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© Fotos by Jan Amsler, OnlineReports.ch
Streitlustig: Der freisinnige Herausforderer Sven Inäbnit und die grüne Ständerätin Maya Graf.

"Ich bin für Kompromisse" – "Ach!"

Wer soll das Baselbiet im Ständerat vertreten: grün oder freisinnig, Frau oder Mann, Maya Graf oder Sven Inäbnit? Das Duell.


Von Alessandra Paone und Jan Amsler


Frau Graf, Sie haben Ihre Kampagne bereits vor Wochen lanciert. Warum so früh – haben Sie Angst vor Sven Inäbnit?
Maya Graf: Ich habe grundsätzlich keine Angst – ich bin ein mutiger Mensch. Als amtierende Ständerätin ist es meine Pflicht, den Wählenden schon früh aufzuzeigen, was ich in den vergangenen vier Jahren geleistet habe und wo meine Schwerpunkte liegen. Meine Bilanz lässt sich durchaus sehen.

 

Doch die Ausgangslage ist für Sie nicht ideal: Die Grünen schneiden bei Umfragen miserabel ab.  
Graf: Die Grünen stehen überhaupt nicht schlecht da. Wir haben unsere Sitze vor vier Jahren verdreifacht. Das war historisch! Es ist schwierig, ein derart hohes Niveau zu halten. Verluste sind demnach völlig normal. Trotzdem: Die Grünen braucht es dringend. Es braucht fortschrittliche und nachhaltige Stimmen, die das Land vorwärts bringen und die Herausforderungen insbesondere in den Bereichen Klima und Energie anpacken.

 

Und wann legen Sie los, Herr Inäbnit? Nachdem Sie im März Ihre Kandidatur bekanntgegeben haben, hat man kaum mehr etwas von Ihnen gehört.
Sven Inäbnit: Wir starten den Wahlkampf dann, wenn sich die Öffentlichkeit tatsächlich dafür interessiert. Und das wird erfahrungsgemäss nach den Sommerferien sein.

Inäbnit: "Maya Graf sitzt nicht in einem Schnellzug, den man nicht mehr einholen kann."

Sind Sie sicher?
Inäbnit: In politischen Kreisen mag der Wahlkampf jetzt schon interessieren. Aber für die Wählerinnen und Wähler wird es erst dann spannend, wenn der Wahlsonntag absehbar wird.

 

Maya Graf könnte davonziehen, macht Ihnen das keine Sorgen?
Inäbnit: Ich denke nicht, dass Maya Graf davonzieht. Ich war an vielen Anlässen und konnte mich dort mit zahlreichen Menschen austauschen. Man war sich einig, dass es jetzt erst um parteipolitische Positionierungen gehe. Es ist also nicht so, dass Maya Graf in einem Schnellzug sässe, den man nicht mehr einholen kann.

 

Frau Graf, wie schnell fährt dieser Zug tatsächlich?
Graf: Es gibt diesen Spruch: Nach den Wahlen ist vor den Wahlen. Was nicht heisst, dass ich vier Jahre lang Wahlkampf betreibe. Aber ich arbeite – und wenn ich möchte, dass die Bevölkerung etwas über meine parlamentarische Arbeit erfährt, dann muss ich sie darüber informieren. Deshalb verschicke ich auch meinen Sessions-Newsletter. Und da ich sehr gerne mit Menschen unterwegs bin, besuche ich viele Anlässe oder gehe wandern.

Inäbnit: Ich spüre bei meiner Gegnerin eine gewisse Nervosität, wenn sie es für nötig empfindet, öffentlich auf ihre Erfolge hinzuweisen. Am Ende muss jede und jeder seinen Stil finden. Ich konzentriere mich auf die heisse Phase. Übrigens gehe ich demnächst auch wandern … 
Graf: … da komme ich auch mit.
Inäbnit: Ich gehe auf die Leserwanderung der bz.
Graf: Ah, da war ich bereits: auf der Königsetappe. Ich nehme übrigens immer an der bz-Leserwanderung teil – nicht nur im Wahljahr. Überhaupt besuche ich im Wahlkampf keine Anlässe, die ich sonst nicht auch besuchen würde. 
Inäbnit: Das ist von einer Repräsentantin des Kantons auch zu erwarten.
Graf: Das machen aber längst nicht alle.
Inäbnit: Einverstanden.

 

 

Das bürgerliche Baselbiet hat sich 2019 gegen eine bürgerliche Vertretung entschieden. Warum sollte das im Herbst anders sein, Herr Inäbnit?
Inäbnit: Vor vier Jahren war die Ausgangslage eine andere: Es ging darum, den frei gewordenen Sitz zu erobern. Gleich vier Kandidatinnen und Kandidaten traten zur Wahl an. Bis jetzt hat sich ausser Maya Graf und mir niemand um den Ständeratssitz beworben. Es wird also auf ein Duell hinauslaufen. Die Bevölkerung wird auf die vergangenen vier Jahre zurückblicken und entscheiden, in welche politische Richtung das Baselbiet in Bern gehen soll.

 

Sie sprechen von einer Richtungswahl?
Inäbnit: Ja. Seit insgesamt 16 Jahren ist der Ständeratssitz in den Händen von Rot-Grün. Nun stellt sich die Frage, ob das Baselbiet so weiterfahren möchte. Wir sind dezidiert der Meinung, dass sich etwas ändern muss.
Graf: Der Begriff Richtungswahl ist falsch. Die Baselbieterinnen und Baselbieter sind pragmatisch, lösungsorientiert und wählen Persönlichkeiten. Verlässlichkeit, Glaubwürdigkeit und Inhalte sind wichtig – unabhängig von der politischen Richtung. Mein Vorgänger Claude Janiak wurde dreimal im Amt bestätigt. Baselland und überhaupt die Region Basel werden in Bern als fortschrittlich und nachhaltig wahrgenommen. Dazu habe ich in den vergangenen vier Jahren massgeblich beigetragen.
Inäbnit: Wir reden offensichtlich nicht mit denselben Leuten. In den Gesprächen, die ich führe, wird die Wahrnehmung eines fortschrittlichen Kantons nicht bestätigt. Im Gegenteil. Ich höre, dass wir vor allem im Vergleich zu Basel-Stadt deutlich abfallen. Ich spüre im Ständerat die Vernetzung nicht, zumindest nicht in den parlamentarischen Kreisen, in denen Entscheidungen für unsere Infrastruktur, unseren Wirtschaftsstandort und unser Wohlergehen gefällt werden. Als Bürgerlicher kann ich diesbezüglich in diesem bürgerlich dominierten Gremium mehr erreichen als Maya Graf. Sie setzt als Grüne andere Schwerpunkte.
Graf: Ich habe immer die übergeordneten Interessen des Kantons vertreten. Oder kannst du mir Beispiele nennen, in denen das nicht der Fall war? Anders als meine Partei bin ich bespielsweise klar für die OECD-Mindeststeuer eingestanden. Während der Pandemie stand ich täglich in Kontakt mit dem damaligen Gesundheitsdirektor Thomas Weber und habe die Anliegen des Kantons in der Sozial- und Gesundheitskommission eingebracht. Zu Bildungs- und Forschungsthemen tausche ich mich regelmässig mit deiner Parteikollegin und Regierungsrätin Monica Gschwind aus.
Inäbnit: Ich erwarte, dass du dich als amtierende Ständerätin bei Fragen, die das Baselbiet in irgendeiner Weise tangieren, einbringst. Genauso erwarte ich, dass du eng mit der Regierung deines Kantons zusammenarbeitest. Es geht hier aber um zentrale Fragen: Wie sichern wir unsere Wirtschaft bei einer Energiemangellage ab? Wie können wir die Verkehrssituation in der Region nachhaltig ändern? Es gibt etliche Punkte, die deutlicher angesprochen und verbessert werden müssen. Deine Vorstösse sind thematisch zwar interessant, sie könnten aber sehr gut auch im Nationalrat behandelt werden. Sie haben für die Region keinen Impact.

Graf: "Ich staune, dass die steigenden Energiekosten und Krankenkassenprämien die Menschen in unserer Region offenbar nicht interessieren sollen."

Können Sie Beispiele nennen? 
Inäbnit: Zum Beispiel der Vorstoss zu den Biodiversitätsflächen oder jener zur Abfederung der steigenden Energiepreise. Das sind wichtige Themen, aber für unsere Region nicht zentral. Weil sie nicht die wirtschaftliche Sicherheit und letztlich auch nicht unseren Wohlstand garantieren.
Graf: Interessanterweise nennt Sven Inäbnit meine letzten drei regionalen Vorstösse nicht ...
Inäbnit: … die du vor Ende der Session noch rasch eingereicht hast …
Graf: … 2021! Aber das spielt ja keine Rolle. Ich muss mich nicht rechtfertigen. Zumal bei einem dieser Vorstösse, bei dem es um die Stärkung der Metropolitanregion geht, eine klare Mehrheit des bürgerlichen Ständerates Ja gesagt hat. Mein Postulat verlangt, dass Schweizer Metropolitanregionen und Wirtschaftszentren europäisch besser eingebunden werden. Das ist angesichts der blockierten Beziehung zwischen der Schweiz und der EU wichtig. Ausserdem staune ich, dass die steigenden Energiekosten und Krankenkassenprämien die Menschen in unserer Region offenbar nicht interessieren sollen. Ich erhalte jedenfalls Briefe von Menschen, die ihre Krankenkassenprämien nicht bezahlen können. Es braucht deshalb eine Stimme, die diese Themen immer wieder aufs Tapet bringt. Denn wenn die Kaufkraft fehlt, kann es uns nicht gut gehen.
Inäbnit: Wenn in vier Jahren ein Vorstoss zu den Metropolitanregionen kommt – und dann noch Last Minute vor den Wahlen –, dann zeigt das auch etwas.
Graf: Es waren drei Vorstösse! Aber egal, wir müssen uns nicht darüber streiten.
Inäbnit: Natürlich machen wir Politik für Menschen. Im Ständerat geht es aber primär darum, die Interessen des Kantons zu vertreten.

 

Zu welchem Thema würden Sie Ihren ersten Vorstoss im Ständerat einreichen?

Inäbnit: Wohl im Bereich Gesundheitspolitik.

 

Wie wollen Sie die steigenden Gesundheitskosten in den Griff bekommen?

Inäbnit: Innovation, medizinischer Fortschritt und Demographie bestimmen den Trend im Gesundheitswesen. Wir müssen eine Dämpfung der Kostenentwicklung anstreben; eine Kostensenkung ist nicht möglich.

 

Warum nicht?
Inäbnit: Weil die Bevölkerung bei der Grundversorgung viele Wünsche hat. Tiefere Krankenkassenprämien sind deshalb illusorisch. Natürlich müssen wir schauen, wie wir gewisse Bevölkerungsteile entlasten können. Dazu haben wir ja auch die entsprechenden Mittel. Aber mit Begehren wie der Prämien-Entlastungs-Initiative der SP, wonach die maximale Belastung des verfügbaren Einkommens für die Krankenkassenprämien nicht mehr als zehn Prozent betragen darf, wird nur das Geld umverteilt. Das Rezept der Mitte-Partei mit der Kostenbremse-Initiative, die auf ein Globalbudget abzielt, ist ebenfalls untauglich. Es führt zu mehr Bürokratie und einer gewissen Rationierung im Gesundheitswesen – aus Umfragen weiss man, dass die Bevölkerung dies nicht will.

 

Was wäre denn Ihr konkreter Lösungsansatz?
Inäbnit: Mich interessiert vor allem die Entwicklung zu einem integrierten Versorgungsmodell, das mehr auf Prävention und Eigenverantwortung setzt. Im Jurabogen gibt es ein interessantes Pilotprojekt: Die Leistungserbringer haben sich zu einem Netzwerk zusammengeschlossen und werden nicht mehr nach Mengen und Leistungen bezahlt, sondern pauschal pro Versicherten vergütet. 
Graf: Ich teile deine Meinung, dass es schwierig ist, bei den Gesundheitskosten etwas zu erreichen. In Bern wird seit Jahren geschraubt, und wir kommen nicht weiter. Die integrierte Versorgung halte ich ebenfalls für ein gutes Modell. Ein grosses Problem sind aber die Pro-Kopf-Prämien bei den Krankenkassen: Unabhängig davon, ob man 5000 oder 10’000 Franken im Monat verdient, zahlt eine Familie eine Prämie von rund 1000 Franken. Hier ist ein erneuter Anlauf für einkommensabhängige Prämien zwingend. 
Inäbnit: Das Prämiensystem ist ein Solidaritätswerk, an dem nicht gerüttelt werden darf. Als Apotheker weiss ich, wie wichtig es ist. Nur deswegen können wir uns unsere extrem hochstehende Grundversorgung leisten. Zudem ist die Gefahr gross, dass ohne Prämien die Eigenverantwortung abnimmt. Vielmehr soll die Entlastung über die Prämienverbilligung gehen.

 

 

Nicht nur die Gesundheitskosten beschäftigen die Menschen. Auch das Klima bereitet ihnen Sorgen. Herr Inäbnit, Sie sagen, es brauche in Bern eine bürgerliche Optik. Sind Sie auch offen für Kernkraft?
Inäbnit: Fakt ist, dass wir auf eine klare Versorgungslücke im Strombereich zusteuern. Der Ausbau erneuerbarer Energien steht dabei mit im Vordergrund. Doch der allein genügt nicht. Es gibt folgende Optionen: Wir könnten mehr Strom vom Ausland beziehen. Das ist aber nicht realistisch, weil dort in puncto Stromlücken dieselben Probleme bestehen wie bei uns. Zudem haben wir mit dem fehlenden EU-Abkommen schlechte Karten für ein Stromabkommen. Gaskraftwerke sind auch keine Lösung. Das Gasturbinenkraftwerk im Kanton Aargau verschleudert 70’000 Liter Heizöl pro Stunde – das kann nicht im Interesse der Nachhaltigkeit sein. Und dann ist noch die Kernkraft: Um die Stromversorgung zu garantieren, müssten die bestehenden Atomkraftwerke mindestens so lange betrieben werden, wie dies aus Sicherheitsgründen möglich ist.

 

Und was ist mit dem Bau von neuen Atomkraftwerken?
Inäbnit: Die Vorlaufzeit für den Bau und die Bewilligungen ist massiv. Es ist schade, dass man sich nicht früher damit befasst hat. Wichtig ist, dass wir dem Fortschritt und den Technologien Raum geben; es gibt auch im Bereich Atomkraft neue Ansätze. Im Moment wäre Atomkraft wahrscheinlich die beste Lösung, aber das ist in der Schweiz nicht realistisch umsetzbar.

 

So gesehen bleibt am Ende nur die Förderung von erneuerbaren Energien.

Inäbnit: Ja, aber es ist nicht realistisch, dass wir selbst genügend erneuerbare Energie produzieren. Zumindest nicht, wenn Umweltschützer und grüne Ideologien jedes Projekt torpedieren. Man kann einfach nicht den Fünfer und das Weggli haben. Die Bevölkerung will am Morgen warm duschen – auch Mitglieder der Grünen wollen das. Deshalb braucht es einen Kompromiss: Wir müssen gewisse Stromerzeugungsanlagen ausbauen. Das kann durchaus zu Eingriffen in die Landschaft führen, die vielleicht nicht das Gelbe vom Ei sind, aber die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Industrie decken. Da wünsche ich mir mehr Pragmatismus.
Graf: Ich gebe den Wunsch nach Pragmatismus gerne an die SVP und FDP zurück. Sie haben das Referendum gegen das Windrad in Muttenz ergriffen, während die Grünen dafür gekämpft haben. Dieses Beispiel zeigt sehr gut auf, dass man erneuerbare Energien möglichst weit weg vom eigenen Zuhause fördern will. Irgendwo in den Bergen. Die Förderung von erneuerbaren Energien kann nur funktionieren, wenn wir pragmatisch vorgehen. Ich bin für Kompromisse, die Grünen auch.
Inäbnit: Ach!

Inäbnit: "Wieso schaust du immer zurück, wieso blickst du nicht nach vorne?"

Graf: Wir setzen uns für einen Ausbau der Solarkraftwerke ein. Wir müssen die Energieproduktion aus Biomasse, Geothermie, Wasser, Wind und Sonne dort fördern, wo es Sinn macht. Wieso bauen wir Solaranlagen in den Alpen im Wallis, wenn dort die nötigen Leitungen fehlen? Wieso bauen wir die Solaranlagen nicht zum Beispiel auf dem Flughafen Belp? Ganz wichtig ist jetzt, dass wir nach dem Ja der Stimmbevölkerung zum Klimaschutzgesetz die darin definierten Ziele umsetzen. Dafür braucht es jede ökologische, nachhaltige Stimme. Sonst verlieren wir weitere wertvolle Zeit. 
Inäbnit: Frau Graf stellt infrage, dass die Bürgerlichen die Bedeutung einer nachhaltigen Energie- und Klimaschutzpolitik erkannt haben. Doch das ist Schnee von gestern.
Graf: Ich sehe, wie deine Partei abgestimmt hat, sogar gegen Effizienzmassnahmen.
Inäbnit: Kein Mensch bestreitet, dass es Massnahmen braucht, um die geforderten Ziele zu erreichen. Wir haben aber andere Ansätze, etwa bei der Umsetzung, der Regulierung oder den Lenkungsmassnahmen. Wir sind gegen immer neue Vorschriften. 
Graf: Wir haben 20 Jahre verloren, weil behauptet wurde, Solartechnologie sei nicht effizient. Das geht jetzt einfach so weiter.
Inäbnit: Nein, das geht nicht einfach so weiter. Es ist eine Technologie, die fortschreitet. Die Privaten und die Wirtschaft werden auch ohne Regulierungen feststellen, dass sie sich dem Thema stellen müssen. Die Solarpflicht auf Neubauten kann man bei kantonalen Gebäuden einführen. Die Privaten sollen aber selbst entscheiden können, ob das für sie eine Option ist.
Graf: Seit 20 Jahren sagen die Bürgerlichen, dass ein wenig Geld genüge, um die Leute zu motivieren, in erneuerbare Energien zu investieren. 
Inäbnit: Wieso schaust du immer zurück, wieso blickst du nicht nach vorne?
Graf: Ihr seid gegen Lenkungsmassnahmen, gegen Vorschriften. Vorschriften schaffen klare Verhältnisse für alle. Wenn keine Ölheizung mit einer neuen Ölheizung ersetzt werden kann, dann sind das Regeln, die für alle gelten.
Inäbnit: Man muss auch schauen, wie hoch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist, um ökologische Nachhaltigkeitsprinzipien umsetzen zu können. In diesem Sinne bin ich überzeugt, dass steuernde Massnahmen, Regulierungen und Einschränkungen nicht zielführend sind. Bei der Solarenergie haben wir viel zu hohe bürokratische Hürden. 
Graf: Da gebe ich dir recht.

 

Das Klima hängt eng mit dem Thema Verkehr zusammen. Wie lassen sich die Nadelöhre auf den Strassen der Agglomeration beseitigen? 
Inäbnit: In der Agglomeration muss man fast von einem Verkehrsinfarkt sprechen. Das ist sehr plakativ, entspricht aber der Realität. Ein Dachdecker kann nicht mit einem Rucksack voller Ziegel in den Zug steigen und zum Kunden fahren. Wir brauchen für die Region einen Ausbau der Strassenkapazität. Es geht dabei um die Hochleistungsstrassen und die nötigen Zubringer. Es ist längst klar, dass wir alle Verkehrsträger weiterentwickeln müssen. Der ÖV ist genauso wichtig wie der motorisierte Individualverkehr und selbstverständlich auch der Langsamverkehr. Der Veloverkehr könnte gerade in der Agglomeration sehr effizient zur Entlastung führen. Ein Kapazitätsausbau der Strassen ist aber zwingend. Ich staune, dass Maya Graf sich dagegen ausspricht. Das ist keine Politik für Menschen, wenn man sie quasi ihrem Schicksal überlässt. 
Graf: Es stimmt, dass man alle Verkehrsträger zusammen denken soll. Wir müssen das integrierte Verkehrs- und Mobilitätsmanagement vorantreiben. Man schaut, welche Kapazitäten im Schienen-, Tram- und Autoverkehr vorhanden sind. Doch mehr Strassen führen zu mehr Verkehr und mehr Emissionen – das ist erwiesen. In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Autos zugenommen.
Inäbnit: Auch die Zahl der Menschen.
Graf: Das stimmt, aber auch die Anzahl Autos pro Familie. Im Gegensatz zu den Sektoren Gewerbe, Industrie, Landwirtschaft oder Gebäude konnte der Verkehr die CO2-Emissionen mit einem Anteil von 40 Prozent bisher nicht reduzieren. Das erreichen wir nur, wenn wir uns überlegen, welche Knotenpunkte geändert oder ausgebaut werden müssen, damit der Verkehr flüssiger wird. Der Ruf der Bürgerlichen nach neuen Strassen löst das Problem nur kurzfristig, trägt aber nicht dazu bei, unsere Mobilität clever zu gestalten. Wichtig ist nun, dass wir das triregionale S-Bahn-System vorantreiben. Mit einer Resolution, die alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier der Region unterschrieben haben, soll der Tiefbahnhof Basel in die Botschaft 2026 nun aufgenommen werden. Die nächste Legislatur wird entscheidend sein.
Inäbnit: Ich werde mich darum kümmern.
Graf: Ich habe mich schon immer für einen starken ÖV und die  trinationale S-Bahnverbindungen eingesetzt. In diesem Zusammenhang befürworte ich auch die Anbindung des EuroAirport. Das ist sehr wichtig für die Leute, die dort arbeiten. Ich sehe im Moment aber kein zwingendes Strassenbauprojekt.

Graf: "Ich höre immer nur:
Wir brauchen mehr Strassen." 

Was ist mit dem Zubringer Bachgraben-Allschwil?
Graf: Der Zuba ist beim Bundesamt für Verkehr durchgefallen. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis sei ungenügend. Es fehle zudem eine fundierte Analyse zu möglichen Alternativen, etwa die konsequente Förderung von Velo und öffentlichem Verkehr bei gleichzeitigem Ausbau von Sharing-Angeboten. 

 

Braucht es den Zuba also nicht?
Graf: Das habe ich nicht gesagt. Der Kanton muss aber über die Bücher, das Projekt ist im ersten Durchlauf durchgefallen.
Inäbnit: Weil das Lobbying fehlte.
Graf: Die Kritik am Projekt stammt vom Bundesamt für Verkehr, das Projekt ist noch nicht im Parlament. Nach diesem Entscheid müssen wir uns überlegen, was rasch und praktisch umsetzbar ist. Zum Beispiel eine bessere Tramverbindung und Velorouten. 
Inäbnit: Du weisst genau, dass es einen Riesen-Kampf um die Bundesgelder gibt. Es ist klar, dass das Bundesamt nicht alle Wünsche erfüllen kann und deshalb nach Gründen sucht, wieso ein Projekt nicht infrage kommt.
Graf: Mir fehlen die Lösungsansätze von eurer Seite her, damit das Klimaziel auch im Verkehr erreicht werden kann. Ich höre immer nur: Wir brauchen mehr Strassen. 
Inäbnit: Und ihr kommt immer mit dem Verkehrsmanagement. Das klingt nur gut, bringt aber nichts.
Graf: Mehr Homeoffice wäre eine mögliche Option, um den Verkehr zu reduzieren. Oder man reserviert morgens und abends während jeweils zwei Stunden eine Spur auf der Strasse nur für das Gewerbe.
Inäbnit: Das ist wieder eine Lenkung, eine Vorschrift.

 

Für den Moment genug gestritten – kommen wir nun zu einem Schluss: Frau Graf, was sind Ihre Pläne, falls sich die Wählenden am 22. Oktober für Sven Inäbnit entscheiden sollten?
Graf: Das habe ich mir nicht überlegt. Ich bin sehr gerne Ständerätin, und ich mache einen sehr guten Job für unsere Region. Die Arbeit macht mir Freude.

 

Haben Sie einen Plan B, Herr Inäbnit?

Inäbnit: Ich freue mich zunächst auf den Wahlkampf. Sollte es nicht klappen, werde ich weiterhin engagiert fürs Baselbiet im Landrat kämpfen.

9. August 2023

Weiterführende Links:


Die Ständerätin und ihr Herausforderer

Maya Graf ist 61 Jahre alt und lebt in Sissach. Die Grüne politisiert seit 2001 in Bern. 2019 wurde sie in den Ständerat gewählt. Graf ist diplomierte Sozialarbeiterin, verheiratet und Mutter von zwei erwachsenen Kindern.

Sven Inäbnit ist 59 Jahre alt und lebt in Binningen. Der Freisinnige politisiert seit 2013 im Baselbieter Landrat und sitzt seit 2009 im Binninger Einwohnerrat. Inäbnit ist promovierter Apotheker, verheiratet und Vater von zwei Kindern.


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"Nicht noch mehr bürgerliche Ständeräte"

Nach meiner Meinung (und da bin ich nicht alleine) braucht es tatsächlich nicht noch mehr bürgerliche Ständeräte in Bern – das sind doch jene Aktivisten, die sich öfters als Bremsklotz betätigen, wenn es darum geht, Gesetzen und Regelungen zum Durchbruch zu verhelfen, die zum Beispiel einer nicht so privilegierten Bevölkerung zugute kommen. Dabei haben sie keine Probleme, wenn es um die Erhaltung und den Ausbau ihrer Pfründe geht. Beispiele gäbe es genug.


Bruno Heuberger, Oberwil




"Kann mich nur noch wundern"

Eigentlich muss ich mich schon wundern: Beide sind für Windenergie, Solarenergie und gegen Atomenergie, obwohl dort grosse Fortschritte gemacht wurden. Keiner fragt nach den Schäden, die einmal gemacht werden müssen, wenn man Solarpanels, Windkraftwerke und E-Autos ersetzen muss. Da sind mir Öl- und Gasheizungen lieber! Aber das darf man gar nicht mehr sagen. Die sind per Volksabstimmung verboten. Hat man allerdings Befürworter nach der Abstimmung gefragt, warum sie Ja gestimmt haben, obwohl sie eine Ölheizung haben, haben sie schlicht geantwortet, dass das nie kommen werde, dass Ölheizungen verboten werden. Ich kann mich nur noch wundern.


Alexandra Nogawa, Basel



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"JA zum Gesetz über eine
sichere Stromversorgung
mit erneuerbaren Energien"

SVP Baselland
in einer Medienmitteilung
vom 26. April 2024
zu den Abstimmungsvorlagen
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Die parteiinternen
Klima-Kapriolen haben der Baselbieter SVP zugesetzt.

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In ihrem Bericht über die Wahl des neuen Baelbieter SVP-Präsidenten zitiert die Basler Zeitung aus einem OnlineReports-Kommentar.

 

Das Regionaljournal Basel veweist in einem Beitrag über die Probleme der Kitas im Baselbiet auf OnlineReports.

Der Klein Report nimmt die Recherche von OnlineReports über Roger Blums Buch über die Basellandschaftliche Zeitung auf.

Die BaZ bezieht sich in einem Artikel über die Zerwürfnisse in der Baselbieter SVP auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Kita-Krise im Baselbiet auf OnlineReports.

BaZ, Baseljetzt und Happy Radio nehmen die OnlineReports-News über das geplante Ministertreffen in Basel auf.

Der Sonntagsblick zitiert OnlineReports in einer grossen Recherche über die Baselbieter SVP-Politikerin Sarah Regez.

Baseljetzt verweist im Bericht über Basler Schiffsunfälle auf ein OnlineReports-Video.

Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

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Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

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Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.
 

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Die Baselbieter Regierung hat Kathrin Choffat und Roger Müller als neue Mitglieder des Bankrats der BLKB für die laufende Amtsperiode bis Mitte 2027 gewählt. 

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Sonja Kuhn,
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Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

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