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Aurel Schmidt: "Seitenwechsel"

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Wie sich neue religiöse Denkmuster einisten

Im gewöhnlichen Alltag kommen religiöse Muster häufiger vor, als es aussieht. Sportler und Sportlerinnen, die vor dem Start beten und nach dem Sieg Gott danken, sind keine Seltenheit. Im Spiel Brasilien-Chile an der Fussball-Weltmeisterschaft 2014 verhalf der brasilianische Torhüter Julio César der Seleção zum Sieg. "Unser Land zu vertreten und zu Hause zu spielen, ist ein starker Druck. Aber Gott sei Dank ging alles gut", erklärte César.

Gott als Coach und Supporter. "Brasiliens Gebete haben geholfen", schrieb die FAZ. Nur nicht bis zuletzt. Für den gloriosen Eintritt in die endlich realisierte himmlische Herrlichkeit der Weltmeisterschaft reichte es dann doch nicht. Hatte Gott sich etwa von seinem Volk abgewendet?

Die Diskussionen, ob der Ball die Torlinie passiert hat, ist von höherer Bedeutung, was daran zu erkennen ist, dass dafür eine besondere digitale Mess-Technik entwickelt worden ist. Der Schritt über die Grenze zur Erkenntnis ist eine Frage der Überschreitung, also der Transzendenz.

Wie die Austragung der Spiele das Format eines Hochamts annehmen, eignet sich FIFA Rang und Rolle der Kurie an. Im Himmelreich des Fussballs ist Sepp Blatter der Prophet, wenn nicht Gottes eigener Sohn. Wo er hinkommt, wallfahren die Politiker zu ihm, um seinen Segen zu erbitten. Im Gepäck bringen sie vier, fünf oder x neue Stadien mit, die zu seiner Majestät erbaut werden. Aus Steuermitteln für die Bauarbeiten werden Opfergelder.

In einem salbungsvollen Kommentar fabulierte ein Reporter: "So tief können wir gar nicht runter, wie wir uns vor Bastian Schweinsteiger heute verneigen müssen." Vor einem Fussballer also, aber so, wie man sich sonst vor einem Seelenführer, Guru oder Heiligen beugt, um seine Verehrung zu bezeugen.

Der frühere französische Fussball-Nationaltrainer Michel Hidalgo verlautete einmal: "Il faut tuer ou gagner." Töten oder siegen. Fussballstadien sind wie die Tennis-Courts im Geist von aztekischen Tempelanlagen erbaut, wo die Gegner-Verlierer als Verkörperung des Bösen dem Gott des Spiels geopfert werden, denn nicht "the show", sondern "the sacrifice must go on". Im Sinn von Hidalgo hat Roger Federer in der opferwilligen Sportsprache seine Gegner "vom Platz gefegt", wie Jesus einst die Händler aus dem Tempel verjagte und die Dinge wieder herstellte.

 

"Hausse an der Börse ist eine Gnadenbotschaft.
Baisse ist Satans Werk."


Was für den Sport gilt, trifft auch für Banken und Börse zu, wo Trader, Insider und Analysten wie Schriftgelehrte in einer nur ihnen bekannten Geheimsprache Exegese betreiben und Börsenkurse und Wertschriften auslegen. Die Ergebnisse werden meistens wie das Amen in der Kirche am Ende der Fernsehnachrichten verlesen. "Zum Schluss noch die Börsenkurse..." heisst, den Zustand der Welt deuten. Habt Ihr Gutes getan? Habt ihr gesündigt? Steigende Kurse sind immer eine gesegnete Gnadennachricht. Baisse ist Satans Werk.
 
Nicht vergessen sei, dass der Soziologe Max Weber aufgezeigt hat, wie die "protestantische Ethik" davon ausgeht, dass Kapital und Erfolg gottgefällig seien. Diese Perversion des Denkens, die als Heilslehre eine Selbstzuschreibung ist, gelingt nur aus blindgläubigem Vertrauen. Dass Banken "Gottes Werk" verrichten, hat bekanntlich Goldman Sachs-Boss Lloyd Blankfein verbreitet.

Schliesslich wird jeder Investor wie ein Messias gefeiert, der verspricht, die Menschen mit seinem Geldsegen ins gelobte Land des Wohlstands zu führen.
 
Wenn Steve Jobs die neuesten Apple-Produkte vorstellte und sein Nachfolger Tim Cook es ihm gleichtut, erinnern die Präsentationen an die religiösen Sendungen im US-Fernsehen, in denen die Prediger der Gemeinde ihre sonntägliche Frohbotschaft verkünden.
 
Die staatlichen Überwachungsmassnahmen folgen der selben sakralen Linie. Wie der sagenumwobene Priesterkönig Johannes im Spiegel, den er auf dem Turm seines Palasts errichten liess, alles verfolgen konnte, was in seinem Reich geschah, sehen auch die Geheimdienste alles, was sich in ihrem Kontrollbereich ereignet. Sie sorgen für die Sicherheit des Landes, die nach einem Wort des "Spiegel" zu einer "Staatsreligion" geworden ist.

Daten schaffen eine spirituelle und sakrale Sphäre, eine "göttliche Perspektive" (Alex Pentland in einem Paper des MIT von 2011), wo totale Visiblität herrscht. Kein Untertan kann sich heraushalten, wie kein Religiöser sich dem göttlichen Gebot entziehen kann.
 
Gott sieht alles, weiss alles. Der Grosse Bruder (die Geheimdienste) auch. Vor beiden sind alle Menschen gleich. Niemand kann sich verstecken, das Private ist aufgehoben wie bei Sektenmitgliedern, die sich freiwillig und restlos einem einzigen Ziel unterordnen und an die gleiche spirituelle Botschaft glauben, die sie vereint. Sie verzichten auf das Teufelswerk des eigenen Denkens und erlangen im Gegenzug Erlösung durch die ewige Wahrheit.

Kritiker, Dissidente, Ungläubige, Freigeister, Skeptiker, Ketzer, Häretiker, Rebellen gehen ihre eigenen Wege und müssen daher aus der Gemeinschaft der jubilierenden Rechtgläubigen ausgestossen werden.

1. Dezember 2014
 Ihre Meinung zu dieser Kolumne
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Aurel Schmidt, Jahrgang 1935, war bis Mai 2002 Redaktor der "Basler Zeitung" (vorher "National-Zeitung"). Er war mitverantwortlich für das jeden Samstag erscheinende "Basler Magazin" und verfasste zahlreiche philosophische Essays, Reise-Reportagen, Kommentare und Kolumnen. Schmidt, der heute als Schriftsteller und freier Publizist in Basel lebt, machte sich auch als Autor mehrerer Bücher einen Namen: "Der Fremde bin ich selber" (1982), "Wildnis mit Notausgang. Eine Expedition" (1994), "Von Raum zu Raum. Versuch über das Reisen" (1998). Ausserdem liegen vor: "Lederstrumpf in der Schweiz. James Fenimore Cooper und die Idee der Demokratie in Europa und Amerika" (2002), "Gehen. Der glücklichste Mensch auf Erden" (2006), "Auch richtig ist falsch. Ein Wörterbuch des Zeitgeists" (2009). Zuletzt erschienen: "Die Alpen. Eine Schweizer Mentalitätsgeschichte" (2011). © Foto by OnlineReports.ch

aurel.schmidt@bluewin.ch

(Die Kolumnisten sind in ihrer Meinung frei;
sie braucht sich nicht mit jener der Redaktion zu decken.)

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Veranstaltungs-Hinweis

 

Ein zärtlicher Irrsinn

Nach achtjähriger Abwesenheit kehrt Avery Sutton mit seiner Verlobten Gillian zu seiner Familie zurück. Was von da an passiert, muss man gesehen haben.

Mit "37 Ansichtskarten" von Michael McKeever winkt den Zuschauerinnen und Zuschauern eine zauberhaft schwarze Komödie mit berührenden Momenten und angenehmer Unterhaltung. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Vorverkauf hier:
www.theater-rampenlicht.ch

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"Der Eigentümer hat das Regional-Journal nicht erreicht."

Regional-Journal Basel
am 15. März 2024
über die umstrittene
Basler Villa "La Torre"
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Hatte das "Regi" gerade Pause? 

RückSpiegel


Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Landrat Thomas Noack zitiert in einem Carte-blanche-Beitrag in der Volksstimme aus dem OnlineReports-Artikel über die Finanzkrise in Baselbieter Gemeinden.

Die Nachrichtenagentur SDA nimmt Bezug auf OnlineReports und schreibt, dass SP-Nationalrätin Sarah Wyss für eine Regierungs-Kandidatur nicht zur Verfügung steht.

Baseljetzt und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports, dass Swisscom die Führungen durch den Fernsehturm auf St. Chrischona einstellt.

20 Minuten und ein Podcast der Zeit nehmen den Artikel von OnlineReports über das Hupe-Verbot für das Kinderkarussell auf dem Münsterplatz auf.

Die bz zieht den OnlineReports-Artikel über die frühere Grellinger Kirchen-Kassiererin nach, die ihre Verurteilung vor Bundesgericht anficht.

Die Basler Zeitung und Happy Radio greifen die OnlineReports-Recherche zur Girema Bau AG auf.  

 

Weitere RückSpiegel

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In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).