Wann wird aus Basel Beromünster?
Heute wollen wir einen Blick auf die "Medienstadt Basel" werfen. Doch für einmal gilt unser Augenmerk nicht der Presse, sondern dem Radio. Genauer gesagt: Der Protestwelle, die dieser Tage aus dem Sendegebiet am Rhein nach Bern und Zürich schwappt. Berufsverbände, Regierungen, Parteien, Standesvertreter – alle zeigen sich besorgt, schlagen Alarm: "Das Schweizer Radio darf nicht zu einem Zürcher Lokalsender verkommen!"
Wieso die Aufregung? Die SRG prüft derzeit eine Zusammenlegung der Standorte von Radio und Fernsehen. Im Klartext: Ein Radio-TV Leutschenbach. Als Vorbild dient die britische BBC. Sie hat TV, Radio und Internet unter einem Dach vereint. Keine Frage: Einem multimedial eng vernetzten Medienhaus gehört die Zukunft. Schon wegen der technologischen Entwicklung. Fernsehen und Radio werden digital, das Internet entwickelt sich zum Radio- und TV-Kanal. Bald schon haben wir ein Medium, das alles ist und alles kann.
Die heutigen Strukturen der SRG sind jedoch äusserst komplex. Die SRG SSR betreibt sieben Fernseh- und 17 Radioprogramme, bedient Websites und Teletext. Sie ist in vier Regionalgesellschaften, 16 Mitgliedergesellschaften und in sieben selbständige Unternehmenseinheiten aufgeteilt. Eine davon ist das "Schweizer Radio DRS", das mit seinen sechs Radioprogrammen allein schon sechs Standorte unterhält: Die drei Haupt- und Regionalstudios in Basel, Bern und Zürich sowie die Regionalstudios in Aarau, Luzern und St. Gallen. In Basel befinden sich die Kultursender DRS 2 und "Virus" sowie die Radiodirektion; in Bern logieren die Abteilung "Information" und der News-Sender DRS 4; aus Zürich senden DRS 1, DRS 3 sowie die "Musikwelle". Immerhin ist das Radiostudio Beromünster inzwischen nicht mehr in Betrieb.
Die umständliche Struktur ist historisch gewachsen. Sie richtet sich nach regionalpolitischen Interessen. Medienpolitisch zwingend ist sie nicht, wirtschaftlich schon gar nicht. Letzteres hat denn auch die eidgenössische Finanzkontrolle festgestellt: "Aus den dezentralen Strukturen der SRG SSR resultiert ein Wirtschaftlichkeits-Defizit." Die McKinsey-Berater, die nun Radio und Fernsehen nach Synergien durchforsten, werden also sicher fündig werden.
Und dann? Rein sachlich wäre festzustellen: Es ist sinnvoller, die Konzessionsgelder in die Qualität der Programme zu investieren statt in eine unnötig teure Infrastruktur zu verbuttern. Regionalpolitisch aber sieht das natürlich anders aus. Da befürchtet man namentlich in Basel einen Verlust an nationaler Ausstrahlung, noch schlimmer: Eine Verzürcherisierung der Schweiz, sollten dereinst auch DRS 2 und "Virus" aus Zürich berichten.
Nun ist es tatsächlich nicht unwichtig, wo eine Redaktion tätig ist; ihr Arbeitsort bestimmt den Blick auf Menschen, Themen und Ereignisse. So weit, so unbestritten. Doch welche nationale Wirkung erzielt die Basler Perspektive auf den Programmen von DRS 2 und Virus? Die Reichweiten dieser Spartensender pendeln zwischen 4,9 und 0,2 Prozent. Von der nationalen Themen-Relevanz des Basler Regionalstudios erst gar nicht zu reden; das "Regi" tut sich schon schwer genug, in der engeren Heimat mal einen Akzent zu setzen. Wirklich von Belang sind die in Basel verbliebenen knapp 200 Medien-Arbeitsplätze der SRG. Diese bewahren zu wollen – das ist gewiss kein übertriebener Anspruch. Die SRG beschäftigt insgesamt rund 6'000 Mitarbeitende.
Nur: Über reine Strukturerhaltung lassen sich langfristig wohl auch diese Jobs nicht retten. Das zeigt ein Blick zurück. Immer wieder stritten sich Basel und Zürich um die Stellung im Radio- und Fernsehbereich. Basel setzte meist aufs schwächere Pferdchen. Radio statt Fernsehen. Kultur statt Information und Unterhaltung. "Virus" statt DRS 3. Auch um die Radio-Orchester stritt man sich jahrzehntelang, aus Basler Sicht scheinbar erfolgreich – bis anno 1997, im Basler Volkshaus, die letzte Radio-Sinfonie erklang.
Wo fällt der nächste Vorhang? Und wann? Es wäre zu schön, die "Medienstadt Basel" käme auch im Radio-Bereich endlich mal wieder aus dem Rückwärtsgang. Schaffte etwas Innovation. Fände eine Vorwärtsstrategie. Bevor aus Basel Beromünster wird.
18. Februar 2008
"Glücklich über DRS 2 und 'Virus' in Basel"
Es stimmt, das Seilziehen zwischen Leutschenbach/ZH und Basel ist nun schon seit langer Zeit im Gange, doch bis heute schätzen wir uns glücklich, dass DRS 2 wie "Virus" im Radiostudio Basel beheimatet ist. Es bleibt zu hoffen, dass dem auch so bleibt, denn es braucht die Weitsicht vom Bruderholz aus. In diesem Sinn soll Basel sein Studio behalten dürfen. Dies betrachte ich nicht als "Kantönligeist".
Yvonne Rueff-Bloch, Basel
"Beromünster und Heimatschutz"
Roger Thiriet hat recht: Beromünster war kein Radiostudio, sondern ein Ensemble von Sendeanlagen und Betriebsgebäuden (Antennentürme, Technikgebäude, Sendergebäude, Sendebunker und Angestelltenhäuser). Der 1931 gegründete Landessender verbreitete über Mittelwelle das Programm der Studios Basel, Bern und Zürich. Seine grösste Bedeutung hatte er während des Zweiten Weltkriegs. Gegenwärtig dudelt auf "Beromünster" noch Volksmusik ("Musikwälle"). In diesem Jahr wird der Sender seinen Betrieb definitiv einstellen. Denkmalpflege und Heimatschutz wollen die Anlage als nationales Denkmal erhalten. Ich hoffe zuversichtlich, dass dem Radiostudio Basel auf dem Bruderholz nicht Gleiches droht.
Ivo Bachmann, Basel/Zürich
"Beromünster war nur Senderstandort"
Lieber Ivo, hier irrst Du: Beromünster war nie ein Radiostudio, sondern nur der Standort des Mittelwellensenders, der auf der Frequenz AM 531 die Programme der Radiostudios Basel, Bern und Zürich unter dem Brand "Radio Beromünster" verbreitete (und über den jetzt noch bis etwa Ende August 2008 die "Musikwelle" sendet).
Und dieser Sendeturm steht, genau genommen, auch nicht in Möischter, sondern auf dem Gemeindegebiet von Gunzbu. Als Luzerner weisst Du ja, was gemeint ist ...
Roger Thiriet, Basel