Verstehen Sie Spass?
"Teleboy" hiess die Sendung, in der der Moderator Kurt Felix in breitem Schweizer Hochdeutsch Leute reinlegte. "Teleboy", eine Entgleisung, dieser Name, fand ich schon damals. Und gendermässig sowieso daneben, aber lassen wir das.
Es folgten andere Moderatoren, an ein Telegirl erinnere ich mich nicht. Die Namen der Sendung änderten, das Prinzip war und ist noch immer das gleiche: Es werden Leute veräppelt und dabei "mit versteckter Kamera" gefilmt. Manchmal sind die Reaktionen zum Grölen, manchmal zum Gähnen. Leichte, seichte Unterhaltung, es "darf gelacht werden".
Ich sitze nicht mich krummlachend stundenlang auf meinem harten Klappstuhl.
Und nun fragt mich da jemand, ob mir die Politik "Spass" macht. Die Antwort vorneweg: Nein, ich sitze nicht mich krummlachend stundenlang im Grossen Rat auf meinem harten Klappstuhl. Aber wieso diese Frage? Wollte ich Spass, als ich kandidierte, will ich Spass, wenn ich mir nächstes Jahr den Wahlkampf erneut antue?
Es sind andere Gründe, weshalb jemand politisiert. Weil es Sinn macht, weil er oder sie es kann, die Zeit dazu hat, schnell lesen kann. Man der Gesellschaft etwas zurückgeben will, dankbar ist. Etwas für das Gemeinwesen tun, etwas bewirken möchte. Manche hoffen sicher auch, einen Freundeskreis zu finden, aber Politik ist tückisch: Du bist genau so lange gefragt und umschwärmt, wie du etwas bewirken kannst, danach bist du umgehend weg vom Fenster. Fertig lustig.
Aber "Spass"? Ich wollte wissen, was denn gemeint ist, mit dieser Spassgesellschaft, und fragte eine meiner Töchter, Lehrerin, ob ihr unterrichten "Spass" mache. Ja, meinte sie, es mache ihr Spass. Dabei unterrichtet sie nicht am Teatro Dimitri, sondern an einer Schule mit Kindern aus den verschiedensten Kulturen, in einer Gegend mit massiven Problemen.
Irgendwie sprechen wir nicht die gleiche Sprache, denn ich sehe sie nicht grölend vor Lachen vor der Klasse stehen. Was kann sie meinen, und was meinen die Leute, die mich fragen, ob ich "Spass" an der Politik habe?
Sie hat Freude an ihrem Beruf, Freude an den Kindern. Das kann ich nachvollziehen. Offenbar sagt man dem heutzutage "Spass". Freude an der Politik habe ich zuweilen auch. Etwa bei der letzten kantonalen Volksabstimmung, als diese Stadtklima-Initiativen den Bach runter gingen, und dann noch wie. Weniger freuen mich hingegen die Kollegen und Kolleginnen im Parlament, die nun schon wieder genau zu diesem Thema mit einer vor Kurzem im Parlament abgelehnten Vorlage kommen.
Die Verunsicherung ist gross, und auf der Strecke bleibt der Spass.
Die Freude wurde also zum Spass. Wie heisst dann aber heutzutage das, was ich unter "Spass" verstehe? Blödeln, Klamauk, Gelächter? Haben die Menschen denn überhaupt noch so richtig, richtig Spass? Unbelasteten, sinnlosen, die Batterien aufladenden Spass, Bauchweh vor Lachen? Oder verging ihnen das Lachen?
Haben wir uns das Lachen und den Spass nehmen lassen vor lauter Kriegen, Katastrophen, Klimazielen, Fake News, Netto-Null-Programmen? Wir leben in einer Welt voller Misstrauen. Was stimmt noch, welche Fotos sind noch echt, welche Musik ist es, was sollen wir denn noch glauben? Künstliche Intelligenz ist überpräsent, hilflos stieren wir auf Dinge, von denen wir nicht wissen, ob sie wirklich existieren. Und dann glauben wir Göttern, Schwurblerinnen, Verschwörungstheoretikern und Wahrsagerinnen.
Die Verunsicherung ist gross, und auf der Strecke bleibt der Spass. Der übermütige, unbeschwerte Spass. Er ist eine Energiequelle, gratis dazu, er stärkt für die harten Zeiten. Kultivieren wir ihn, suchen wir ihn. Wir dürfen, wir müssen. Denn wir können nicht immer nur mit aufgerissenen Augen auf die nächste Katastrophe warten. Lachen – das beste aller Heilmittel.
Übrigens ist auch in der Politik Spass möglich. Nicht nur, wie damals, als Bundesrat Hans-Rudolf Merz "Bündnerfleisch" zu sagen versuchte. Manchmal, etwa wenn aus "Zivilgesellschaft" "Zuvielgesellschaft" wird, beben auch die harten Klappstühle im Grossratssaal. Bloss die Politik selbst, nein, die macht keinen Spass. Aber Freude.
4. Dezember 2023
"Spass an der Freude"
Es sieht fast so aus, als hätte Frau Strahm einmal Spass an der Freude und dann Freude am Spass.
Hanspeter Berger, Basel
"Nur noch lachen?"
Immer mehr frage ich mich bei dem, was mir in der Politik beispielsweise konkret in Allschwil begegnet: Soll ich nichts mehr machen, als nur noch lachen? Aber ich bin soweit mit Frau Strahm einverstanden: Es macht keinen Spass. Aber leider auch keine Freude. Bei mir überwiegen andere menschliche Grundgefühle wie Scham, Trauer und Wut. Letzteres insbesondere angesichts der vielen Dummen, Gemeinen, Gleichgültigen oder Schlauen, die es nicht anders haben können oder wollen.
Ueli Keller, Allschwil