© Foto by Peter Knechtli, OnlineReports.ch
"So wie die Zürcher": SVP-Herausforderer de Courten
Baselbieter SVP: Mit Polonaise in den heissen Wahlkampf
Fraktions-Chef Dominik Straumann hält auch mehr als 30 Landrats-Sitze für möglich
Von Peter Knechtli
Mit scharfen Attacken gegen Rot-Grün und gegen den "ineffizienten Staat" eröffnete die Baselbieter SVP heute Donnerstagabend in Aesch den kantonalen Wahlkampf. Hauptredner war Regierungskandidat Thomas de Courten, Anheizer der Berner Nationalrat Adrian Amstutz. Kernaussage: Über 30 SVP-Landratssitze seien möglich.
Die Veranstaltung in der mit Baselbieter Gemeindewappen geschmückten Mehrzweckhalle Löhrenacker war aufwändig inszeniert und mit Verpflegung, Show-Einlagen und den musikalisch lupfigen "Schloss Buam" auf Volksfest-Stimmung ausgelegt. Unter Absingen des Baselbieterlieds begrüsste SVP-Fraktionspräsident Dominik Straumann seine Parteifreunde mit der Feststellung, dass die SVP 89 von 90 Listenplätzen schon besetzt habe.
BL-Wahlen Test für nationale Wahlen
Als Anheizer rief der Berner Nationalrat Adrian Amstutz die "Froue u und Manne" dazu auf, zusammenzustehen. Die Selbstbestimmungs-Initiative sei ein gutes Beispiel, dies zu beweisen. Auch mahnte er, die Baselbieter Wahlen vom kommenden Frühling seien wichtig im Hinblick auf die nationalen Wahlen ein halbes Jahr danach, im Herbst 2019, in denen sich die Partei auch behaupten muss.
Amstutz sprach von "Dutzenden von Beispielen" in der Schweiz für eine positive Entwicklung, für die die SVP verantwortlich sei. Beispiel: "Ich möchte mir nicht vorstellen, wie das Asylwesen aussähe, wenn es die SVP nicht gäbe." Die Devise müsse "Widerstand statt Anpassung" lauten – so wie weiland Wilhelm Tell sich weigerte, Gesslers Hut zu grüssen. Mit einem "kalten Staatsstreich" hätten drei von fünf Bundesrichtern entschieden, das Völkerrecht über das eidgenössischem Recht zu stellen. Der Frutiger Bauunternehmer traut "heute einer Elite alles zu", dies im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit der negativen Umfrage-Ergebnisse zum Ausgang der Selbstbestimmungs-Initiative.
Kämpfer: "Ich fühlte mich etwas einsam"
Kantonalpräsident Oskar Kämpfer schwörte die SVP-Basis darauf ein, "dass jetzt der Wahlkampf-Modus eingeschaltet werden muss". "Wir sind schon spät dran" mahnte er, und "wer jetzt noch etwas bewegen will, sollte es jetzt anpacken". Wenn der Kanton in den schwarzen Zahlen bleiben wolle, sei es nötig, "dass wir noch mehr SVP im Landrat haben". Während die Linke zur Schwarzarbeitskontrolle seit Monaten "einen Frontalangriff auf das Gewerbe" führe, lasse ihn "etwas einsam fühlen", dass es dagegen keinen Aufschrei gegeben habe.
Kämpfer rief die Basis auf, "in den nächsten Wochen Gas zu geben, insbesondere in den jeweiligen Wahlkreisen". Auf der Regierungs-Wahlliste sollten die vier bürgerlichen Bewerber aufgeführt und die letzte Linie leer gelassen werden. Die Kandidatin aus dem linken Lager – er nannte die für den zweiten SVP-Kandidaten gefährliche Kathrin Schweizer nicht namentlich – habe "keinen brillanten Leistungsausweis" vorzuweisen. Anders SVP-Nationalrat Thomas de Courten (Bild), "ein gestandenes Mannsbild", das in Bern für die regionale Infrastruktur-Anliegen kämpfe.
De Courten will schweizerisch Massstäbe setzen
Der Angesprochene sprach eine knappe Viertelstunde zum Parteivolk. Er will "etwas erreichen im Kanton". Dazu habe die bisherige bürgerliche Regierung die Voraussetzung geschaffen. Das Baselbiet – so de Courten – soll schweizerische Massstäbe setzen bezüglich Wohnkanton, Wirtschaftsstandort und Innovation. Der Kanton mit seinem erheblichen Potenzial soll Ausbau ermöglichen, beispielsweise im Bereich der Hochleistungsstrassen, auf der Schiene, im Rheinhafen, oder durch den Bahnanschluss zum EuroAirport.
Potenzial sieht der Kandidat auch im Bereich der staatlichen Verwaltung. Überdies forderte de Courten, die Verwaltung müsse effizienter werden. Es sei falsch, gruppenweise Staatsangestellte an einen Augenschein zu delegieren: "Da gehört ein Projektmanager hin." Die ineffiziente Denkweise in der Verwaltung müsse geändert werden.
"So wie die Zürcher"
De Courten sieht sich als guten Verbindungs-Mann zu Bundes-Bern, wo die Gelder verteilt werden. "Dort müssen wir nicht antreten mit Plänen, die nur halb fertig sind", sagte er mit Bezug auf das Basler "Herzstück". Das Baselbiet brauche "Selbstbewusstsein" und müsse auftreten "so wie die Zürcher, und ein bisschen eine grosse Schnoore halten".
Die "liebe SP", so de Courten väterlich, wolle auch den öffentlichen Verkehr ausbauen – aber eben nur einseitig. "Wir sind auch für den ÖV, wollen aber auch den Individualverkehr ausbauen." Die SP habe in den letzten Wochen die Notwendigkeit des gemeinnützigen Wohnungsbaus hervorgehoben, der "zulasten der Wirtschaft" gehe. Er frage sich, ob sich dadurch die Bevölkerung "so entwickelt, wie wir das wollen": "Wir wollen keine Plattenbauten."
Linke Interessenvertreter
Die Prämienverbilligungs-Initiative, über die am 25. November abgestimmt wird, sei "nicht sozial". Ausserdem: Mehr Lohn, bessere Altersvorsorge und kürzere Arbeitszeit für die Staatsangestellten sei "nicht das, was sie wollen". Den von Links-Grün kritisierten bürgerlichen Interessenfilz konterte de Courten mit zahlreichen Beispielen, in denen sich die Gewerkschafter Andreas Giger und Daniel Münger von der SP ebenso als Interessenvertreter betätigt hätten.
Die SP wolle auch die Partnerschaft der beiden Basel stärken. Das sei indes nicht mehr nötig: Heute sei er nach vier Jahren bürgerlicher Regierung "zufrieden" mit dem Zustand der Partnerschaft. Die Probleme mit der Universität, den Theatersubvention und den Kulturinstitutionen seien gelöst. "Lämpen" habe es zuvor gegeben, "als ein SP-Regierungsrat für die Bildung zuständig war". Gemeint war Urs Wüthrich. Zusammengefasst meinte der SVP-Bewerber: "Ich könnte mich mit meinen politischen Erfahrung und mit meinem Herzblut für den Kanton einsetzen."
Monica Gschwinds "Heimatgefühl"
CVP-Finanzdirektor Anton Lauber war "wegen anderweitigen Verpflichtungen" an der SVP-Versammlung nicht anwesend. So war es FDP-Regierungsrätin Monica Gschwind, die auf die Absicht der Bürgerlichen verwies, "für Wohlstand und Heimatgefühl" einzutreten – Balsam für die Herzen der SVP-Basis. Der Kanton soll deshalb "auf der richtigen Spur gehalten" werden. Die bürgerliche Exekutive
sei es, "die schwarze Zahlen erreicht statt rote Illusionen zu finanzieren." Deshalb mache das bürgerliche Vierer-Team Sinn.
Der amtierende SVP-Wirtschaftsdirektor Thomas Weber, seit fünfeinhalb Jahren Mitgleid der Kantonsregierung, verwies ebenfalls auf die schwarzen Zahlen, die der bürgerlichen Regierung zu verdanken seien. Ausserdem warb er für ein Ja zur regionalen Gesundheitspolitik am 10. Februar. Laut Weber muss sich "auch die Wirtschaft weiter entwickeln können, denn jeder Franken, den der Staat ausgibt, muss zuerst durch die Wirtschaft erarbeitet werden". Um seine Ziele zu erreichen, sei er auf eine "klare Mehrheit in Regierung und Landrat angewiesen", sagte Weber zu den im Saal sitzenden Kandidierenden der Liste 3.
Straumann: "Über 30 Sitze möglich"
Fraktions-Chef Straumann rief die Kandidierenden auf, sich jetzt an die Arbeit zu machen und sich mit Leserbriefen, Standaktionen bekannt zu machen. Zum Austritt der SVP-Landräte Roman Klauser und Pascale Uccella gab sich Straumann optimistisch: "Diese Sitze haben wir vor dem Volk nicht verloren." Auch kommenden Frühling seien – wie bisher – "28 Sitze machbar, aber auch über 30 Sitze sind möglich". Das grosse Potenzial für die SVP seien "die 52 Prozent, die nicht an die Urne gehen".
Der Abend endete mit der Vorstellung der Landrats-Kandidierenden und einer fröhlichen Polonaise durch den Saal, in die sich auch Monica Gschwind vergnügt einreihte.
15. November 2018
Weiterführende Links: