verlieren und würde noch mehr zur "AAA-Stadt", was sicher niemand will.
Vielleicht wäre es nützlich, wenn die schweizweite Harmonisierung des steuerbefreiten Existenzminimums mit einer Standesinitiative angeregt würde. Niemand wird ernsthaft behaupten können, dass dadurch der Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen eingeschränkt wird, kommt dieser doch vor allem bei mittleren und hohen Einkommen zum Tragen.
Martin Häfliger, Basel
"Ich bin hin- und hergerissen"
Ich finde diesen Vorschlag der Regierung gut, zumal er (finanziellen) Spielraum offen lässt, weitere Streitpunkte jetzt oder später noch zu regeln (wie z.B. die Vermögenssteuer und eine dringend nötige Entlastung des Gewerbes).
Hin- und hergerissen bin ich bezüglich der Steuerbefreiung bei den unteren Einkommen. Positiv ist die damit zweifellos verbundene administrative Entlastung, denn ich vermute mal, dass bei den tiefsten Einkommen die Steuern sehr oft aufwändig eingetrieben werden müssen; ausserdem halte ich die hohe Freistufe für Familien mit Kindern für gut, weil Kinder aufziehen bereits ein bedeutender, wertvoller Beitrag an unsere Gemeinschaft und unsere Zukunft ist.
Negativ ist die vollkommene Steuerbefreiung in Bezug auf die vermeintliche "Loslösung" einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von Bürgern von den Staatsfinanzen. Alle die indirekten Steuern und die sogenannten "verursachergerechten" Gebühren und Obligatorien werden ja leider oft nicht als das wahrgenommen, was sie sind – ein Beitrag zur "Staatsquote".
Wie auch immer – einen bei allen Bürgern "bedenkenlos" akzeptablen Vorschlag wird es nie geben. Gemessen daran ist die Vorlage – wie eingangs erwähnt – für mich anerkennenswert.
Peter Waldner, Basel
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