Polizei verbietet String-Werbung - Schild hebt Verbot wieder auf
Basel, 29. August 2003
Das Basler Polizei- und Militärdepartement (PMD) hat gegenüber der Allgemeinen Plakatgesellschaft ein Plakat der Firma Triumph International abgelehnt, das Frauen in "sloggi"-Strings und herbstlicher Umgebung zeigt und in andern Schweizer Städten ab 8. September ausgehängt wird. Das Sujet stelle "diskriminierende Werbung" dar, da die Frau "als Sexobjekt degradiert" werde, heisst es im PMD-Entscheid. Triumph hält den Entscheid für "willkürlich": Schon im Frühjahr war ein ähnliches Sujet (Bild) ausgehängt worden, gegen das bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission erfolglos Beschwerde eingereicht wurde: Das Sujet stelle "keine generelle Herabsetzung der Frau" dar. Das Unternehmen will in Basel jetzt ein Version mit Zensurbalken zur Autorisierung vorlegen. - Ob der Basler Polizeidirektor Jörg Schild das Verbot umstossen wird, ist noch offen. Laut Polizeisprecher Klaus Mannhart will der Kanton erst mal die Praxis in andern Kantonen abklären, um zu einer "einheitlichen Doktrin" zu gelangen.
• Folge-Story: "Hut ab, Herr Schild!", tönte es letztes Wochenende, als das Basler Polizei- und Militärdepartement die String-Werbung der Firma Triumph an Basler Plakatstellen verbot. Jetzt hat Regierungsrat Jörg Schild auch diesen Entscheid der Administrativen Dienste umgestossen. Das Po-Plakat verstosse nicht gegen die Vorschriften. Schild könne "nachvollziehen, dass sich Frauen durch sexistische Werbung in ihrer Würde verletzt fühlen". Es sei aber "der falsche Weg, mit Verboten und auf politischer Ebene auf etwas zu reagieren, was tagtäglich in Zeitungen und anderen Medien zu sehen ist" - eine Ansicht, die OnlineReports teilt. Vielmehr sollten betroffene Kreise im Gespräch mit der Werbebranche direkt versuchen, ein Umdenken herbeizuführen, um frauenfeindlich wirkende Werbung zu vermeiden, rät Schild. (aktualisiert am 2. September 2003)
"Schild hatte von den Plakaten keine Ahnung"
Brisant an diesem Verbot (bzw. diesen zwei Verboten - das SVP-Plakat mit Bin Laden ist ja auch verboten worden): Regierungsrat Jörg Schild hatte von diesen Entscheiden bis etwa Samstagmittag, 30. August, offensichtlich keine Ahnung, wie er selbst in "7vor7" auf TeleBasel mittelschwer verärgert feststellen musste. Für Schild ist klar, dass solche politisch heiklen Entscheide unbedingt Chef-Sache sein müssen - zumindest aber die Information des Departement-Chefs erfordern. Aber offensichtlich kümmert das seine Chefbeamten herzlich wenig - oder sie haben keinerlei Sensorium für zweifellos nicht unwichtige politische Aspekte solcher Zensurierei. Das selbstherrliche Vorbeischleusen von Verwaltungs-Entscheiden am politisch Verantwortlichen stelle ich im übrigen in beiden Basel zunehmend fest. Eine bedenkliche Entwicklung, meine ich.
Hans Rudolf Bachmann, Basel
"Polizei sollte sich um Kriminalität kümmern"
Das Verbot ist lächerlich. Welcher Ajatollah hat da zugeschlagen? Ich habe als PR-Berater gar nicht gewusst, dass man Plakate irgendjemandem zur Genehmigung vorlegen müsste. Die Polizei würde sich besser um die kleine und die grosse Kriminalität kümmern. Da gäbe es noch einiges zu tun.
Edi Borer, Basel
"Es sind ja bald Wahlen"
Die "Triumph"-Werbung zeigt eigentlich nicht mehr, als auch an der Wiese oder an einem Strand zu sehen ist. Der Entscheid erstaunt mich, vor allem wenn ich an andere Plakate denke, die keine Probleme schafften. Aber es sind ja bald Wahlen und das Frauenvotum ist wichtig! Ich glaube aber, das viele Baslerinnen die plumpe Absicht erkennen, und der Schuss hinten hinaus gehen wird.
Jean-Pierre Salzmann, San Anselmo, California (wo's zur Zeit politisch noch viel lustiger zu und her geht...)
"Chapeaux, Herr Regierungsrat Schild!"
Mit dem Verbot dieser sexistischen Werbung setzt das tolerante Basel ein Zeichen. Toleranz Frauen gegenüber. Die Bürgerinnen dieser Stadt, die immerhin die Mehrheit ausmachen, sollen mit diesem Plakat in Basel 'nicht öffentlich belästigt' werden. Der Entscheid freut mich. Chapeaux, Herr Regierungsrat Schild! Es schadet nicht ,wenn Werber sich mal wieder überlegen, ob sie wirklich nur mit dem plumpen Werbe-Rezept: "Man(n) nehme 'Frauen-Busen und Po' Aufmerksamkeit dann 100-Pro!", oder ob sie auch imstande wären mit guten, witzigen, spritzigen Ideen aufzufallen.
Yolanda Cadalbert, Basel
"Bin unbeschadet davon gekommen"
Ich habe mich beim Vorbeiradeln an den String-Plakaten jedesmal gefreut; ein Farbtupfer im staubigen Stadtbild. Zugegeben - ich wurde auch etwas vom Geschehen rund um mich abgelenkt. Dies hatte aber zum Glück keine weiteren Folgen. Bin also sozusagen unbeschadet davongekommen.
Urs Widmer, Basel