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"Es gibt zwei Optionen": Neuer BZM-CEO Roland Steffen
Der "Gold-Junge" soll's bei der "Basler Zeitung" richten
Roland Steffen sorgt bei der BaZ seit sechs Jahren für Einnahmen – und jetzt ist er als CEO der Kapitän
Von Markus Knöpfli und Peter Knechtli
Der klassische Verkäufer-Typ Roland Steffen ist seit wenigen Tagen neuer Konzernchef der "Basler Zeitung Medien" (BZM). Dem 50-jährigen Luzerner und bisherigen Verkaufsleiter verdankt das Basler Medienhaus viel – unter anderem die Abnabelung von der PubliGroupe. Doch jetzt muss er für das Druck- und Verlagsunternehmen von Tito Tettamanti und Martin Wagner Rendite bolzen.
Das Unternehmen der "Basler Zeitung" operativ zu führen, ist derzeit bestenfalls eine Herausforderung, aber sicher kein Honiglecken: Einen Verlust von 20 Millionen Franken fuhr das letzte Geschäftsjahr ein. BZM-Präsident Martin Wagner, seit Februar dieses Jahres zusammen mit dem Financier Tito Tettamanti Besitzer des Medienhauses, ist aber überzeugt davon, die BZM schon kommendes Jahr in die Gewinnzone führen zu können.
Mit dieser Aufgabe betraute der Verwaltungsrat am Donnerstag voriger Woche Roland Steffen. Noch hat der "Gold-Junge" (wie er in der Branche auch etwa genannt wird) sein CEO-Büro nicht bezogen. In seinem Verlags-Office mit bestem Überblick über das Grossraum-Büro seiner Verkaufs-Crew arbeitet er am Stehpult. Sein unverkennbarer Innerschweizer Dialekt verrät seine Herkunft aus Emmenbrücke, oder "Emmenbronx", wie er scherzhaft anfügt.
"Break-even kann nicht genügen"
Wenn es allerdings um das kommerzielle Geschäft geht, ist Roland Steffen nicht ums Spassen. Die Vorgabe: Bis Ende Jahr muss eine "schwarze Null" die Buchhaltung schmücken. "Doch ein Break-even kann nicht genügen", übernimmt Steffen die Vorgabe des Verwaltungsrates. Schon kommendes Geschäftsjahr, das neu am 1. Januar und nicht in der Jahresmitte beginnt, will er eine "vernünftige Umsatzrendite" erzielen, die zwischen drei und zehn Prozent liegen soll – vermutlich eher bei drei als bei zehn.
So hart, wie er das Geschäft betreibt, ist er auch mit sich selbst. "Es gibt zwei Optionen", sagte er schnörkellos zu OnlineReports: "Wenn ich die Zielvorgaben erreiche, werde ich noch lange da sein. Wenn nicht, dann gelten die üblichen Spielregeln." Gehen, heisst das im Klartext.
Wagners Lob für Steffen
Für BaZ-Präsident Martin Wagner ist Steffen der Mann der Stunde. "Er hat das kommerzielle Geschäft im Griff." Als Regisseur der Abkoppelung des Inserategeschäfts von der Pächterin PubliGroupe und dem "erfolgreichen Aufbau einer Eigenregie" habe Steffen in der Neupositionierung der Schweizer Zeitungsverlage "Pionierarbeit geleistet", lobt Wagner seinen neuen CEO, der nach nur gut acht Monaten Jürgen Hunscheidt ablöst, der wieder zu seiner Funktion als Finanzchef zurückkehrt.
Bevor Roland Steffen vor rund sechs Jahren zur BZM kam, war er beim Inseratevermittler PubliGroupe tätig, zuletzt als Leiter der Publicitas-Filiale Aarau. Doch Ende 2005 kam es dort zum Bruch. Er kehrte seinem Arbeitgeber enttäuscht den Rücken, da er – anders als ihm zunächst in Aussicht gestellt – die Filiale in Basel nicht übernehmen durfte. Als er dann mit dem früheren BZM-Konzernchef Beat Meyer in Kontakt kam, erkannte dieser Steffens Potenzial und holte ihn ins Unternehmen. Ein lautes Krachen im BZM-Gebälk war allerdings die Folge, denn Steffen wurde dem langjährigen BaZ-Verlagsleiter Daniel Sommer direkt vor die Nase gesetzt, worauf letzterer den Hut nahm.
Rund 30 Millionen für die BZM
Steffens Stellen-Antritt bei der im BaZ-Medienhaus war auch Auslöser für das Zerwürfnis zwischen der BZM und deren früherer Minderheitsaktionärin PubliGroupe (37 Prozent), denn mit ihm wechselte eine ganze Reihe weiterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Publicitas Aarau ebenfalls ins BZM-Hauptgebäude an der Hochbergerstrasse. Was der PubliGroupe aber noch mehr weh tat: Steffen nahm mehrere grosse Werbekunden (darunter "Otto's Warenposten") mit, die sich aufgrund eines persönlichen Vertrauensverhältnisses ausschliesslich von ihm und seinem Team betreuen lassen wollten.
So kam es, dass Steffen bei der BZM nicht nur als Verlagsleiter für die "Basler Zeitung" und die Gratiszeitung "Baslerstab" zuständig wurde, sondern auch seine bisherige Tätigkeit – Vermittlung von Werbung auch an BZM-unabhängige Medien sowie Mediaplanung für Kunden – unter dem Dach der BZM weiter führte und heute noch führt. Das Firmengefäss für diese Tätigkeit ist die "Key Media AG", eine 100-prozentige BZM-Tochter. "Mit der Key Media haben wir für Herrn Steffens Kundschaft ein juristisches Gefäss geschaffen", erklärte der frühere BZM-Verleger Matthias Hagemann einst.
Steffen machte Dampf: Schon in ihrem ersten vollen Geschäftsjahr (2005/06) generierte Key Media Einnahmen von 13,5 Millionen Franken und warf auch Gewinn ab. Im Geschäftsjahr 2008/09 brachte sie es dann auf rund 30 Millionen Franken Umsatz.
Architekt der BaZ-Eigenvermarktung
Als 2007 die Beziehung zur PubliGroupe vollends zerbrach und die BZM den eben erneuerten Pachtvertrag mit der Publicitas nach nur einem Jahr wieder aufkündigte, nahm Roland Steffen tatkräftig den Aufbau der BZM-Eigenvermarktung an die Hand. Auch das ging nicht ohne Nebengeräusche ab, denn die PubliGroupe tat sich schwer mit dem Verlust ihrer wichtigsten Einnahmequelle in der zweitwichtigsten Wirtschaftsregion der Schweiz.
Schliesslich aber war es soweit: 2008 startete die BZM in die Eigenregie – und auch ins grosse Krisenjahr. Doch obwohl die BaZ-Herausgeberin ihre beiden letzten Geschäftsjahre tiefrot abschloss, war Steffens Eigenregie-Projekt ein Erfolg. Dies jedenfalls gemäss dem damaligen Verleger Hagemann, der im Juni 2009 bilanzierte: "Die Eigenregie hat sich mit 100-prozentiger Sicherheit gelohnt, vor allem wegen unserer intensiven Marktbearbeitung. Wenn Sie die BaZ heute durchblättern, sehen Sie sowohl lokale als auch nationale Kunden, die wir früher nie hatten. Ohne Eigenregie wäre unser Resultat somit bedeutend schlechter ausgefallen."
Damit sprach der alt-Verleger seinem Verlagsleiter einen ersten öffentlichen Dank aus, der nun mit Steffens Ernennung zum CEO auch vom neuen BZM-Verwaltungsrat klar bestätigt wird.
Neuer Kapitän, aber welches Ziel?
Doch auch mit Roland Steffen als Chef der nur noch vierköpfigen Unternehmensleitung bleibt unklar, wohin das Unternehmen künftig steuert und welche neuen Ertragsquellen ihm eröffnet werden sollen und können. Solche sind dringend nötig. Denn "Key Media" bringt der BZM zwar viel, aber nicht die Lösung fürs Mediengeschäft.
Die BZM hat sich denn auch in den letzten zwei Jahren auf den Druckbereich, die BaZ und den "Baslerstab" beschränkt und die meisten andern Medien-Engagements abgestossen: Das ehemalige "Radio Basel 1" (heute Christian Heebs "Radio Basel"), das jüdische Magazin "Tachles" sowie die meisten Lokalzeitungen (Ausnahme: "Vogel Gryff").
Und auch Steffen weiss: Seine Eigenvermarktung hat bisher bestenfalls den Umsatzrückgang gebremst, eine echte Trendumkehr bei den BaZ-Inserateeinnahmen ist jedoch noch nicht auszumachen. Im Gegenteil: Das Flaggschiff verliert seit dem Krisenjahr 2008 konstant Inserate und lag auch in den ersten neun Monaten 2010 zwei Prozent unter Vorjahr. Kommt dazu, dass die "Basler Zeitung" stetig an Rückhalt verliert. Gemäss Wemf-Auflagenstatistik 2010 ging die Zahl der vollbezahlten Abonnemente weiter zurück. Bisher konnte die BaZ bloss bei den billig abgegebenen Probeabonnements zulegen.
"Erst der gute Journalismus, dann ..."
Verleger Wagner, der sich soeben aus der Unternehmensleitung zurückgezogen hat, bleibt ungebrochen optimistisch. Mit der Wahl des neuen Chefredaktors Markus Somm "werde ich für guten Journalismus kämpfen". Jetzt gehe es darum, auch die "kommerziellen Aspekte" umzusetzen und sich "auf der Medienlandkarte möglichst erfolgreich zu bewegen".
Ein zentrales Gebiet dieser Landkarte liegt im Online-Bereich. Will die "Basler Zeitung" hier wachsen, wird sie investieren müssen – und dazu ist Rendite erforderlich. Denn der neue Chef Steffen will die von seiner Redaktion produzierten Inhalte kostenpflichtig machen und auf die digitalen Distributionskanäle - vom Internet über die sogenannten neuen "sozialen Netzwerke" wie "Facebook" bis zu Smart phones und iPads – zwingen. Noch vorsichtig spricht Steffen von "eigenen Lösungen, und die kosten". Daraus kann eine allmählicher Austritt aus dem von Tamedia ("Tages-Anzeiger") geführten NewsNetz im Onlinegeschäft interpretiert werden.
BaZ online will bezahlte Inhalte
So weit ist es jedoch noch nicht, weil es "die schlauen Bezahl-Inhalte noch nicht gibt". Aber Steffen will daran arbeiten und zu den Ersten in der Schweiz gehören, die die Online-Zahlungspflicht für selbstgenerierte journalistische Inhalte einführen, statt diese weiterhin zu "verschenken".
Doch seinem Einsatz für den Turnaround der "Basler Zeitung Medien" dürfe das Familienleben nicht zum Opfer fallen. Roland Steffen, der schon zwei erwachsene Kinder hat, ist, in zweiter Ehe verheiratet, vor 17 Monaten nochmals Vater eines Sohnes geworden.
3. November 2010
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