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© Fotos by Christof Wamister, OnlineReports.ch
Ein Basler Quartier fühlt sich von Kanton und BVB überfahrenDer Neubau der Tramstrecke über das Bruderholz liegt beim Bundesverwaltungsgericht und ist damit blockiert. Die BVB warnen vor dem Zustand der Infrastruktur. Wenn Verkehrsplaner Haltestellen streichen oder verlegen wollen, droht Ungemach. Die Basler Verkehrsbetriebe (BVB), der Basler Regierungsrat und der Grosse Rat haben wohl die Sensibilität des Geschäfts mit dem länglichen Namen "Anpassung der Traminfrastruktur auf der Achse der Tramlinien 15 und 16 auf dem Bruderholz im Zuge von Sanierungsmassnahmen" unterschätzt. Seit bald sechs Jahren ist es blockiert.
BVB: Ungeplante Arbeiten
Die BVB haben nun quasi einen Notfallplan hervorgeholt, denn sie rechnen mit einem Gerichtsurteil nicht vor November 2024 und allenfalls mit einem Weiterzug an das Bundesgericht. Conrad Jauslin, Präsident des NQV, wollte sich diesbezüglich noch nicht festlegen.
Planungs-Monstrum
Auf dem Bruderholz findet sich trotzdem kaum jemand, der das vom Bund genehmigte Projekt gut findet. Dass die Schienen und das Gleisbett total erneuert werden müssen, ist ein technisches Faktum. Was zum Krach führte, ist die Anwendung des (eidgenössischen) Behindertengleichstellungs-Gesetzes (BeHiG), das sich in Basel zum planungs-bürokratischen Monstrum entwickelt hat. Bei Strassen- und Gleisarbeiten müssen die Haltekanten auf eine Höhe von 27 Zentimetern gebaut werden, damit Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer ohne Zwischenraum und Höhenunterschiede einsteigen können.
"Dorfplatz" ignoriert
Empörung hat vor allem ausgelöst, dass die traditionelle Endstation Bruderholz um 70 Meter verschoben und deshalb die Haltestelle Airolostrasse aufgehoben wird. Zwischen der neuen Haltestelle Bruderholz und der nächsten Station Studio Basel (das Radiostudio gibt es dort nicht mehr) würden dann 380 Meter liegen. Die Behörden erachten dies als zumutbar. Doch die jetzige Haltestelle Airolostrasse liege an einem Ort, der für die Fussgänger aus den oberen Teilquartieren ideal sei, meinen viele Quartierbewohner.
Soll verschoben werden: Haltestelle Bruderholz.
Vor allem argumentieren sie damit, dass die Endstation jetzt genau dort liegt, wo sich so etwas wie ein Dorfzentrum mit den im Quartier verbliebenen Geschäften befindet. Mit der Verschiebung werde dieser Zusammenhang ignoriert. Ein Bruderhölzler hat sogar einen Plan gezeichnet, wie sich das Probleme lösen liesse, aber die Planer sind nicht darauf eingestiegen.
Ginge es nicht einfacher?
NQV-Präsident Conrad Jauslin, selber Bauingenieur, fragt sich, ob es denn überall voll ausgebaute 27-Zentimeter-Haltestellen braucht. Ob man nicht auch mit der sogenannten Kissenlösung operieren könne, bei der die Stelle der Haltekante vor der betreffenden Tramtüre erhöht wird. Die Behörden, insbesondere das BAV, lehnen dies ab. Er verweist dagegen auf die Haltestelle Jakobsberg (bei der Rudolf-Steiner-Schule), die mit ihrer halbkreisförmigen Gestalt nie behindertengerecht umgebaut werden kann, allenfalls mit den erwähnten Kissen.
Referendum verpasst?
Die Behörden stellen sich jedoch auf den Standpunkt, dass gegen den Entscheid des Grossen Rates 2018 das Referendum hätte ergriffen werden können. Aufgrund der zuvor mit 1500 Unterschriften eingereichten Petition wäre dies problemlos möglich gewesen. Da aber im Kantonsparlament die Vorlage mit 59 zu 23 durchging, waren die Erfolgschancen eines Referendums aus Sicht des NQV nicht gegeben. Die Vorlage wurde zudem vorher in der Verkehrskommission ohne Gegenstimmen bei einer Enthaltung gutgeheissen.
Grenzen der Partizipation
Hätte der Knatsch vermieden werden können? Es gibt immerhin den Artikel 55 der Kantonsverfassung. Dieser lautet: "Der Staat bezieht die Quartierbevölkerung in seine Meinungs- und Willensbildung ein, sofern ihre Belange besonders betroffen sind." Mittlerweile wurde diese viel diskutierte Mitwirkung in Partizipation umgetauft und ein Partizipationsgesetz erlassen, das aber noch nicht in Kraft ist. Aber auch in diesem heisst es: "Es besteht kein Anspruch auf Berücksichtigung eines Anliegens." 6. März 2024
Eine Tramlinie nicht wie alle andern
Die Tramlinie über das Bruderholz ist ein Unikum. Sie wurde ab 1915 nur gebaut, weil die Landeigentümer des zukünftigen Quartiers neunzig Prozent der Kosten übernahmen, wie es im Buch von Stephan Appenzeller "Basel und sein Tram. Die Geschichte der BVB" heisst. Vom Tram über den Berg erhofften sich die Promotoren einen Entwicklungsschub und damit auch Immobiliengewinne. 1930 stand die Haltestelle Airolostrasse allerdings noch in weitgehend unbebautem Land, wie eine historische Fotografie belegt. "Diese seltsamen 'Endstationen' ..." Für mich ein seltsames "Problem": Unmittelbar nach der jetzigen Station kommt doch eine gerade Strecke. Peter Waldner, Basel "Endlich pragmatisch vorgehen" Ein sehr hilfreicher Beitrag, danke. Das Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) sollte, anstatt jedes Tramprojekt mit Überbürokratie an die Wand zu fahren und anstatt das Tram gegen Velo und Auto auszuspielen, endlich pragmatisch vorgehen: den anständig frequentierten Tramhalt Airolostrasse belassen und die Endhaltestelle – in der jetzigen Lage – BeHiG-gerecht anpassen. Das ist mit der heutigen Geometrie – nur minimale Abweichung von der Geraden – durchaus möglich, wie unter anderem der 6er-Tramhalt Lindenplatz belegt. Beat Leuthardt, Basel |
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