Monica Gschwinds Bärendienst an der Uni
Einstellungs-Stopp! Vor rund zehn Tagen bestätigte die Rektorin der Universität Basel, Andrea Schenker-Wicki, dass ab sofort keine neuen Professorinnen oder Professoren mehr angestellt werden, weil die finanzielle Unsicherheit für die Universität durch die Sparübungen in Baselland zu gross geworden ist. Die Folgen dieses Entscheids sind enorm, denn wenn keine fixen Professuren mehr geschaffen werden, besetzt die Universität die vakanten Stellen mit kurzzeitigen Stellvertretern.
Wie sich Schulklassen fühlen, die von dauernd wechselnden Stellvertretern unterrichtet werden, wissen wir. Wie Firmen aussehen, deren Manager ständig wechseln, auch. Auf dieses Betriebsniveau soll nun auch die Universität Basel reduziert werden.
An Universitäten können Assistenten und Gastdozentinnen den Lehrbetrieb zwar aufrecht erhalten, Proseminare unterrichten und Vorlesungen halten, aber die Qualität von Lehre und Forschung – das kann sich jeder ausrechnen – leidet darunter massiv.
Spannende Drittmittel-Projekte zu akquirieren wird extrem schwierig, und Exkursionen, Feldforschung oder die Zusammenarbeit mit anderen Fächern sind kaum zu organisieren, wenn einem Fachbereich langfristig die Leitung fehlt. Darum käme auch kein Konzern auf die Idee, ihre Führung jährlich oder sogar einmal pro Semester auszutauschen.
Selbst wenn alle Mitarbeitenden den nötigen Willen und die erforderlichen Kompetenzen mit sich brächten: Wer keine Möglichkeit hat, langfristig zu planen – und genau so ergeht es Fächern ohne Professorinnen – kann weder herausragende Forschung betreiben noch zufriedenstellende Lehre anbieten.
"Einsparungen an öffentlichen Unis führen
zu privat finanzierten Elite-Universitäten."
Sich über die mangelnde Zahlungsbereitschaft der Baselbieter Regierung und die gravierenden Folgen zu beklagen ist kein Elite-Diskurs. Eine gute Universität Basel ist keine abgehobene Forderung. Basel ist nicht Harvard oder Oxford, beides Bildungsinstitutionen, an denen sich die Kinder von Superreichen und Polit-Dynastien treffen, deren Handeln eine Mehrheit befremdet und die – zweifellos zu Recht – als Mitschuldige für Trump, Brexit oder die AfD gelten.
Das Bewundernswerte am schweizerischen Bildungssystem ist vielmehr, dass sich an unseren Hochschulen nicht nur kleine, elitäre Kreise treffen. Wer eine Matura hat, ist zu allen Fächern zugelassen, Wege zu dieser Matura gibt es verschiedene. An der Universität Basel werden deshalb – anders als in den USA, in England oder auch in Deutschland – in erster Linie Studierende aus der Region ausgebildet, die später zum Beispiel Lehrerinnen werden, auch in Sissach, Liestal, Aesch und Laufen.
Gleichzeitig gelingt es dieser Universität bisher ganz hervorragend, entgegen anderen, falschen Behauptungen in der "Basler Zeitung", international anerkannte Forschung zu betreiben. Gute Forschung und guter Unterricht sind untrennbar miteinander verknüpft – und äusserst fragil. Es braucht Jahrzehnte, bis der Ruf eines Fachs etabliert ist und die Universität herausragende Forscherinnen anziehen kann.
Einschnitte wie der jüngste Einstellungsstopp können diese Aufbauarbeit sehr schnell unterwandern, Jahrzehnte investiertes Geld geht flöten. Das Problem ist aber noch gravierender: Wie wir aus den USA wissen, ist die Folge von Einsparungen an öffentlichen Universitäten, dass sich privat finanzierte Elite-Universitäten bilden, in denen sich die Töchter und vor allem Söhne aus reichen Elternhäusern von der Öffentlichkeit abkapseln. Sparübungen an öffentlichen Universitäten sind deshalb kein Angriff auf die "abgehobenen Akademiker im Elfenbeinturm", sondern im Gegenteil, reine Elitenförderung.
Insbesondere die FDP, die sich in jüngerer Zeit im Landkanton dauernd dem antiakademischen Diskurs der SVP anschliesst, hat über die Folgen ihrer Sparpolitik viel zu wenig nachgedacht. Die Speerspitze dieser Bewegung, Bildungsdirektorin Monica Gschwind, leistet mit ihrer Politik nicht nur dem Universitäts-Standort Basel, sondern auch der ganzen Region einen Bärendienst.
21. November 2016
"Mit Herzblut gekämpft"
Die FDP-Gründungs- und Ehrenmitglieder des "Fördervereins Universität Basel" Werner Schneider (Gemeindepräsident Binningen) und Hans Hafen (Rektor Gymnasium Münchenstein) haben mit Herzblut für eine vom Kanton Basel-Landschaft gemeinsam mit BS getragene Universität gekämpft. Sie sollte die Absolventen der BL-Gymnasien Laufen, Liestal, Münchenstein, Muttenz und Oberwil in die Forschung, Bildung, Industrie, Kirche, Wirtschaft u.a.m. einführen und der Bevölkerung der Nordwestschweiz dienen. Landrätinnen und Landräte aus allen Parteien und die beiden SP-Bildungsdirektoren Peter Schmid und Urs Wüthrich waren starke, überzeugte Vertreter der Volluniversität, die allen Kreisen des Baselbiets und des Stadtkantons zugutekommen soll. Der glänzenden Analyse der Kolumnistin kann ich zu 100 Prozent zustimmen.
Werner Strüby, Reinach BL, e Erziehungsrat BL
"Wichtig und ausgezeichnet"
Wichtig und ausgezeichnet, Frau Bühlers "Bärendienst"-Artikel!
Christine Landolt, Rodersdorf