Neue Asylpolitik: Basel soll Zürcher Idee aufnehmen
Basel/Zürich, 2. Februar 2003
Der Kanton Basel-Stadt soll die Offensive für eine neue Asylpolitik aufnehmen, die am Samstag der Zürcher Stadtrat lancierte (vgl Kasten). Dies fordert der Basler SP-Grossrat Roland Stark in einer Interpellation. Da die bisherige Abschreckungspolitik durch Arbeitsverbot versagt habe,
Zehn Regeln für eine neue Schweizer Asylpolitik: 1. Asyl Suchende zur Arbeit berechtigen und verpflichten 2. Nützliche Arbeitsangebote breit stellen 3. Den Aufenthalt der Asyl Suchenden durch deren eigene Arbeit finanzieren 4. Kinder und Jugendliche ausbilden 5. Unterkünfte von Asyl Suchenden selbst organaisieren lassen 6. Unterstützung durch Landsleute einfordern 7. Asylentscheide beschleunigen 8. Leistungen der Gemeinden durch Bund und Kantone finanzieren 9. Kriminelle Asyl Suchende sofort ausschaffen 10. Dringliche nationale Asykonferenz einberufen |
fordert der Zürcher Stadtrat mit zehn Punkten eine radikale Umkehr. Kernpunkt: Anders als bisher sollen Asyl Suchende so schnell wie möglich und bis zum Ende ihres Aufenthalts zur Arbeit verpflichtet und berechtigt werden. Dazu sollen nützliche Arbeitsangebote bereit gestellt werden, die das Gewerbe nicht konkurrenzieren, sondern "in erster Linie öffentlich nützliche Dienstleistungen erbringen, die heute aus Kostengründen nicht erbracht werden". Kindern und Jugendlichen sollen spezielle Ausbildungs- und Förderprogramme angeboten werden. Die Asyl Suchenden sollen zudem ihren Aufenthalt durch Arbeit selbst finanzieren. Schliesslich sollen Asylgesuche schneller entschieden und kriminelle Asyl Suchende sofort ausgeschafft werden. - Grossrat Stark will jetzt von der Basler Regierung wissen, ob sie bereit sei, "sich dem Aufruf des Zürcher Stadtrates anzuschliessen". - Der Basler Migrationsdelegierte Thomas Kessler erklärte gegenüber OnlineReports, die vorliegende öffentliche Fassung sei gegenüber dem Entwurf "stark verbessert" worden. Trotzdem bleiben wichtige Fragen offen, wie beispielsweise die Umsetzung der Arbeitspflicht, die Organisation der geforderten Arbeitsplätze oder die Einforderung von Unterstützung durch "bereits hier wohnhafte ethnische und nationale Gruppierungen". Nicht ohne weiteres lösbar sei auch die unverzügliche Ausweisung von Kriminellen, wenn dies wegen fehlender Papiere nicht sofort möglich sein. - Einen Anzug, der in die gleiche Richtung zielt, haben auch die Basler Liberalen sowie der Baselbieter SP-Landrat Ruedi Brassel eingereicht. (aktualisiert am 9.2.2003)
"Alles nur Augenwischerei"
Das "Zürcher Modell" wird vor allem einen Effekt haben: Die Schweiz wird für Asylanten noch attraktiver als ohnehin. Zudem ist es für Basel denkbar ungeeignet. Die Basler Arbeitslosenquote liegt, -"dank" den Grenzgängern und dem freien EU-Personenverkehr - weit über dem Landesdurchschnitt. Da würden sich die Arbeitslosen und die Noch-Erwerbstätigen aber freuen, wenn zusätzlich noch die Asylanten in den ausgetrockneten Arbeitsmarkt gedrängt würden. Eine Kosteneinsparung würde sich nicht ergeben, lediglich eine Verlagerung, indem bisher Erwerbstätige in die Arbeitslosigkeit verbannt und somit der Allgemeinheit zur Last fallen würden. Eine Entlastung sowohl der Staatskassen wie auch des öffentlichen Raums wird nur erfolgen, wenn die Asylgesuche speditiv behandelt und die rund 95 Prozent Abgewiesenen ebenso speditiv rückgeführt, bzw. ausgeschafft werden. Alles andere ist Augenwischerei.
Abdul R. Furrer, Basel
"Gut vorbereitetes administratives System erforderlich"
Ich unterstütze die genauere Prüfung des vorgeschlagenen Vorgehens. Gut gefällt mir, dass das Ziel sein soll, dass die Kosten des Aufenthaltes zumindest teilweise damit gedeckt werden können. Man darf allerdings nicht aus den Augen lassen, dass so eine Verknüpfung von Aufenthalt, Arbeit und Finanzierung ein sehr gut vorbereitetes administratives System hinten dran erfordert. Gerne wird vergessen, dass sich schlussendlich die Gemeinden um die Detailarbeit kümmern und auf dieser Ebene von der Funktion her unterschiedlichste Personen mit diesen Aufgaben betraut sind. Diese Personen müssen klare, erfüllbare, möglichst unkomplizierte Vorgaben zur Erfüllung ihrer Aufgaben erhalten. Es besteht in der Regel kein personelles Ressourcenpolster, um entsprechende neue Vorgehensweisen kurzerhand umsetzen zu können. Da das Asylwesen vom Bund finanziert wird, liegt es auch in den Händen des Bundes, hier für eine konstruktive Vorgehensweise den Ausführungsorganen Unterstützung zu bieten.
Erika Bachmann, Liestal/Lausen
"Asylbewerber mit Arbeit zu versorgen, ist sinnvoll"
Das Zürcher Modell enthält zwei wichtige Aspekte. Sinnvoll wäre es, Asylbewerber mit Arbeit zu versorgen, um die Staatskosten zu senken und als Nebeneffekt die Diskussionen in der Bevölkerung betreffs diesen Kosten entgegen zu wirken (Aspekt der Rechtspopulisten). Anderseits besteht die Gefahr, dass bestimmte Kreise aus dem Gewerbe und der Wirtschaft sehr gerne bereit wären, billige Arbeitskräfte zu übernehmen, natürlich unter dem Motto "wir sind ja sozial eingestellt". Dabei wird aber die Gefahr eines Lohndumpings sehr gross. Wenn dieses Modell Erfolg haben sollte, braucht es dazu sehr gute Leitplanken, die in Zusammenarbeit aller involvierten Kreise aufgestellt werden müssten. Ansonsten wird dieses Modell zum sozialen Bumerang. So oder so, wie man's macht, wird's schwierig, wenn aber alle mitmachen und alle Aspekte berücksichtigt werden, könnte es funktionieren. Zum Schluss stellt sich die Frage: Ist dieses Modell für Asylanten "abschreckend" oder eher "anziehend"?
Bruno Heuberger, Oberwil
"Zürcher Modell unbedingt prüfen"
Ich finde das Zürcher Modell auf den ersten Blick betrachtet gar nicht ungeschickt. Basel sollte dieses Vorgehen unbedingt prüfen und eventuell sogar übernehmen und anwenden.
André Rodoni, Basel